Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
Vom Netzwerk:
«Was das für eine Wirkung auf uns gehabt hat … Sie müssen wissen, den Leuten hier geht es nicht sehr gut. Arbeit haben wir keine, Perspektive gibt’s keine und Frauen praktisch auch nicht mehr. Die gehen alle weg, wer will’s ihnen verdenken? Dann nerven oft noch die Nazis in der Gegend. Die braucht man wie Fruchtfliegen. So richtig, richtig toll finden wir das alles nicht. Aber wo sollen wir hin? Egal, wir kommen schon klar. Irgendwie. Aber dann schmeißt der auf einmal so dermaßen viel Geld auf den Tisch!»
    Rico verstummte, und betreten schauten alle auf die leere Chipsschale.
    Markowitz bemühte sich um einen verständnisvollen Ton. «Sie haben sich einfach für einen Moment vergessen, ihn erschlagen und das Geld genommen?»
    Entsetzt starrten die Männer sie an. Mario brüllte fast: «Neenee, so nisch, meine Liebe, so hamm wa nisch gewettet! Wir haben überhaupt niemanden erschlagen! Niemanden!»
    Mike legte ihm die Hand auf die Schulter. «Ruhig, Mario, woher soll sie das denn wissen?» Er wandte sich zu Markowitz. «Wir haben ihn nur angeguckt. Ihn angeguckt, dann wieder das Geld, dann wieder ihn, mit ziemlich großen Augen wohl. Er muss Angst gekriegt haben. Wahrscheinlich haben wir echt gierig geguckt, das kann schon sein. Und ganz ehrlich, ich hab auch so was gedacht wie: Das will ich haben oder so. Das Geld, wenn das meins wäre! Was man halt so denkt. Aber wir haben nichts gemacht. Ich schwöre!»
    Mike legte eine Hand aufs Herz, die andere hob er zum lautlosen Schwur. Wie auf Befehl taten es ihm die anderen nach und nickten heftig. Dann sagte der dicke Jimi aufgeregt: «Wir haben einfach nur so dagesessen und geguckt. Er ist dann total hektisch geworden. Hat schnell das ganze Geld wieder in die Taschen gestopft und ist so komisch rückwärts zur Toilette.» Jimi sprang auf und bewegte sich zur Demonstration rückwärts durch den Raum in Richtung Toilette. «Wirklich, so ist der rückwärtsgelaufen, damit er uns die ganze Zeit im Blick hatte. Bis er durch die Klotür verschwunden ist. Wir haben immer noch nichts gesagt. Sind nur so sitzen geblieben und haben geschwiegen. Das war ja wie eine Erscheinung für uns.»
    Wieder entstand eine Pause, in der sich die Männer wohl noch einmal die Szenerie des Abends vergegenwärtigten. Diesmal war es Rico, der nach einer Weile den Faden wieder aufnahm. «Es vergingen sicherlich einige Minuten, bis wir einen Schlag aus der Toilette hörten. Wir dachten, das wäre das Fenster gewesen. Er hat Schiss bekommen und ist durchs Fenster abgehauen. Wer will’s ihm verdenken? Aber weil das ja recht klein und ziemlich hoch ist, hat er versehentlich den Rahmen gegen die Wand geschlagen, dachten wir. Ich weiß noch, wie Mike sagte, o Mann, hoffentlich hat der jetzt nicht auch noch das Fenster kaputt gemacht, und dann haben wir zum ersten und einzigen Mal über die ganze Geschichte gelacht.»
    Jimi, der mittlerweile mit dem Rücken an der Klotür angekommen war, rief quer durch den Raum: «Das war tatsächlich so. Der hat Schiss bekommen. Der hatte wirklich Angst vor uns, und vielleicht sogar zu Recht. Kann schon sein. Jedenfalls wollte er deshalb übers Klofenster ausbüxen.»
    Jimi kehrte langsam zum Tisch zurück, und Mike, der Wirt, präzisierte die Schilderung: «Er ist da aber wohl kopfüber raus, der Idiot. So was Dämliches. Er muss abgerutscht sein und hat sich dann beim Sturz das Genick gebrochen. Draußen vor dem Fenster ist ein Steinvorsprung, der hat nicht mal mehr geschrien, so schnell muss das gegangen sein.» Er schnaufte. «Also, bis wir das überhaupt begriffen hatten, was da passiert war, das hat auch noch mal ’ne ganze Zeit gedauert. Das war bestimmt ’ne halbe Stunde, vielleicht auch ’ne drei viertel, bis Mario auf die Idee gekommen ist, mal hinterm Haus nachzugucken.»
    «Ey, isch hätt fast gekotzt, als ick den jesehn hab. Hab ick ja noch nie jesehn, so ’ne Leiche, ey, dit war echt gruselig. Ey, ick schwöre, ick wollte sofort die Polizei rufen. Wir wollten alle sofort die Polizei rufen. Dit war nur, weil, wir waren so geschockt, so gelähmt, wir konnten ja jar nich sprechen vor Schock, geschweige denn telefonieren, nur allein desterwegen hamm wir nich sofort die Bullerei jerufen.» Er erschrak. «Also Polizei, wollt ick sagen, nich die Polizei verständicht.»
    Markowitz machte eine wegwerfende Handbewegung. «Und als sie wieder sprechen konnten?»
    «Als wir den Schock überwunden hatten, ist uns leider auch gleich das Geld wieder

Weitere Kostenlose Bücher