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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Stimmungsumschwung. »Zehn Flaschen Wodka, wenn du mir für das Gas eine Lösung anbietest.«
    Alexander sah den Natschalnik an. Ihm zuliebe würde er es bestimmt nicht tun, obwohl sie voneinander abhängig waren. Was ihn reizte, war nicht der Wodka, sondern die Aufgabe. Und mit jeder Aufgabe, die er bewältigte, bestätigte er sich vor sich selbst. Außerdem kam ihm dann die Zeit, die er noch abzusitzen hatte, nicht so lang vor.
    Auf Alexanders Wunsch wurden eines der sowjetischen und ein deutsches Rohr nach SIB 12 transportiert. Dann forderte er seine Männer auf, zwei Scheiben von je einem Meter Länge vom deutschen Rohr abzuschneiden. Als das geschehen war, ließ er das sowjetische aufbocken. Zuerst versuchten die Sträflinge mit vereinten Kräften, den größeren deutschen Ring über das sowjetische Rohr zu schieben. Als das nicht gelang, probierten sie es mit wuchtigen Hammerschlägen. Das funktionierte nicht, irgendwo verhakte sich das Metall. Vielleicht stand auch nur ein Metallgrat über, und schon war es unmöglich. Auch Einfetten mit Wagenschmiere, sonst Allheilmittel für jeden Zweck, versagte in diesem Fall.
    »Du willst über jede Naht ein deutsches Stück ziehen?«
    »Genau, Klimkow. Und dann verschweißen.«
    Wenige Nächte später glaubte Alexander die Lösung gefunden zu haben. Am folgenden Morgen mussten die Mitgefangenen unter seiner Anleitung einen deutschen Ring aufwärmen, der sich anschließend problemlos über das sowjetische Rohr schieben ließ. Nach dem Erkalten saß der Ring unverrückbar fest.
    »Eine Schwierigkeit könnte es geben. Die Schweißnähte dürfen nicht überstehen, wo das der Fall ist, müssen sie begradigt werden.«
    Die Erdgaspipeline wurde in Angriff genommen. Vierzig Kilometer, so lautete die Vorgabe. Alle zwanzig Meter, so viele deutsche Rohre waren noch vorhanden, kam ein Ring von einem Meter genau über die Stoßstelle zu hegen und wurde mit den drunterliegenden sowjetischen Rohren verschweißt, um diese am Aufplatzen zu hindern.
    Wenn ein Plan erst einmal anlief und Material in genügender Zahl vorhanden war, dann konnte der sonst starre Apparat ungemein schnell reagieren. Weitere fünfzehn Brigaden Strafgefangene wurden »geliefert« - so lautete der Fachausdruck, als handelte es sich um eine Ware -, die in neu errichtete Baracken einzogen, sich über die wundersame Unterkunft und über die traumhafte Verpflegung freuten. An vier Stellen zugleich hatte man mit dem Bau der Erdgasleitung begonnen, und in Alexanders Abschnitt flutschte die Arbeit nur so von der Hand. Ende September war er mit den ersten drei Kilometern fertig, die anderen Sektionen meldeten nach und nach die Beendigung ihres Bereichs. Alle fünf Kilometer installierte man eine Druckstation. Leider würde die beabsichtigte Menge an Gas nicht durchgehend verschickt werden können, weil die Schaufelräder der sowjetischen Turbinen, die für den Druck zuständig waren, die Hitze nicht verkrafteten. Obwohl man das wusste, wurde einfach weitergebaut, als löste sich das Problem von selbst. Bereits Ende Oktober schoss das Gas durch die Leitung bis zur zentralen Verteilungsstelle östlich von Berjosowo.
    Genauso schnell, wie der Apparat zu Beginn des Unternehmens reagiert hatte, reagierte er auch jetzt, gleich nach Beendigung des Projekts. Die meisten Strafgefangenen wurden wieder abgezogen, mit Ausnahme der im Sommer neu hinzugekommenen. Alexander und seine Brigade durften bleiben, auch Klimkow, der kräftige Blatnoij oder was immer er war, da Pagodin sich für ihn eingesetzt hatte. Aber Semja, der Holzdieb, musste gehen, ebenfalls Aljoscha, der so schöne Gedichte aufsagen konnte und mit dem Alexander sich oft unterhalten hatte. Aljoscha, der so ungemein belesen war, kannte sich auch gut in der westlichen Literatur aus. Besonders der Autor Ed Elkin, betonte er am letzten Abend ihres Zusammenseins, habe es ihm angetan.
    »Wirst du ein neues Buch schreiben, wenn du frei bist?«
    Aljoscha sah Alexander an, als müsse der verwirrt sein.
    »Hast du immer noch nicht kapiert, was los ist? Das Regime kann nur funktionieren, wenn es die Oppositionellen und diejenigen, die anderer Meinung sind, krepieren lässt.«
    »Du bist verbittert.«
    »Du etwa nicht? Nimmt man dir denn nicht das Wichtigste im Leben?«
    »Das Leben ist das Wichtigste«, entgegnete Alexander und dachte an Rassul.
    »Richtig, da gebe ich dir recht. Aber um zu leben, musst du auch frei sein.«
    »Und was tun wir? Leben wir etwa nicht?«
    »Zuerst

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