Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
Vom Netzwerk:
ist …»
    «Heute soll Toni Karhan als der neue Sonderbeauftragte für die Rattenbekämpfung vorgestellt werden.» Claire Matthes hatte das Wort ergriffen. Eigentlich wollte sie nur die beiden großen Platten mit den in Schmetterlingsform angeordneten Schnittchen hereinbringen, aber nun hielt sie es für angebracht, ihren junggebliebenen Chefs ein wenig zu assistieren.
    «Genau», sagte Max, «für 12 Uhr ist eine große Pressekonferenz anberaumt. Darüber sind Sie doch informiert.»
    Koppelberg schaute zu seinem Innensenator, ein Nicken signalisierte ihm, dass auch er, der Bürgermeister, von diesem Termin wusste. «Natürlich weiß ich davon, aber was hilft uns das?»
    «Das ist hervorragend.» Jessica Mierwald strahlte, als habe sie soeben für Koppelberg die Wahl gewonnen. «Wir verkaufen das Ganze als den großen und entscheidenden Durchbruch: Das Rattenproblem ist praktisch gelöst.»
    «Das ist doch Blödsinn!» Jetzt wagte sogar Helmut Machallik einen Wortbeitrag. «Es ist überhaupt nichts gelöst. Was wir brauchen, ist mehr Gift und mehr Leute.»
    «Eben nicht!» Dr. Mierwald lächelte Helmut Machallik auf solch gewinnende Weise an, dass dieser sofort das eben Gesagte vergaß und der jungen Frau, noch bevor sie fortfahren konnte, mit einem erfreuten Blick recht gab. «Meinetwegen können wir das mit den Leuten und dem Gift zusätzlich machen. Doch vor allem müssen wir jetzt endlich klarstellen, dass unsere bisherigen Bemühungen erfolgreich waren. Ich schlage folgende Sprachregelung vor: Der gestrige Überfall der Ratten war zwar unangenehm, aber notwendig, denn dadurch haben wir sie aus der Reserve gelockt und verfügen nun über alle nötigen Informationen, um die Plage zu beenden. Zudem übernimmt mit diesem Herrn Karhan ein ausgewiesener Spezialist die strategische Leitung.»
    Max Machallik staunte. «Sie kennen Karhan doch gar nicht.»
    «Das ist egal. Niemand kennt ihn. Also kann er alles sein, was wir behaupten, was er ist. Vielleicht sollten wir ihm aber auch jemanden an die Seite stellen, der den Menschen schon ein klein wenig vertraut ist. Was ist mit dem Helden von gestern? Diesem Mann mit der gutsitzenden Hose? Der wäre doch perfekt. Das sind unsere guten Nachrichten. Wir müssen sie nur auf der Pressekonferenz entsprechend verkaufen – als Erfolge, die auf die seriöse Arbeit des Bürgermeisters und seines Innensenators zurückgehen.»
    Polizeipräsident Breissing wurde das zu abenteuerlich. «Was, bitte, ist das denn für ein Blödsinn? Wir wissen gar nichts, werden wohl auch in Bälde nichts gewusst haben, es gibt keinerlei Erfolg, und Karhan ist meiner Kenntnis nach ein stinknormaler Kammerjäger aus dem Betrieb hier.»
    Kaum jemand beherrschte das typische Berliner Futur in der konjunktivischen Vergangenheitsform noch so perfekt wie der Polizeipräsident. Eine althergebrachte Grammatikspezialität, deren Pflege aber nur noch wenige Berliner Worthasardeure betrieben. Auch dies ein Stück regionale Identität, das bald der erbarmungslosen Sprachgentrifizierung zum Opfer fallen würde.
    Koppelberg nahm ihn zur Seite. «Mein lieber Breissing, manchmal ist es das Beste für alle Beteiligten, wenn man die nackten Fakten ein klein wenig kleidet. Es täte allen Menschen in der Stadt gut, wenn es ein paar Tage lang so schiene, als hätten wir das Rattenproblem gelöst. Vielleicht nur mal so drei oder vier Tage lang.»
    «Sie meinen: Bis nach der Wahl werden alle gedacht haben, das Problem wäre gelöst.»
    «Ja, ich glaube, das meine ich.» Koppelberg fixierte Breissing ohne jede Gesichtsregung. «Es ist mir durchaus bewusst, Sie würden sehr viel lieber die Marsch auf meinem Stuhl sehen. Allein schon, weil Ihr Sohn Bernhard dann Chancen auf einen Senatorenposten hätte. Auch weiß ich, dass Sie von Erwin Machallik nie viel gehalten haben. Noch am Abend seines Todes sind Sie heftig mit ihm aneinandergeraten, und wäre Birte, Ihre, nebenbei bemerkt, deutlich attraktivere und charmantere bessere Hälfte, nicht dazwischengegangen, hätten Sie sich sogar mit ihm geprügelt. Nun übertragen Sie diese Abneigung auf seine Söhne. Das können Sie tun. Aber der Umstand, dass ausgerechnet ein Mitarbeiter dieser Firma gestern zufällig am Hackeschen Markt war und Schlimmeres verhindert hat, bringt die beiden wieder nach vorn. Da hat Frau Mierwald vollkommen recht, und mir könnte das auch helfen. Noch ist die Wahl nicht entschieden, mein lieber Breissing, und wenn Sie jetzt einen Fehler machen, könnte

Weitere Kostenlose Bücher