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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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sie nicht verarbeiten, weil es keinen Nachschub mehr gäbe. Sie mit den ersatzweise produzierten sowjetischen verbinden ginge auch nicht, die seien nämlich kurioserweise im Durchmesser genau um die Materialstärke kleiner.
    »Hat da jemand in Moskau bei der Planungsbehörde Innen-und Außendurchmesser verwechselt?« scherzte Alexander, obwohl ihm nicht danach zumute war, denn unvermittelt schlug sein Gehirn eine Brücke zwischen diesen Rohren und Hellen. War es den westdeutschen Firmen inzwischen gelungen, die Verträge mit der Sowjetunion zu erfüllen? Um sich abzulenken, besah er sich ausführlich die Ausrüstung.
    Als man Pagodin und Alexander mitteilte, mit Schwellen sehe es schlecht aus, fragte Alexander, ob er die Rohre verwenden dürfe. Zwar konnte sich niemand vorstellen, was er damit beabsichtigte, aber wenn es für die Materialbahn sei, stünde dem nichts entgegen. Wieder in SIB 12, erklärte Alexander den Strafgefangenen seinen Plan.
    »Wir legen zwei Reihen Rohre in den Boden, schweißen die Schienen einfach obendrauf und regulieren den Abstand mit anderen Metallteilen. Davon haben wir genug. Nur an Holz fehlt es.«
    Alle waren skeptisch. Alexander auch, aber das wichtigste Argument war, sie sollten eine Bahn für den Nachschub bauen und keine für den Reiseverkehr. Materialzüge brauchten nur zwanzig Kilometer schnell zu sein. Sie mussten funktionieren und sollten keinen Schönheitspreis gewinnen.
    »Und außerdem können war in den Rohren Wasser hierher bis ins Lager leiten. Im Winter friert es und verleiht der Bahn Stabilität, im Sommer kühlt das Wasser die Rohre und verhindert, dass der Boden aufgewärmt wird und die Bahn im auftauenden Dauerfrostboden versinkt.«
    Das leuchtete allen ein. Alexanders Vorhaben wurde von Truz 16, die gefragt werden mussten, weil sie das Material stellten, abgesegnet.
    Als der erste Kilometer in Angriff genommen wurde, dazu musste zuerst mit den schweren Raupenfahrzeugen eine Trasse freigelegt und planiert werden, landete ein Fernsehteam, unter ihnen eine Frau, und machte Aufnahmen.
    Pagodin und Alexander erschraken, denn sie dachten zuerst, das Rote Kreuz sei nun doch noch eingetroffen. Als man die beiden später zu einem Interview bat, nutzten sie die Gelegenheit der Propaganda, von deren nicht zu unterschätzender Wirkung Alexander vor Wochen bei dem Versuch, Pagodin zu begeistern, gesprochen hatte. Aufs Positivste stellten sie die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Insassen und Aufsichtspersonal heraus. Nicht zu vergessen sei die Unterstützung des Oblast Westsibirien und die Kooperation mit Truz 16.
    Als Galina, so hieß die knapp dreißigjährige Reporterin, nahe an Alexander herantrat, roch dieser seit langer Zeit wieder einmal den betörenden Duft eines Parfüms. Er schloss die Augen und hätte immer nur schnuppern können. Übermächtig wuchs in ihm der Wunsch, den Frauenkörper zu berühren. Weil ihm das aber Unannehmlichkeiten eingebracht hätte, klammerte er sich am Stuhl fest und wirkte wie eine Statue.

    Die Arbeit am Bahnkörper, etwa einen Meter tief im Boden, war hart. Schwer und wie zum Trotz schwarze Abgaswolken ausstoßend, kämpften die Raupenfahrzeuge gegen den gefrorenen Untergrund. Manche Kette riss und musste repariert werden. Da es an Steckbolzen, die die einzelnen Glieder miteinander verbanden, mangelte, schweißte man die Teile einfach zusammen.
    Die Rohre arretierte man auf der neuen Sohle, um sie herum wurde Aushub angeschüttet und verdichtet. Abstandshalter sollten verhindern, dass die Hohlkörper ihre Lage veränderten. Anschließend schweißte man die Schienen obendrauf und alle zwei Meter einen Eisenstab als Querverbindung.
    Die Bahn bestand ihre Jungfernfahrt mit Bravour, der Geschwindigkeit von vierzig Kilometern pro Stunde hielt sie stand. Ausführlich wurde die neue Technik in verschiedenen Fachzeitschriften besprochen, und die Häftlinge konnten nach der Schneeschmelze noch einen angenehmen Nebeneffekt genießen: Das durch die Rohre fließende Wasser wurde weiter bis ins Lager geleitet und diente im Sommer zum Waschen und zu vielem mehr. Gleichzeitig brauchte die Lagerbrigade die Rückstände aus den Toiletten nicht mehr per Hand einzusammeln und in tiefe Löcher verschwinden zu lassen, jetzt wurde alles weggespült. Allerdings hatte Pagodin nicht vergessen, genau an der Stelle, an der der kleine Fluss aus dem Lager trat, eine doppelte Lage Stacheldraht anbringen zu lassen.
    Schlagartig, nach einer knappen Übergangszeit von

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