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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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war mittendrin. Leben zählt da nicht, du wünschst dir den Tod. Und deine Peiniger kommen dir wie Samariter vor, wenn sie dich endlich sterben lassen. Hi, hi, hi.« Tom blieb vor Alexander stehen, er zitterte am ganzen Körper. Stockend fragte er: »Warst du schon mal in einem Krieg?«
    »Nein.«
    »Dann kannst du auch nicht mitreden.«
    »O doch, Tom. Wir haben in der Sowjetunion eine Art von inneren Krieg: Eingesperrte gegen Bewacher. Manchmal noch schlimmer ist der Kampf der Gefangenen untereinander. Ich glaube, es gibt viele Vietnams auf der Welt, von denen wir keine Ahnung haben.«
    Tom beugte sich nach vorn, seine Lippen zuckten. »Aber mein Krieg ist immer da, hier ist er drin. Peng, Peng, Wouff.« Mit der flachen Hand schlug er sich gegen den Kopf. »Ich kann tun und lassen, was ich will, ich bekomme ihn da einfach nicht raus. Es macht mich kaputt, meine Träume machen mich kaputt. Die Vergangenheit frisst und frisst und hasst. Kapierst du das?«
    Seit diesem Zeitpunkt verstand Alexander den rothaarigen Amerikaner.

    Viermal war Alexander dabei gewesen, jeden Monat gab es eine Lieferung. Fast zu einem Eisklotz erstarrt, hatte Tom noch einmal Mitte November alle Ballons aus dem Wasser gefischt, während Alexander im Schnee kauerte und erbärmlich fror. In Zukunft würden die Nachtfröste alle weiteren Aktivitäten unmöglich machen. Taichet war diesmal ihr Ziel, von dort sollte die Ladung nach Bratsk gehen. In Bratsk, so verkündete Tom mit tollenden Augen, seien viele Abnehmer, unter anderem auch welche aus dem Westen. Manager und leitende Ingenieure von Konzernen, die sich immer in der Stadt aufhielten, um Geschäfte zu machen.
    Wahrscheinlich wäre alles gut gegangen, hätte Tom in betrunkenem Zustand nicht mit der Randale im Zug begonnen. Außerdem war er wieder einmal »loaded«, voll mit Rauschgift bis unter die Haarspitzen. Natürlich merkten die Mitreisenden, dass er einen starken Akzent hatte, und sie fühlten sich zu Recht von ihm angepöbelt. Deshalb verständigten sie den Zugbegleiter. Tom und Alexander, die, falls es erforderlich war, getrennt reisten, sahen bei ihrem nächsten Halt in Kansk die Grauröcke aus der Dunkelheit in den Lichtkreis der Laternen treten und durch den Schnee auf den Zug zustapfen. Tom ahnte trotz seines umnebelten Gehirns, dass es ihm galt. Er ruckte hoch, zog hastig seinen Mantel an, sprang auf der anderen Seite aus dem Wagen und rannte davon. Immer wieder knickten ihm die Beine weg. Alexander lief hinter ihm her, denn der Amerikaner hatte das ganze Zeug und seinen Lohn bei sich, den er ihm noch aushändigen wollte. Tom sprintete über die Gleise. Aber er war in seinem Zustand nicht allzu schnell, auch wegen der fünf Kilogramm Heroin. Alexander überholte ihn, obwohl er wesentlich schwerere Winterkleidung trug, und wollte den Beutel mit dem Rauschgift tragen. Der Rotschopf weigerte sich jedoch.
    »Lass nur, Kumpel«, keuchte er. »Gleich sind wir in Sicherheit.« Er meinte das Ende des Bahndamms, dahinter senkte sich das Land, und am Fuß des Dammes verlief eine Straße.
    Aber die Miliz begann zu schießen, gegen den hellen Schnee boten sie ein gutes Ziel. Alexander, einige Meter vor Tom, ließ sich den Abhang hinunterkullern, seine gefütterte Kleidung bremste den Sturz. Dieser verdammte Yankee, knurrte er wütend. Bringt mich so in Schwierigkeiten, nur weil er nicht von dem Zeug lassen kann.
    Wieder Schüsse. Tom taumelte auf die Kante zu, erstarrte, kippte vornüber, rollte seltsam verdreht direkt vor Alexanders Füße, blieb mit offenen Augen liegen und war tot. In den Rücken getroffen, so wie Klimkow. Nur Sekunden benötigte Alexander, um die Lage richtig einzuschätzen. Er bückte sich, riss Tom den Beutel mit den Diamanten vom Hals, steckte das Bündel Geldscheine ein und hetzte im Schatten des Bahndamms auf der Straße weiter. Nach knapp hundert Metern machte sie eine Biegung, Alexander folgte ihr, und dann kam ihm eine verwegene Idee. Er ließ sich fallen, robbte den Damm hinauf und sah wenige Meter entfernt den Zug stehen. Da die Milizionäre nur Augen für den Töten und die Rauschgiftbeutel hatten, schlich Alexander von ihnen unbemerkt vor der Lokomotive auf die andere Seite und noch etwas weiter in Fahrtrichtung.
    Er kauerte neben dem Gleis und wartete. Milizionäre stiegen in die einzelnen Waggons und durchsuchten sie. Man würde ihr Gepäck finden. In seinem, Alexanders, befand sich jedoch kein Hinweis auf ihn, alle wichtigen Dinge trug er stets am

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