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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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gedacht.«
    »Warum?«
    »Du wirkst wie dreißig, aber ich wusste, dass du noch ein Kind bist.«
    »Dreißig?«
    »Das Leben hat dir etwas übel mitgespielt …«
    »Kann schon sein.«
    »Oder vielleicht hast du dem Leben übel mitgespielt … wer weiß.«
    Daisy zündete sich eine Zigarette an, und sie rauchten schweigend ein Weilchen. Sie drückte die Kippe im Aschenbecher aus und sah ihn an.
    »Siebzehn also …«
    Sie konnte sich nicht länger zurückhalten, ging zu ihm, küsste und umarmte ihn. Er erwiderte es. Als sie die Erwiderung spürte, verlieh sie ihren Gefühlen ein wenig mehr Ausdruck: »Himmel, du bist aber auch ein niedlicher Mulatte!« Rey wollte die Begeisterung erwidern, bekam aber keine Erektion. Zu viele Seifen- und Parfumdüfte. Er schwoll gerade mal etwas an. Damit begnügte sich Daisy für den Moment und war – wie alle Frauen – ganz hingerissen, als sie die Perlen an seiner Eichel entdeckte. Rey machte Anstalten, sich auszuziehen. Sie verbat es ihm.
    »Nein, nein. Mit Kleidung! Zieh sie nicht aus. Mach den Reißverschluss auf. Ich hole dir eine Pistole.«
    »Eine Pistole? Wofür?«
    »Damit du sie dir in den Gürtel steckst und Rosa vögelst.«
    »Was redest du da? Ich kapiere nichts. Und Pistolen und Wachen und all den Scheiß kann ich nicht ausstehen.«
    »Warum nicht?«
    »Darum nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil … ach verdammt, blas weiter.«
    »Du verrückter Kerl, eine Perle hast du da …«
    »Zwei.«
    »Ja, zwei, du völlig verrückter Kerl.«
    Rey schloss die Augen und stellte sich vor, Magda sei bei ihm. Jedes Mal, wenn Daisy – oder Rosa, wer weiß – ihn küssen wollte, drückte er ihren Kopf wieder nach unten. Er wollte Daisys Duft und Sauberkeit nicht riechen. »Magda, schwitz, Magda, schwitz deinen starken Körpergeruch.« So hielt er seine Erektion mehr oder weniger aufrecht und spritzte viel Samen in Magdas Mund, oder in den von Daisy oder den von Rosa. Und das war’s. »Wie viel Arbeit das gute Leben doch mit sich bringt, verdammt«, dachte er. Daisy wollte natürlich mehr. Sie war bislang leer ausgegangen. Aber sie war eine alte Expertin und wusste genau, dass man am besten die Zeit für sich arbeiten ließ.
    »Willst du einen Mango-Batido?«
    »Ja.«
    Daisy tat viel Milch in den Batido und ein paar konzentrierte Vitaminpillen, die ihr ihre Söhne regelmäßig aus Miami schickten. Sie hatte nie erfahren, warum. Aber sie schickten sie immer weiter.
    »Hier, trink das, Schätzchen, du bist so mager und verwahrlost.«
    So vergingen die Tage. Rasch gewöhnte Rey sich an die Vitamintabletten, das gute Essen, die frische Wäsche, selbst wenn sie Militäruniform war. Und daran, dass Daisy ihm jeden Morgen ein paar Pesos gab.
    »Da, nimm, mein süßer Bengel, ein paar Pesos, damit du dir etwas kaufen kannst. Aber rasier dich. So gehst du mir nicht auf die Straße. Hast du dir die Zähne geputzt?«
    Innerhalb einer Woche hatte sich Rey erholt, an Gewicht zugenommen und war darüber hinaus ganz häuslich geworden: Er frühstückte, aß zu Mittag, zu Abend, alles zu seiner Zeit. Er badete täglich, rasierte sich. Er unternahm nur ein paar Spaziergänge durchs Viertel und entfernte sich nie weit vom Haus. Am Abend dann einen Schluck Rum und eine Zigarre. Daisy war den ganzen Tag lang mit ihren Sprechstunden beschäftigt. Aber nachts verlangte sie immer ihren Anteil. Und Rey veranstaltete im Kopf Seiltanzakte. Nichts von wegen großer Vögelei. Rey brachte es gerade so zuwege. Er schaffte es nicht, ihn völlig steif zu kriegen. Immer machte er die Augen zu und träumte von Magdas Schmutz und Atem. Daisy hatte keinen Eigengeruch. Alles wurde grau, eintönig und langweilig für Rey. Eines Abends wollte Daisy ihm die Karten legen. Rey wollte nicht.
    »Das ist wichtig für dich. Ich bin die Einzige, die dir helfen kann.«
    »Ich brauche keine Hilfe.«
    »Wir alle brauchen Hilfe. Von Gott. Wir sind Liebe und Licht, aber ohne Gott verwandeln wir uns in Hass und Dunkelheit …«
    »Ach, lass deine Märchen, von wegen Gott, verdammt. Ich scheiß auf Gott.«
    »In meinem Haus wird nicht so geredet. Sag, dass es dir Leid tut.«
    »Ich scheiß auf Gott.«
    »Sag, dass … vergib ihm, Gott. Er weiß nicht, was er sagt.«
    »Ich scheiß auf Gott.«
    »Genug! Ich werde für dich beten. Gott muss dir vergeben.«
    »Ins Knie ficken kann sich Gott! Es gibt überhaupt keinen verdammten Gott. Du hast’s mit dem Scheiß, weil du wie eine Königin lebst. Natürlich musst du an all diese Heiligen

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