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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Schon mal was davon gehört?«
    Alexander erinnerte sich dunkel an einen Schauprozess in Moskau während seiner Studentenzeit. Powers oder so ähnlich hieß der Amerikaner. Ja, Francis Powers.
    Tom berichtete weiter, er sei jetzt zwei Jahre auf der Flucht, habe gute Kontakte und ein gut gehendes Geschäft: Rauschgift aus Afghanistan.
    »Bringt 'ne Menge Rubel. Jeder, den ich kenne, will aus seiner tristen Scheißkommunismuswelt fliehen, zumindest für einige Stunden. Kann ich gut verstehen, Mann.«
    »Willst du denn nicht zurück in die USA?«
    »Natürlich, sobald mir Flügel gewachsen sind. Bei jedem Trip werden meine länger.« Tom machte einen Vogel nach. »Siehst du, wie sie wachsen?« Er deutete auf seinen Rücken. »Aber ich frage dich, was macht es für einen Unterschied: Bei uns der Wilde Westen und hier der Wilde Osten.«
    Tom bot Alexander einen Joint an und erklärte die Zusammensetzung. Alexander inhalierte den Rauch, aber außer einem schwammigen Gefühl im Kopf bemerkte er keine Reaktion. Als er jedoch sah, wie Tom sich den linken Arm abband, eine Spitze setzte und sich schlagartig veränderte, ein Wandeln wie im Traum, eine Hilflosigkeit und ein Sichgehenlassen, schwor sich Alexander, nie Rauschgift an sich herauszulassen.
    Aber sein Schwur hielt ihn nicht davon ab, mit Tom Geschäfte zu machen. Der Amerikaner verriet ihm, das Zeug komme bei Kuschka an der afghanisch-turkmenischen Grenze ins Land.
    Sosehr Alexander auch wissen wollte, auf welchem Weg dies geschehe, Tom sagte kein Wort. Dafür plauderte er über andere Dinge. Von Kuschka bringe er das Zeug nach Barnaul und Krasnojarsk, manchmal auch nach Buchara oder Taschkent, immer in handlichen Paketen zu fünf Kilogramm. Dort werde es dann an die einzelnen Kleinabnehmer verteilt.
    Alexander machte eine Tour mit und wurde Zeuge, auf welche einfache und wirkungsvolle Art man das Rauschgift aus Afghanistan in die UdSSR schmuggelte.
    Helfer von Tom, der sich wegen der strengen Kontrollen strikt weigerte, näher als drei Kilometer an die Grenze heranzugehen, versenkten in Afghanistan, in Gesigh, einer kleinen Siedlung südlich der Stadt Kuschka, die seit jeher vom Schmuggel lebte, in einen Nebenfluss des Murgab, der aus dem Gebirge in die turkmenische Senke fließt und dort später in der Wüste Karakorum versickert, kleine Behälter mit dem Rauschgift. Die »Bomben«, wie Tom sie wegen seiner militärischen Vergangenheit nannte, wurden alle luftdicht verpackt und trieben kurz unter der Wasseroberfläche. Versehen waren sie mit einer Sauerstoffpatrone, die per Zünder, der sich nach einer gewissen Zeit zersetzte, wenn er mit Wasser in Berührung kam, geöffnet wurde und einen Miniluftballon aufpumpte. Und der Zünder wurde jedes Mal zeitlich so eingestellt, dass er erst einige Kilometer auf sowjetischem Gebiet mit seiner Arbeit begann.
    Tom erklärte voller Stolz, als sie südlich der Stadt Kuschka am Kuschk, dem Nebenfluss des Murgab, und im respektvollen Abstand zur grenzüberschreitenden Fernstraße auf Lauer lagen, dieses Verfahren sei seine Idee gewesen. In Vietnam habe er viel mit Zeitzündern zu tun gehabt. Warum sollte er nicht seine Fähigkeiten nutzbringend anwenden?
    »Mann, jedes Kilogramm bringt mir dreitausend Rubel. Das ist ein Vermögen in deinem Land.«
    »Klar doch. Besonders, weil du mit dem Geld nicht viel anfangen kannst.«
    Tom lachte. »Hast du eine Ahnung.« Er griff unter sein Hemd und zog einen Lederbeutel hervor. Mit einer Taschenlampe beleuchtete er den Inhalt.
    »Diamanten«, flüsterte er. »Die wahre Reinheit. Weiße, saubere, lupenreine Diamanten.«
    Alexander starrte den Amerikaner an, von dessen Gesicht er gegen den dunklen Himmel nur den Umriss mit der markanten Indianernase, wie Tom sie bezeichnete, mitbekam.
    »Woher hast du sie?«
    »Ihr Russen seid gut, wirklich Spitze. Ihr habt den schönsten Schwarzmarkt auf der Erde. Gekauft, selbstverständlich.«
    »Gegen Rubel?«
    »Nein, Stoff.«
    »Und was haben die für einen Wert?«
    Tom zog den Beutel wieder zu und verstaute ihn.
    »In Rubel oder in Dollar?«
    »Dollar.«
    »Hunderttausend. Eher mehr.«
    Alexander atmete tief ein. Und dann spürte er an seiner Seite einen harten Gegenstand. Ohne hinzuschauen, wusste er, es war Toms Pistole. »Komm ja nicht auf böse Gedanken, mein Freund. Ich puste alles aus deinem Wanst heraus. Hast du mich verstanden?«
    Tom schaute auf seine Uhr. »Multan, der Lieferant, müsste jetzt das Geld schon eine Stunde haben. Er hat es

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