Der König von Berlin (German Edition)
das Ihr letzter als Polizeipräsident gewesen sein.»
Breissing erwiderte nichts. Er musste nichts erwidern. Alle im Raum, vermutlich auch Frau Matthes und Frau Mierwald, kannten die DVD mit dem Vermächtnis des alten Machallik. Wenn sich seine Prophezeiungen weiter bewahrheiten sollten, würde es keine Ruhepause mehr geben, würden die Angriffe der Ratten zur endgültigen Katastrophe führen. Die Bundeskanzlerin wollte am Samstag den russischen Staatspräsidenten empfangen – Berlin konnte sich vor den Augen der Welt blamieren. Erwin Machallik hatte den Großangriff der Ratten für ebenjenen Samstag oder spätestens für Sonntag vorhergesagt. Exakt zum Staatsbesuch und zur Wahl also.
Bürgermeister Koppelberg kannte all diese Fakten und Daten. Er kannte das Risiko, und doch hatte er offenkundig beschlossen zu zocken, alles auf eine Karte zu setzen: auf Toni Karhan und die Kammerjäger. Er würde auf ein Wunder hoffen, denn er wusste: Sobald ein Wunder die letzte Chance ist, wird es gleich viel wahrscheinlicher, dass auch eines eintritt.
Ganz Bürgermeister, fasste Koppelberg die Lage für alle Anwesenden noch mal zusammen: «Also, von nun an gilt das Rattenproblem als gelöst. Dies wird ab jetzt unsere offizielle Sprachregelung gegenüber der Presse sein. Die kommenden Angriffe der Ratten bezeichnen wir als letzte, bedeutungslose Gefechte. Das Land Berlin, die Firma Machallik und speziell Toni Karhan haben die Situation unter Kontrolle. Nach außen gibt es nur noch eine Meinung: Wir haben Erfolg gehabt! Erfolg!!» Seine Stimme wurde deutlich leiser, aber auch nachdrücklicher: «Sollte es über diese Vereinbarung Indiskretionen geben», Koppelberg blickte zum Polizeipräsidenten, «wird das für denjenigen, der dafür verantwortlich ist, Folgen haben.»
Breissing verschränkte die Arme. «Mal angenommen, das würde geklappt haben und Sie werden damit gegen alle Wahrscheinlichkeit und Vernunft durch die Wahl gekommen sein – was werden Sie dann nach der Wahl machen?»
Lächelnd übernahm Frau Dr. Mierwald für den Bürgermeister. «Nun, vielleicht wird Herr Karhan das Problem ja tatsächlich lösen. Das wäre natürlich die angenehmste Lösung. Sonst wird uns, wenn die Wahl vorbei ist, sicher etwas anderes einfallen. Zusammen mit der Firma Machallik. Und sollten wir die Wahl verlieren, dann fliegt eben der Amtsnachfolgerin von Herrn Koppelberg alles um die Ohren. Das wäre ja nun auch nicht so schlimm.»
Koppelberg lachte. «Genau. Wichtig für Sie, Herr Breissing, ist: Wenn Sie sich loyal verhalten, dann werden Sie, egal, wer die Wahl gewinnt, noch lange Zeit Polizeipräsident sein können. Wenn Sie sich jedoch illoyal verhalten, werden Sie, ganz gleich, wer Bürgermeister ist, nicht mehr viel Freude haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.»
Breissing schwieg, drehte sich um und verließ den Raum. Er war lange genug in der Stadt, um zu wissen, was gemeint war.
B randenburg hatte etwas Beruhigendes, und Lanner tat es gut, mal aus der Stadt rauszukommen. Obwohl der Kauf dieses Kaffeeautomaten zusammen mit der Markowitz richtig nett gewesen war. Vielleicht wäre es sogar noch ein längerer Abend geworden, aber dann kursierten schon die ersten Zeitungsausgaben vom nächsten Tag, und fast überall waren sein Foto und der Streifenwagen auf der ersten Seite zu sehen. Spätestens, als der Kellner im Lokal in der Bergmannstraße fragte: «Und, einen guten Parkplatz gefunden? Oder ist die Dame gefahren?», war er nach kurzer Diskussion mit Markowitz zu dem Schluss gekommen, dass es nicht das Schlechteste wäre, mal die Stadt zu verlassen.
Er hatte den Wagen wohl tatsächlich an einem absoluten Fußgängerengpass geparkt. War ihm gar nicht aufgefallen in der Eile, und als es dann noch in der Einfahrt ein paar Meter weiter zu einem Notarzteinsatz kam, muss mehr oder weniger alles blockiert gewesen sein. Als die Fußgänger auf die wegen einer Dauerbaustelle sehr schmale Straße auswichen, brach dann Chaos aus. Ein falsch, ja rücksichtslos geparkter Streifenwagen, der den gesamten Innenstadtverkehr lahmlegt, war natürlich ein gefundenes Fressen für die Boulevardzeitungen. Das musste man verstehen. Woher aber wussten die so schnell, wer der Fahrer gewesen war? Und wie sind sie an das Passfoto von ihm gekommen?
Letztlich war es Lanner egal, welcher seiner lustigen Kollegen ihm das eingebrockt hatte. Wenn er in dieser bekloppten Stadt schon was gelernt hatte, dann, dass sie Peinlichkeiten einigermaßen schnell
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