Der König von Sibirien (German Edition)
eigenen vier Beinen sollten die Viecher die Waggons verlassen können.
»Zwei Rubel«, forderte Gubitzki.
»Einen.«
»Einsachtzig.«
»Drei Kilogramm für eine Mark und achtzig.«
Gubitzki reagierte einige Sekunden nicht, in denen er den Kurs ausrechnete und die Möglichkeiten, mit der Mark zu handeln, überdachte.
»Einverstanden.«
»Inklusive Transportkosten.«
»Wohin?«
»Kusbass.«
»Wie, nicht nach Polen oder Deutschland?«
»Nein.«
»Und wieso zahlen Sie in Mark?«
»Klappt der Handel, oder klappt er nicht?« Gubitzki stimmte zu.
Alexander rief in Moskau im Ministerium den rührigen Kosyrew an und fragte, ob er eine Exportgenehmigung für Kokskohle organisieren könne.
»Nein, geht nicht, ausgerechnet an Kokskohle haben wir einen Mangel. Darf nicht angerührt werden. Jede andere Sorte ist kein Problem.«
»Gut, dann für Anthrazitkohle aus Aldan.«
»Bis wann?«
»Sofort.«
»Sie kennen doch die Moskauer Strukturen?«
Alexander verstand die Anspielung. »Was sagt Ihre Perestroika dazu?«
»Tut mir leid, wir müssen uns mit den alten Köpfen arrangieren.«
»Wie viel?«
» Fünfzigtausend Rubel.«
»An wen?«
»Nicht an mich, noch müssen wir mit den Wölfen heulen. Das Geld geht in einen besonderen Fonds.«
»Aus dem auch Sie gefüttert werden?«
»Nein.«
»Kosyrew, wenn ich das jemals erfahren sollte, dann sind wir geschiedene Leute «
Über die Verwaltung des Territorialen Produktionskomplexes Südjakutien besorgte sich Alexander, der Kosyrews Exporterlaubnis vorlegte, eine Verkaufsbewilligung für wöchentlich zehntausend Tonnen Anthrazitkohle. Gleichzeitig beantragte er über einen anderen Sachbearbeiter die Anforderung über die gleiche Menge Kokskohle. Und als er beide Genehmigungen hatte, verabredete er sich mit dem Kommissar für territoriale Handelsbeziehungen. Leider sei irgendwo ein Fehler unterlaufen, argumentierte Alexander. Er könne zwar laut Bewilligung zehntausend Tonnen Anthrazitkohle verkaufen, gleichzeitig würden aber auch zehntausend Tonnen Kokskohle geliefert.
Der Kommissar, dem eigenen Bekunden nach ein hervorragender Organisator und geschult im Ausbügeln von Fehlplanungen, griff sich an den Kopf. »Was sollen wir denn mit dem Zeug? Dafür gibt es bei uns keine Verwendung.«
Alexander bagatellisierte bewusst. »So wie es aussieht, werden die Waggons aus-und wieder beladen. Das kommt doch öfters vor.«
»Aber nicht, solange ich hier das Sagen habe.«
Alexander zeigte vollstes Verständnis. »Außerdem sind da noch der Umweg über Aldan und die Kosten. Nicht zu vergessen die Bindung von Personal und Transportkapazität.«
Der Kommissar fluchte. »Welcher Idiot hat denn diesen Mist verbockt?«
Leider konnte ihm Alexander nicht helfen. Aber da seien nun mal die Genehmigungen, und er habe zu exportieren, um den Vertrag zu erfüllen. Bei allen innerstaatlichen Schwierigkeiten müsse man unbedingt vermeiden, das Ausland zu verprellen.
Dem Kommissar platzte der Kragen. »Das ist Schwachsinn. Wir schieben die Kohle doch nur von einer Tasche in die andere. Und das kostet verdammt viel Geld.«
Alexander wusste keinen Rat. Aber die Japaner hätten nun mal ausdrücklich Anthrazitkohle bestellt.
Der Kommissar bekniete Alexander. »Können Sie denen nicht die Kokskohle schmackhaft machen?«
»Ich weiß nicht.«
»Zum gleichen Preis. Ist doch auch viel wertvoller.«
»Also, ich ...«
Der Kommissar grinste. »Wir lassen die Züge einfach durchrollen und vertauschen die Papiere.«
»Ist das nicht illegal?«
Der Kommissar winkte ab. »Wer soll das schon merken? Außerdem geht alles über meinen Tisch.«
»Hm.« Und dann hatte Alexander einen wichtigen Einwand. »Aber Kokskohle, da besteht ein Mangel. Die dürfen wir nicht ...«
Wieder wusste der Kommissar einen Ausweg. »Wir tun einfach so, als wäre die Kokskohle, wie vorgesehen, hierher geliefert worden und unsere in die andere Richtung gegangen. Papier ist geduldig, die Halde bleibt gleichhoch, keiner hat einen Schaden. Ist doch eine elegante Lösung, nicht?«
Alexander gab zu bedenken, dass durch diesen Tausch Kosten auf den Bund zukämen. Wie er die denn umlegen könne. Nun, zahlen dürfe er, der Kommissar ihm nichts, obwohl er eine sehr hohe Position bekleide. Aber über gewisse Vergünstigungen könne man reden. Eine Hand ...
Noch am selben Nachmittag gab Alexander dem Sprecher der Bergleute, Rudolf Scherbo, die Nachricht mit auf den Weg, das Geschäft könne wie geplant abgewickelt werden.
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