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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Kamtschatka-Krabbe, zum Hit. Ein hässliches, bis zwei Meter großes Tier, eine fliegende Untertasse auf Beinen, die entgegen ihrem Aussehen vorzüglich mundete. Über Friedhelm Kurz gelangte sie auf deutsche Tische und in die Küchen der Spezialitätenrestaurants. Einem Koch verhalf sie sogar zu den berühmten drei Sternen im Michelin.
    Leonid bemerkte Alexanders Müdigkeit.
    »Enttäuschung oder die Entwicklung des Landes?«
    Alexander zuckte die Achseln. »Auch meine innere Unruhe und dazu die Vorstellung, etwas zu versäumen.«
    »Was denn? Das Leben?«
    »Ich weiß es nicht. Das Leben kann es aber nicht sein, das geht sowieso an mir vorüber.«
    »Du willst weg.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Doch, du willst weg.«
    »Möglich.«
    »Wohin?«
    Alexander machte eine vage Handbewegung, er hatte kein konkretes Ziel. Japan, dort würde es ihm gefallen.
    »Und ich?«
    Alexander schaute den treuen Weggefährten nur an.
    »Ist das dein Dank?« Traurig kam ihm Leonid mit den herunterhängenden Schnurrbartenden vor.
    »Du bist unbezahlbar.«
    »Aha. Deswegen verschwindest du einfach.«
    »Wir bleiben in Verbindung. Aber ich muss raus, ich muss atmen. Immer der Druck, die Erinnerungen. Ich muss raus.«
    »Zehn Jahre sind sie jetzt schon tot.«
    »In mir ist auch vieles tot, einiges sogar noch viel länger.«
    »Wem sagst du das! Aber jagst du nicht einer Illusion hinterher?«
    »Welcher?«
    »Hellen, deine ehemalige deutsche Geliebte. Hast du wieder ihre Briefe gelesen?«
    »Ja.«
    »Immer noch das alte ... Ziehen?«
    Alexander nickte und erklärte, er habe nicht vor, sie nach so vielen Jahren aufzusuchen. Und verheiratet werde sie auch sein.
    Leonid sah ihn an, als wüsste er es besser. »Gut. Löse dich von allem hier, bleibe mit mir in Kontakt. Und wenn ich dich brauche ...«
    »Du kommst bestimmt ohne mich zurecht.«
    »Sehen wir uns wieder?«
    Alexander nahm den Freund in die Arme. »Natürlich, Leonid. Du bist ein Teil meiner selbst. Gib mir ein paar Monate, dann überlegen wir beide, was wir machen, und ob es sich überhaupt noch für das Land lohnt.«
    »Für das Land lohnt es sich immer. Aber auf die Menschen bezogen, da kommen mir allmählich Zweifel.«
    Alexander klärte einiges mit seinen Konten und erfragte den Stand in Tokio, Zürich und Frankfurt. Er war ein vermögender Mann. Daran lag es also nicht.
    Und plötzlich ereilte ihn während seiner Reisevorbereitungen die Nachricht: Generalsekretär Gorbatschow, auf der Krim am Schwarzen Meer in Urlaub, war unter Hausarrest gestellt worden. Mit einer unerklärlichen Hast raffte Alexander alle wichtigen Papiere zusammen, darunter auch die in jahrelanger Kleinarbeit gesammelten Dossiers über geheime militärische Anlagen und die Akten über Politiker. Er tat dies ganz bewusst, als er hörte, wer in dem acht Personen umfassenden, konservativen Putschkomitee vertreten war, so der Gorbatschow-Vize Janajew, KGB-Ghef Krjutschkow und Marschall Jasow. Falls sie an die Macht kamen, bedeutete dies ein Rückschritt in die alte Ara des Sozialismus.
    Alexander hatte nun ein Ziel und flog spontan nach Nowosibirsk. Zu seinem Erstaunen hatte sich trotz der labilen politischen Lage in Mittelsibirien noch nichts geändert. Kein Mehr an Militär, die gleichen Kontrollen wie sonst auch, absolut nichts deutete auf einen Umsturz hin. War des die Taktik der Putschisten?

    Alexander besuchte Viktor Antropowitsch, und der Ingenieur ahnte sofort, was der Grund seines Besuches war. Alexander kam auf Klimkows Vermächtnis zu sprechen und die Unterlagen, die Antropowitsch seit vielen Jahren für ihn deponierte.
    »Moskau, die neue Garde. Sie macht dir Angst?«
    »Ja.«
    »Was willst du mit den Dingen tun?«
    »Wenn überhaupt, dann sie gegen die neuen Machthaber verwenden.«
    »Verstehe ich nicht. Warum erst jetzt? Hattest du dazu in der Vergangenheit nicht Gelegenheit genug?«
    Alexander lachte vage.
    »Sind sie etwa besser als Gorbatschow?« wollte Antropowitsch wissen.
    »Für die Wirtschaft eventuell. Vielleicht fehlt uns wirklich eine Orientierung. Immerhin sind war das seit siebzig Jahren gewohnt.«
    »Du meinst, die starke Hand.
    »Der Markt ist die starke Hand«, widersprach Alexander. »Aber der muss sich erst noch mal bilden.«
    »Und das traust du den Betonköpfen nicht zu.«
    »Nein. Sie wollen die kommunistische Steinzeit.«
    »Gut, dann nimm auch bitte einiges von mir mit.«
    »Warum?«
    Antropowitsch ließ sich schwer schnaufend auf einen Stuhl fallen.
    »Siehst du das denn

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