Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
Vom Netzwerk:
ich.«
    »Wenn du es dir anders überlegst, sag mir Bescheid.«
    »Weshalb?«
    »Ich würde gerne mit dir reden und dir eine Arbeit anbieten.« »Mir?« Alexander schnaufte. »Einem Kriminellen oder was auch immer. Warum?«
    »Wegen deine Augen.«

    Alexander überlegte es sich nicht anders. Nach dem Frühstück im Hause des Freundes bedankte er sich für die neue Kleidung, nahm seine privaten Dinge und verabschiedete sich. Als er bezahlen wollte, sagte man ihm, Nikolai habe das erledigt. Aber auf seine Frage, wer denn nun Nikolai sei, erhielt er keine Antwort.
    Alexander ging wieder auf Tour. Die Unannehmlichkeiten mit Tom waren ihm eine Lehre, deshalb gab er sich fortan etwas vorsichtiger, was jedoch nicht bedeutete, dass er den Nervenkitzel sein ließ. Im Gegenteil.

I II

    NIKOLAI

NACH UND NACH trudelten sie ein: viele Männer, alte, junge und auch einige Frauen. Sie bezahlten den Eintritt, manche von ihnen wetteten sogar. Favorit war wieder mal Kyrill. Die Zuschauer stiegen die glatten Stufen hinauf, schoben den Schnee zur Seite und setzten sich auf die Holzbänke. Es war kalt. Dampfwölkchen krochen aus den Mündern der Interessierten, wenn sie atmeten oder etwas sagten. Unwirklich mutete die Szenerie an, denn vor den Besuchern befand sich lediglich ein Gleis mit einem einzelnen Waggon.
    Wenige Meter von der provisorisch gezimmerten Tribüne entfernt standen Blechfässer, in denen Feuer brannte. Ab und zu ging jemand hin, wärmte sich, stocherte in der Glut und legte einige Scheite nach. Neben den Fässern loderte ein anderes Feuer, und darüber pendelte ein Rost mit Würsten und Brot, gleich daneben lagen Kartoffeln und unscheinbare, runzlige Apfel. Einen großen Topf mit Suppe und einen mit einer klaren Brühe gab es auch noch. Außer diesen warmen Dingen konnte man Getränke kaufen; Wodka war der Renner. Manch einem genügte auch Tee, die Limonade dagegen blieb unberührt.
    Um die Tribüne hatte man Scheinwerfer installiert, die, von Dieselgeneratoren gespeist, das tief verschneite Areal taghell erleuchteten. Außerhalb dieser Lichtinsel verschluckte die Dunkelheit alles.
    Die Tribüne war längst besetzt, und noch immer kamen Leute. Sie stellten sich links und rechts auf und traten auf der Stelle, andere verharrten gleich am Wurst-und Wodkastand.
    Ein Mann in Stiefeln und mit einem langen Mantel bekleidet

stapfte zum Gleis, postierte sich vor dem Waggon und betrachtete zufrieden die mehr als zweitausend Zuschauer. Gute Kulisse heute und einiges in der Kasse. Um auf sich aufmerksam zu machen, schlug er mit einem Eisenstab gegen die Schienen.
    »Wer noch wetten will, der möge das bitte tun«, schrie er in die trichterförmig gewohnten Hände, damit man ihn verstand. Das nächste Mal wollte er sich ein Mikrofon besorgen.
    »An der Tafel könnt dir sehen, wie die Wetten stehen. Kyrill liegt vorn. Wenn ihr von mir einen Tipp haben wollt: Setzt auf einen der Außenseiter, das bringt das meiste Geld.«
    Und tatsächlich standen einige auf, balancierten die glatten Stufen hinunter und versammelten sich vor der schwarzen Tafel mit den Namen der Akteure. Daneben war das Wettbüro eingerichtet: ein glatzköpfiger Mann mit einer Kasse aus Blech und einem groben Holztisch. Der Mindesteinsatz betrug zehn Rubel, nach oben gab es kein Limit. Wieder baute sich der Sprecher von vorhin auf der freien Fläche auf. »Freunde, in zehn Minuten geht es los. Macht die letzten Einsätze. Und hier noch mal für alle zur Ansicht die heutigen Kämpfer, in der Reihenfolge, wie sie auf der Tafel stehen.«
    Als erster marschierte Kyrill ein. Und dann kamen Joe, Gregori, Wilhelm, Unoki, Frenchman, Zamba und als letzter Lenin. Obwohl alles Phantasienamen waren, buhten die Zuschauer nur bei Lenin.
    »Der Modus ist immer der gleiche. Paarweise treten die Männer an, der Sieger ist eine Runde weiter. In jeder Runde verdoppelt sich das Preisgeld, von fünfhundert über tausend, zweitausend bis viertausend für den Gewinner. Die letzten Wetten bitte!«
    Kyrill war klarer Favorit. Wo er auch antrat, hatte er gewonnen. Deshalb war seine Quote zu ungünstig, im viel Geld zu verdienen. Ein Raunen war vor dem Wettbüro zu hören, denn jemand setzte zehntausend auf Lenin. Keiner kannte Lenin, und jetzt diese ungewöhnliche Summe. Der Glatzköpfige mit der Blechkasse, dem die Kälte nichts auszumachen schien, fragte den Organisator, ob er die Summe annehmen dürfe. Der nickte nur gelangweilt. Gegen Kyrill hatten auch zwanzig Lenins keine

Weitere Kostenlose Bücher