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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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nicht mehr vor seiner Unterkunft und warte auf das Rote Kreuz.
    »Sag mal, Klimkow, weswegen hat man dich eigentlich verurteilt?«
    »Wegen eines Verdachts.«
    »Was für ein Verdacht war das?«
    »Ich soll geheime Informationen über sowjetische Atom-U-Boote an den Westen verschachert haben. Dafür gab es fünfzehn Jahre.«
    »Nicht die Todesstrafe?«
    »Sie hatten keine Beweise.«
    Alexander setzte sich zurecht:, legte das linke Bein höher und warf ein Stück Holz in den Ofen. »Komm, erzähl.«
    Klimkow blickte sich um, die anderen Häftlinge zeigten kein Interesse an ihnen.
    »Vor langer Zeit hat man mich erwischt, als ich das Depot einer Sowchose ausgeraubt habe. Ich arbeitete auf einer Nachbarsowchose, und wir brauchten Ersatzteile. Die hatten leider nur die anderen. Dafür erhielt ich zehn Jahre, und die musste ich auf Nowaja Semlja verbringen. Du kennst die Insel im Eismeer?«
    »Habe davon gehört. Auch nicht sehr angenehm, was?«
    »Wo ist es schon angenehm?« Klimkow zündete sich eine Zigarette an. »Ich war also auserwählt, dort zu arbeiten. Und da sind dann Dinge passiert, das glaubst du nicht.«
    Klimkow erzählte von Atombombenversuchen, zu denen man Soldaten abkommandierte, die ohne jeglichen Schutz in den Blitz schauen mussten. Und das so nahe am Explosionsherd, dass sie alle stark verseucht wurden. Zuerst machte sich das durch Zahnfleischbluten bemerkbar, dann fielen ihnen die Haare aus und sie verloren an Gewicht. Viele seien gestorben.
    »Einmal ereignete sich ein Unfall auf einem der Atom-U-Boote. Der Reaktor schmolz durch oder fast durch. Irgendwie konnten sie die Glut noch in den Griff bekommen. Dann aber mussten Freiwillige her, die das Boot zu demontieren und zu reinigen hatten. Da es jedoch keine Freiwilligen unter den Soldaten gab und man es ihnen aus bestimmten Gründen nicht befehlen wollte, das mit den Explosionen und ihren verstrahlten Kollegen hatte sich herumgesprochen, griff man sich einfach Strafgefangene. So auch mich. Wir bauten dann die hoch verstrahlten Teile aus. Gut, sie gaben uns mit Metall beschichtete Schutzanzüge und einen Helm mit einer Glasscheibe, aber viel geholfen haben wird das nicht.«
    »Wo habt ihr das Zeug hingebracht?«
    »Hingebracht?« Klimkow lachte. »Über Bord ins Eismeer geworfen. Da, wo schon so vieles Tag und noch vieles hinzugekommen ist.«
    »Aber wieso Spionage?«
    »Kommt gleich. Weil mein Verhalten, das Wegräumen des verseuchten Mülls, im höchsten Maße dem Sozialismus gedient hat, ließ man mich vorzeitig frei unter der Auflage, meine bisherige Tätigkeit weiter auszuüben, also das Reinigen von verstrahlten Booten. Dabei sind mir ... zufällig gewisse Papiere in die Hände gefallen.«
    »Was steht in ihnen?«
    Wieder ein Blick zu den anderen Barackeninsassen, die Karten spielten. Klimkow beugte sich vor, bis er Alexander ganz nah war. »Das militärische Vorgehen bei einem Angriff der Amerikaner und die Taktik, falls man selbst einen Erstschlag beabsichtigte. Dazu Pläne der Boote mit allen Einrichtungen. Nicht zu vergessen die geheime Route ganz im Osten, nördlich von Japan. Da muss es was enorm Wichtiges geben.«
    Alexander sah Klimkow zweifelnd an. »Das Tag einfach so nun?«
    »Natürlich nicht. Jedes Boot hat einen Safe. Den können unter bestimmten Umständen und auf Anweisung aus Moskau nur zwei Männer öffnen, der Kapitän und sein Stellvertreter. Da die aber aus verständlichen Gründen nicht runter wollten, schickte man zwei sogenannte Freiwillige. Und die haben unterwegs dummerweise die Papiere verloren. Ja, verloren, das könnte man sagen. Dann legten sie ein Feuer und behaupteten, alles sei verbrannt.«
    »Was ist mit den beiden geschehen?«
    »Erschossen.«
    »Und warum bei dir fünfzehn Jahre?«
    »Weil ich Mitwisser war. Von den Papieren haben die keine Ahnung, man hat mich ja auch erst eine Woche nach dem Vorfall verhaftet. Alle Beteiligten wurden verhaftet und zu fünfzehn Jahren verurteilt. So einfach ist das.«
    »Die beiden Freiwilligen, das waren Blatnoij?«
    »Richtig. Deren oberstes Prinzip bestand darin, es dem Staat zu zeigen. Sie haben ihn sabotiert, wo sie nur konnten. Ihnen war es eine Ehre, dafür in den Tod zu gehen.«
    »Und du warst deren ...«
    »Auch richtig.«
    »Bist du wirklich ein Blatnoij?«
    »Was spielt das für eine Rolle? Ich bin groß und stark, kann mich gegen jeden durchsetzen. Und ich bin brutal geworden, brutaler als alle anderen. Insgesamt sechs habe ich bisher in den einzelnen Lagern

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