Der König von Havanna
Maceo-Park. Sie zogen ihren Degen raus und wichsten wie verrückt, während sie sich an dem frenetischen Treiben Unbekannter ergötzten. Das gefiel Magda. Aus den Augenwinkeln sah sie all die sich aufbäumenden Schwänze um sich herum. Schon immer, von Kindheit an, war sie völlig versessen gewesen. Versessen auf Männer, die sich einen runterholten, auf diese manchmal Zaudernden und bei anderen Gelegenheiten Erschrockenen, Heimlichen, Abgerückten, die ihr Teil immer in Bewegung hielten.
Keinen Moment ließ sie die Hand voll Erdnusstütchen fallen. Wie immer kamen sie mehrmals hintereinander. Am Ende war sie schon halb eingeschlafen und ermattet, aber sie rief immer noch unablässig weiter aus: »Erdnüsse, schöne Erdnüsse für die Kinderchen … Kauft Erdnüsse.« Auch die Spanner kamen zum Ende, schüttelten gut ab und entfernten sich, ohne sich zu zeigen, seitwärts wie Krebse. Keiner von ihnen kaufte Erdnüsse. Sie zündeten sich Zigaretten an und ruhten sich einen Augenblick lang aus.
»Hör mal, Rey, um noch einmal darauf zurückzukommen …«
»Um worauf zurückzukommen?«
»Auf die Schwarzen.«
»Aha.«
»Ich habe einen Sohn von fünf Jahren … von einem Schwarzen … Ivancito … er ist kohlrabenschwarz, genau wie sein Vater, von mir hat er nichts mitbekommen.«
»Und wo ist er?«
»Auf dem Land, bei einer meiner Schwestern.«
»Warum das?«
»Die Leute sagen, ich sei verrückt und das Kind würde verhungern. Was weiß ich. Sie kamen und nahmen ihn mit.«
»Schon lange her?«
»Ja. Schon über ein Jahr habe ich ihn nicht gesehen. Es geht ihm da besser.«
»Und? Bist du wirklich verrückt?«
»Ja, von der Gürtellinie an abwärts. Verrückt nach allen Schwänzen, die mir gefallen. Wenn du der König von Havanna bist, Schätzchen, bin ich die Königin. Die Königin von Havanna.«
Das Geschäft mit den Flaschen und den Plastikbechern war eine Scheiße. Tagelang schlenderte Rey umher, ohne zu wissen, was er tun sollte. Magda hielt ihn aus. Rum, Marihuana, Zigaretten, viel Sex, ein paar Pesos am Tag. Rey war mager, ein mit Haut bedecktes Skelett, genau wie Magda. Ihr gefiel es, ihn auszuhalten. »Das gefällt mir, Schätzchen. Ich mag es, deine Nutte zu sein und dir Geld zu geben … Ach, könnte ich doch anschaffen gehen und Dollars verdienen und dich wie einen wahren König halten. Sogar eine Kette aus Gold würde ich dir kaufen.«
»Ach, hör auf zu träumen.«
»Warum?«
»Weil du viel zu schmutzig und zu mager und zu zerlumpt bist für all diese alten geilen Böcke.«
»He, he, beschimpfen kannst du die Möse deiner Mutter.«
»Hör zu, meine Mutter ist tot!«
»Oh, entschuldige!«
»Ja, sie hat sich totgelacht, nachdem sie in die Möse deiner Mutter geschissen hatte.«
»Hahaha.«
Manchmal verschwand Magdalena eine ganze Nacht lang. Immer kehrte sie zu ihrem Lager zurück, aber es brachte Rey jedes Mal aus der Fassung. In solchen Nächten guckte er in die Röhre: kein Geld, kein Essen, weder Rum noch Marihuana. Nichts. Er kam nicht einmal in ihr Zimmer und musste auf einer Treppenstufe schlafen, wo Kakerlaken und Käfer über ihn hinwegkrabbelten. Die alte Hose, die Fredesbinda ihm geschenkt hatte, war zerrissen und zerlumpt. Durch einen Riss im Stoff hingen ihm zwischen den Beinen der Schwanz und die Eier heraus. Eines Abends hatte er sich auf der Treppenstufe ausgestreckt und wollte auf Magdas Rückkehr in den frühen Morgenstunden warten. Kurz darauf schlief er tief und fest wie ein Stein. Im Schlaf spürte er, wie ihn eine zarte Hand masturbierte. Er hatte einen riesigen Steifen, und irgendjemand masturbierte ihn durch das Loch in seiner Hose hindurch. Nein, das war kein Traum. Langsam wurde er wach. Er blinzelte ein wenig und sah, dass es Wirklichkeit war. Keine Spur von Traum, wiewohl das ganze Leben ein Traum ist. Dann war er völlig wach und rieb sich die Augen. Trotz der Dunkelheit erkannte er den Schwulen, der im Zimmer nebenan wohnte und ihn jetzt lächelnd masturbierte. Mit einer brüsken Bewegung stieß er den Kerl von sich, der sich feinfühlig, wie er war, zurückzog.
»Entschuldige, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. Er stand dir so stramm und sehnte sich danach, gestreichelt zu werden …«
»Nichts da mit Streicheln oder sonst was, verdammt noch mal, Bürschchen!«
Mit einem Satz war Rey auf den Beinen. Wie ein Tiger. Mager, aber Tiger. Er haute dem Schwulen ein paar hinter die Ohren, der jetzt um Hilfe schrie.
»Aua,
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