Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
Vom Netzwerk:
diese haben.«
    »Aber wegen des für dich günstigen Umrechnungskurses zahlst du nur einen Bruchteil des Weltmarktpreises.«
    »Allmählich erkennst du die Zusammenhänge.«
    »Bei jedem Geschäft gibt es einen Gewinn. Zeig ihn mir.«
    »Später.«
    »Willst du mich wieder vertrösten?« Nikolai schüttelte den Kopf.
    »Dann frage ich mich, was ich hier soll, warum ich mit dir in Bratsk bin.«
    »Gefällt es dir hier nicht? Bratsk, eine junge, dynamische Stadt und dann unser komfortables Hotel. Jeden Wunsch erfüllt man dir.«
    »Bitte, weich nicht aus.«
    Der Ältere schaute Alexander lange an. »Du bist bei mir, weil ich mit dir zusammenarbeiten möchte.«
    »Nikolai, ich habe von alledem keine Ahnung.«
    »In einem Jahr bist du ein Profi.«
    »Und warum ausgerechnet ich?«
    »Weil ich vor dreißig Jahren genauso war wie du und mich auch jemand in das Geschäft eingewiesen hat.«
    »Etwa wegen deiner Augen?«
    Sie lachten. Nikolai war an diesem Abend gesprächig, übermütig und spendabel.
    »Sollen wir zu den Mädchen gehen?« Alexander winkte ab.
    »Was, ein Bursche in deinem Alter, und dann nicht zu den Mädchen?«
    »Und du in deinem Alter immer noch zu den Mädchen?«
    »Einer Versuchung sollte man folgen. Wer weiß, ob sie wiederkommt.«.
    »Alles zu seiner Zeit.«
    »Und welche Zeit ist jetzt?«
    »Mir dein System zu erklären.«

    Sie zogen sich auf Nikolais Apartment zurück und bestellten Wein. Alexander konnte sich nicht erinnern, jemals Wein getrunken zu haben. Sein Vater hatte sich einmal im Jahr zu Weihnachten eine Flasche gegönnt, vorher jedoch in der Kirche eine Kerze geopfert, zur prophylaktischen Absolution und um sein Gewissen zu erleichtern. Dann zog er seinen einzigen Anzug an, das tat er sonst nur bei Beerdigungen, setzte sich in den Lehnsessel und nippte an dem Glas mit einer Ehrfurcht, wie sie sich der Pastor beim Besuch der Messe von ihm gewünscht hätte.
    Nikolai machte es sich bequem.
    »Ich habe mir lange überlegt, wie ich den Staat mit seinen hemmenden Mechanismen legal umgehen und seine Trägheit tiberwinden kann, und zwar zum Vorteil der Leute, die mit mir zusammenarbeiten, und natürlich auch zum Vorteil der Bevölkerung. So bin ich vor mehr als zwanzig Jahren auf ein ausgeklügeltes System gestoßen, das bereits punktuell in der Sowjetunion existierte. Die meisten Linnen bedienten sich dieser total unsozialistischen Einrichtung, erreichten dadurch ihr Plansoll und sogar noch mehr und hatten zugleich Angst, andere könnten es ihnen gleichtun und ihren Gewinn schmälern. Deshalb vermied man möglichst den Kontakt zur Konkurrenz, eigentlich dürfte es diese typisch kapitalistische Verhaltensweise in unserem System überhaupt nicht geben, und jeder wurschtelte weiter vor sich hin. Kurz und gut: Die Rede ist vom Tolkatsch oder Organisierer, auch Stoßer, Anheizer, Presser und Drücker genannt oder einfach Beschaffer. Er hat die entsprechenden Kontakte und bringt unsere Wirtschaft in Schwung, weil er weiß, wo was produziert und wo was gebraucht wird. Glaube mir, ein guter Organisierer ist für Betriebe unersetzlich und mehr wert als zweihundert Arbeiter. Im Westen, also in Japan und Amerika, nennt man diesen Typus im übertragenen Sinne Geschäftsmann. Er ist demnach derjenige, der das Geschäft einleitet oder macht, so wie Sato.«
    Nikolai nippte an seinem Glas. »Meine Organisierer besuchen im ganzen Land, also nicht nur in Sibirien, die einzelnen Produktionsstätten und steilen die pünktliche Lieferung der Rohstoffe sicher. Außerdem treiben sie Waren auf, besorgen Ersatzteile, vermitteln überschüssige Guter im Tausch gegen andere und sind in der Lage, einen Handel über mehrere Stationen abzuwickeln, so wie damals mit deinen Schläuchen und dem Kupfer. Dass Siska noch eine Trikotagenfabrik zwischenge-
    schaltet hat und ein Schmelzwerk, wird dir nicht bekannt sein.«
    »Gab es dafür einen Grund?«
    »Das Schmelzwerk benötigte Kleidung für die Arbeiter und war nur bereit, das Metall im Tausch gegen diese auszuhändigen« »Was hat die Trikotagenfabrik erhalten?«
    «Zwei der fünf Generatoren.«
    Alexander nickte verstehend, er hatte selbst solche Dreiecksgeschäfte getätigt.
    »Meine Leute bieten Extralieferungen an, damit eine Ware schneller zur Verfügung steht, oder stellen sogar Arbeiter ab, falls dadurch mehr produziert werden kann. Jeden Tag besuchen sie mindestens zwei Werke. Vier meiner besten Beschaffer sind ständig in Leningrad, einer hält sich ununterbrochen

Weitere Kostenlose Bücher