Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
Vom Netzwerk:
wahr?«
    Nikolai schwieg,
    »Vor mehr als fünfzig Jahren gab es nur einen Anlass, sich so über einen Bahnhof zu freuen, den 36. an der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau aus gerechnet, und dazu so weit weg von der Metropole.«
    »Welchen?«
    »Du bist der Revolution entkommen. Habe ich recht?«
    Schlagartig veränderte sich Nikolai. Eben noch offen und interessiert, wirkte er nun verschlossen, fast brutal. Markant sein Kiefer, dünn die Lippen, als er lediglich ein Wort herauspresste. »Ja.«
    »Und hast ein die Freiheit wirklich gefunden?«
    Der Sibiriake zögerte. »Damals noch nicht.«
    Wieder eine Bemerkung, die Alexander irritierte. Nikolai legte es scheinbar darauf an, ihn hinzuhalten und es bei Andeutungen zu belassen, als beabsichtige er, sich mit einem Geheimnis zu umgeben. Dabei war Alexander schon längst in dem Stadium, diesen ungewöhnlichen Mann zu bewundern. Dass der Ältere seinen richtigen Namen kannte, hatte ihn zuerst erschreck, ihm dann jedoch imponiert. Aber mehr noch erstaunte ihn die Tatsache, wie ehrfurchtsvoll ihm die Milizionäre begegnet waren, ohne ihn, Alexander, über den Vorfall zu befragen. Dabei war immerhin ein Mensch erschossen worden. Welche Macht hatte dieser Sibiriake?
    Sie saßen im Flugzeug und warteten. Der Start verzögerte sich, weil die Rollbahn zuerst noch von Schnee und Eis befreit werden musste. Mit halbstündiger Verspätung wurden die Motoren angeworfen, hochgedreht, das Propellerflugzeug vibrierte, rumpelte über die Betonpiste, beschleunigte und hob zögernd ab. Im flachen Winkel brachte es der Pilot zum Steigen. Tee wurde den wenigen Passagieren serviert, in der Kabine roch es nach Desinfektionsmitteln und nach Essen. »Normalerweise fliege ich mit meiner eigenen Maschine oder einem Hubschrauber«, bemerkte Nikolai beiläufig und amüsierte sich über Alexanders Reaktion.
    »Und im Sommer durchquerst du mit deinem U-Boot den Pazifik.«
    »Warum nicht? Wenn mir danach ist.«
    Alexander kam sich verschaukelt vor und starrte hinaus in die trübe Wolkensuppe.
    Nach einigen Minuten kam er auf einen Punkt zu sprechen, der ihn vordringlich beschäftigte. »Nikolai, woher kennst du meinen richtigen Namen?«
    Der Grauhaarige schmunzelte, faltete die Hände über dem Bauch und machte es sich bequem. »Das geht auf die Schläuche zurück, die du für die Erwärmung der Brückenpfeiler benötigt hast. Tolle Idee. Der Organisierer hat mir von dir berichtet.«
    »Wie kommt er ausgerechnet dazu, dir ...«
    »Weil er für mich arbeitet.«
    Alexander überlegte. »Aber meinen richtigen Namen konnte er nicht wissen.«
    In Nikolais Augen tummelten sich Tausende kleiner Spotteufelchen. »Scharfsinnig kombiniert. Den hat unter anderem ein gewisser Leonid in Erfahrung gebracht.«
    Alexander fand die Zusammenhänge immer verworrener. Was hatte Leonid damit zu tun?
    »Übrigens, dem Georgier geht es gut.«
    Mit einem Ruck wandte sich Alexander an den Älteren. »Verdammt, kannst du nicht mal ein paar klare Worte sagen?«
    »Nicht so laut.« Nikolai rückte näher. »Ich habe also von Suska, dem Organisierer, von deiner seltsamen Art zu verhandeln gehört.
    Und als wieder einmal ein größerer Posten für deine ehemalige Station anstand, bin ich mitgegangen und habe Leonid kennen gelernt . Ein bemerkenswerter Mann mit einer ausgefallenen Vergangenheit. Du hast Schwierigkeiten, mit ihm zu konkurrieren.«
    Alexander erschrak. »Und Leonid hat dir von nur ... «
    »Das tat der Leiter der Verwaltung, ein gesprächiger Kerl, der für hundert Rubel alles ausplaudert. Schnell kamen das Gespräch und das Thema auf dich und darauf, dass du deinen Häschern gerade noch entwischt bist. Danach erst hat Leonid mir einiges anvertraut.«
    Aus Alexanders Erinnerung meldete sich ein ganz bestimmtes Bild: ein fremdartig gekleideter, älterer, schlanker Mann. »An dem Tag, als ich mich auf … den Weg machte, warst du da nicht zufällig in der Gastiniza?«
    Der Sibiriake nickte.

    Schon im Anflug sah Alexander, dass Bratsk ein Konglomerat von Einzelsiedlungen und Stadtteilen war ohne eigentlichen Mittelpunkt. Dieser Eindruck verstärkte sich, als sie mit dem Taxi die vierzig Kilometer bis zum Zentrum fuhren. Sie rollten durch ein Dorf mit kleinen, gemütlich aussehenden Häusern, die sich um einen alten Holzturm, Teil einer ehemaligen Festung, gruppierten.
    »Padun, was so viel bedeutet wie »das Verfallende«. Im Sommer blüht und grünt hier alles. Ein fest für die Augen«, schwärmte Nikolai.
    Eine

Weitere Kostenlose Bücher