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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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auf das erfolgreiche Ergebnis einen Wodka.
    Gutgelaunt chauffierte ihn Nilowitsch zurück zum Hotel. »Leider kann ich Ihnen kein aufregendes Nachtleben anbieten.«
    »Aber dafür erklären, wie sie die Diamanten herausschmuggeln.«
    Nilowitsch setzte sich in der kleinen Vorhalle in einen Sessel.
    »Wollen Sie sich wirklich mit solchen Banalitäten belasten?«
    »Will ich.«
    »Nun, ist nicht jedermanns Geschmack und auch nicht besonders appetitlich.«
    »Ich werde damit fertig.«
    »Die Kugeln haben sie gesehen.«
    Alexander wurde kribbelig. Ihm ging die Erklärung zu langsam vonstatten. »Ja.«
    »Die Hülle besteht aus Baumharz, vermischt mit einem anderen Mittel. Wenn man es knetet, wird es schön weich. Und diese Masse haben die Arbeitet unter Tage dabei. Finden sie einen Stein, dann drücken sie ihn in die Kugel. Sie wissen, Diamanten sind manchmal sehr scharfkantig.«
    »Ist mir bekannt.«
    »Drücken ihn also in die Kugel und schlucken das ganze hinunter. Wie Medizin. Ja, Medizin klingt gut.« Nilowitsch lachte über seinen Vergleich. »Die Magensäfte zersetzen die Knete nicht.«
    Alexander schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Und in der Kantine essen die Arbeiter, trinken ...«
    »... überwiegend Kaffee, das treibt und drückt ...«
    »... gehen auf die Toilette und ...«
    »... verlieren auf wundersame Weise die Kugel des Vortages.«

    Wieder in Kirensk, sprach Alexander den Sibiriaken auf den Bund an. Sie setzten sich vor den Kamin, knackend verbrannten die Holzscheite, gierig fraßen die züngelnden Flammen sie auf. So wie mich die ständige Flucht, dachte .Alexander, und mit der gleichen Aussicht auf Erfolg, überhaupt keiner.
    »Das mit den Tolkatschi ist nur die halbe Wahrheit«, gestand Nikolai. »Auf meine Geschäftspartner kann ich mich in der Regel verlassen, aber oft ist es wichtig, noch eine engere Bindung zu haben, als die des Profits. Ja, der Bund«, sinnierte der Ältere. »Seine Wurzeln reichen weit in die Vergangenheit zurück.« Ein letztes Nachdenken, der Sibiriake begann zu erzählen.
    »Als Konsequenz einer allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Unzufriedenheit kristallisierte sich im Dezember 1825 in St. Petersburg aus dem Heer der Unterdrückten eine Gruppe Aufständischer heraus, deren Ziel es war, den Zaren zu stürzen. Die Aktion schlug fehl, genauso wie die folgende im Sommer 1826. Die Revoluzzer, meist Adelige und Offiziere, die sich schon länger, oft über Jahre, in Geheimbünden organisiert hatten, verbannte man kurzerhand nach Sibirien, sie hinzurichten wäre zu gefährlich gewesen. In der Weite des Landes trafen nun diese sozial eingestellten Reformer auf den damaligen Abschaum der zaristischen Gesellschaft. Bereits Katharina die Große hatte 1761 begonnen, alle unangenehmen Zeitgenossen in den Osten abzuschieben, darunter viele Verbrecher übelster Sorte, die man wegen diverser Straftaten einfach deportiert und mit der Weite des Landes bestraft hatte. Die schlimmsten von ihnen - später nannte man sie Gruka - waren längst in Banden organisiert, zogen raubend und schmarotzend durch das Land, Morde waren an der Tagesordnung. Gegen die Dekabristen, die sich überwiegend nördlich von Irkutsk niedergelassen hatten, gingen die Gruka auch vor. Einige der Adeligen hatten einen Großteil ihres Vermögens retten und mitnehmen können, waren also eine verlockende Beute. Aus der Not heraus gründete man den „Bund der Rettung“, dessen Ursprünge auf Russland und das Jahr 1816 zurückgehen. Sibirien wurde zwangsläufig zum Tummelplatz und zum Schmelztiegel verschiedener Strömungen und Rassen. Hinzu kamen nach dem Ersten Weltkrieg enttäuschte Kommunisten, Trotzkisten und von Stalin Verbannte. Nicht zu vergessen die deutschen Kriegsgefangenen, die, entweder weil sie geflohen waren oder aus freien Stücken, nicht mehr nach Hause wollten. Noch im Jahre 1949 flüchteten bei einem Massenausbruch aus einem Lager bei Kusnezk gleich mehrere tausend. In unserem Bund gibt es übrigens viele ehemalige Deutsche.«
    Im weiteren Verlauf verglich Nikolai den Bund mit der Dorfgemeinschaft „Mir“ aus dem vorigen Jahrhundert, die dafür zu sorgen hatte, dass jeder einzelne Bauer seinen Verpflichtungen gegenüber dem Großgrundbesitzer nachkam.
    Man sabotiere nicht, man destabilisiere nicht. Man versuche nur, sich Erleichterungen zu verschaffen, ohne das Plansoll zu umgehen. Der Bund nutze lediglich staatliche Verordnungen zu seinen Gunsten, erwerbe zum Beispiel wegen

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