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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Genehmigun-
    gen und Verträge lägen vor. Als Scherbo Genaueres wissen wollen, blockte Alexander ab. Seine Aufgabe sei allein, die Kokskohle nach Wladiwostok zu bringen. Uni alles weitere kümmere er sich.
    Drei Wochen später kam der Handel ins Rollen. Die ersten zehntausend Tonnen waren verschifft worden, das Geld geflossen und die Schweine auf allen vier Beinen und ohne Hilfe aus den Waggons geklettert, direkt hinein ins Schlachthaus. Und in Kühlcontainern brachte man gefrorenes Rindfleisch aus EG-Beständen zum Vorzugspreis von zwei Mark pro Kilo. Bezahlt wurde die Rechnung von Kurz, dem man aus Tokio einen Teil des Kohleerlöses transferierte. Alle waren zufrieden, auch Alexander, denn wieder einmal hatte er sich bewiesen.
    »Merkst du eigentlich nicht, dass wir im Grunde genommen genauso agieren wie die großen Schieber im Staat?«
    »Nein, Leonid. Da sehe ich schon einen gewaltigen Unterschied. Und Kosyrew, der Wirtschaftsexperte aus Moskau, auch.«
    »Und der wäre:«
    »War helfen den Leuten im Kusbass und vermeiden, dass das Pulverfaß hochgeht.«
    »Klar. Aber doch nur, weil wir auch Profit machen.«
    »Den hatten wir immer.«
    »Was ich sagen will, Alexander, ist folgendes: Unser Staat geht an diesen Nebengeschäften kaputt. Nichts funktioniert mehr, nichts stimmt mehr, alles ist im Fluss und außer Kontrolle geraten.«
    »Merkst du nicht, wie du argumentierst? Bist du jetzt auf einmal der Samariter?«
    Leonid fühlte sich unwohl und suchte nach Ausflüchten. Schließlich versteifte er sich auf sein erstes Argument.
    Alexander war anderer Auffassung. »Er geht nicht an unseren Aktivitäten kaputt, wir halten ihn am Leben. Wenn es, wie von Gorbatschow avisiert, zur Marktwirtschaft kommen sollte, dann erreichen wir beide unser Ziel: Der alte Apparat verschwindet, und wir sind die Vorreiter.«

V

    HELLEN

ALS HÄTTE ES noch einer letzten Bestätigung seiner Fähigkeiten bedurft, zog sich Alexander mehr und mehr zurück. Die Verbindungen zu den ausländischen Partnern waren geknüpft, und besonders die zum Deutschen Friedhelm Kurz entpuppte sich als ungemein fruchtbar.
    Aber Alexander war müde und ausgelaugt. Er hatte zuviel von dem Land gesehen, die maroden Betriebe und die mafiaähnlichen Strukturen kennengelernt und gespürt, wie die wirtschaftliche Depression des Staates abfärbte und seine eigene, gefühlsmäßige, mehr und mehr anwachsen ließ. Unfähig, sich selbst zu helfen, redete er sich ein, es habe auch keinen Sinn, sich für die Sowjetunion zu engagieren. Überdeutlich registrierte er die Differenzen und Kompetenzstreitigkeiten der einzelnen Republiken untereinander, die zunehmend ihre Eigenständigkeit zu beweisen versuchten und dadurch das Gefüge des Landes aushöhlten. Die UdSSR bröckelte, Konservative und Altkommunisten sorgten für den allmählichen Untergang des Riesenreiches. Aber dieses Dahinsiechen seines Vaterlandes verschaffte ihm nicht die lang ersehnte Befriedigung, die er erhofft hatte. An einem Sieg über einen Schwachen war ihm nicht gelegen.
    Was Alexander in dieser Phase noch tat: Er sammelte auch weiterhin Informationen über militärische Einrichtungen und über Politiker, die sich bestechen ließen und denen man Verfehlungen vorwerfen konnte. Warum, darauf wäre es Alexander, der sich mehr für die Toten als für die Lebenden interessierte, mehr für den maroden Staat als für dessen Zukunft, schwergefallen, eine Antwort zu finden.

Leonid ließ sich von alledem nicht beeindrucken. Die Lagebesprechung fand wie immer jeden Morgen statt. Auch ohne Alexanders Anleitung, der nur noch physisch anwesend war und keine neuen Impulse gab, konzentrierte er einen Bereich seiner Tätigkeit intensiv auf Elektronikartikel, für die es einen reißenden Absatz gab. Diamanten dienten immer noch als bequemes Zahlungsmittel und handliche Transfermöglichkeit des eigenen Gewinns ins Ausland. Da die BAM auf dem Papier längst fertiggestellt war, gab es neue Projekte anzugehen und neue Ausrüstungen zu besorgen: deutsche und französische Lastwagen, Bulldozer aus Amerika und aus Japan. Ein deutschsowjetisches Konsortium wurde gebildet, in dem Alexander mitarbeiten sollte. Leonid tat es an seiner Stelle, und als erstes kam ein neues Gasgeschäft mit dem gerade wiedervereinten Deutschland zustünde. Als Nebeneffekt entwickelte sich kurioserweise ein reger Handel mit kulinarischen Leckerbissen. Weil einer der Teilnehmer davon geschwärmt hatte, wurde eine Riesenkrabbe aus dem Pazifik, die

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