Der König von Sibirien (German Edition)
Schlafstelle aus Fellen, in einer Ecke aufgeschichtetes Brennholz, vor den Wänden mit Schnitzereien verzierte Holzkisten, gefüllt mit Gebrauchsgegenständen. Schüssel und Teller aus Holz, sie sahen schon älter aus, und übergroße Löffel, wie für Riesen angefertigt. Waren die Menschen in der Zwischenzeit geschrumpft? Im Gegensatz dazu kam ihm das Bett relativ klein vor. Alexander würde nur gekrümmt liegen können.
»Auf dem Schlitten ist genug zu essen und zwei Flaschen. In den Kisten findest du Dörrfleisch und einige Konservendosen aus amerikanischen Beständen. Ich lasse alles hier, auch den kleinen Schlitten. Du kannst ein paar Tage bleiben. Ich weiß allerdings nicht, wie lange du an diesem Ort in Sicherheit bist. Von der Hütte wissen nur wenige, aber das hat nichts zu bedeuten. Und noch etwas: Mach nur in der Nacht ein Feuer.«
Litvius blieb eine halbe Stunde, wärmte sich an dem gusseisernen Ofen und verabschiedete sich dann. »In drei Tagen komme ich wieder. Wenn du vorher gehen willst, ich überlasse es dir.«
Die Öllampe verbreitete genügend Helligkeit, um sich in der Hütte zurechtzufinden. Sie war aus dicken Brettern errichtet, die Zwischenräume hatte man mit einer weißen rauen Paste zugekleistert, die überall gerissen war. Kalk mit Stroh gemischt, vermutete Alexander. Das Satteldach bestand aus übereinander geschichteten Brettern, an denen noch die Borke zu sehen war. Auch hier hatte man die Ritzen abgedichtet. Abgesehen von der Tür gab es auf der gegenüberliegenden Seite noch ein kleines Fenster.
Alexander wunderte sich über den Holzboden, ein Luxus so hoch im Norden. Und über die vielen Felle von Bären, Wölfen und Rentieren. Sie hingen an den Wänden oder lagen auf der Schlafstelle.
In einer Kiste fand er Spezialmesser mit Griffen aus Hirschgeweih zum Häuten der erlegten Tiere. Daneben Tag ein Schabeisen, um das restliche Fleisch vom Fell abzukratzen, bevor man es zum Trocknen aufhängte. Zuunterst entdeckte er auch ein Gewehr mit der dazugehörigen Munition. Er nahm es heraus, lud es durch und lehnte es an die Wand.
Müde von all den Strapazen, legte er sich hin und überlegte. Soll das immer so weitergehen? Nur noch auf der Flucht? Ein ganzes Leben lang? Aber besser auf der Flucht als in einem Lager, sagte er sich. Unruhig wälzte er sich im Schlaf hin und her.
Am kommenden Tag gab es für wenige Stunden strahlenden Sonnenschein. Alexander erkundete die Umgebung und fand Spuren von Tieren im Schnee. Da er keine Ahnung vom Fährtenlesen hatte, konnten sie alles und nichts bedeuten.
Nachts hörte er einmal ein Brummen und Röhren. Alexander erschrak. Ob das Rentiere waren? Oder sogar ... nein, Elche lebten weiter im Süden, am Übergang von Tundra und Taiga, der Nadelwaldregion. Und Bären würde es hier kaum geben, Wölfe auch nicht. Aber sicher war er sich nicht.
Ohne dass er ihn hatte kommen hören, stand Litvius mittags in der Tür. Sein Gesicht war bedrückt.
»Sie wissen, dass du in der Stadt warst«, sagte er, während er seine Jacke auszog. »Ich habe das Gerücht verbreiten lassen, du seiest nach Süden verschwunden. Hoffentlich nützt es was.«
Sie tranken Tee und anschließend Kaffee, den Litvius außer einigen anderen Dingen mitgebracht hatte.
»Bist auf der Hut, was?« Litvius deutete auf das Gewehr. »Kannst es mitnehmen.«
»Danke.«
»Ich habe dir zu danken. Die Papiere sind sehr wichtig für mich. Hier, stecke das Geld ein. Auch ein paar Dollar. Falls du auf Nomaden stößt, die nehmen kein Geld. Mit denen kannst du nur tauschen und handeln.«
Alexander sträubte sich, aber Litvius ließ das Bündel Banknoten später, als er ging, einfach liegen.
»Am besten machst du dich morgen auf den Weg. Ich traue dem Frieden nicht.«
»In welche Richtung?«
»Zuerst nach Osten, später nach Süden..«
»Was ist mit Ust-Port? Markus hat gesagt, dort kann man sich einschiffen.«
»Doch nicht jetzt im Winter. Ist alles zugefroren. Da kommst du frühestens im April weg.«
Nach einer Weile meinte der Lette: »Aber Ust-Port ist keine schlechte Idee. Dann bist du gleich am Jenissei, und den kannst du im Sommer flussauf benutzen.«
»Was ist mit der Miliz?«
Sie unterhielten sich lange. Litvius machte ihm das Angebot, später einmal, wenn sich alles gelegt haben sollte, mit ihm Kontakt aufzunehmen, falls er irgendwelche Dinge zum Kauf anzubieten habe oder etwas benötige. Er könne ihm alles besorgen.
»Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann glaube ich nicht,
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