Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Manfred Kaspar wünscht Sie zu sprechen.“
Der eigentümliche Name ließ eine leise Klingel in seinem Gedächtnis läuten, aber er kam nicht gleich darauf, mit wem er es zu tun hatte.
„Der Herr ist vom Bundeskriminalamt“, half die Empfangsdame aus.
Stadler erinnerte sich. Kaspar, ein kleiner, stämmiger Typ mit nervösem Blick. Der Kriminaler hatte ihm bei der Erneuerung der Präsidentensuite beratend zur Seite gestanden. Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen waren in enger Abstimmung mit den Experten des BKA vorgenommen worden. Kaspar hatte damals das dreiköpfige Beratungsteam geleitet und war ihm mit seiner technikverliebten Art gehörig auf die Nerven gegangen. Bestimmt war dem Technikfreak ein neues Spielzeug eingefallen, das nicht unbedingt die Sicherheit der Gäste, jedoch gewiss die Kosten der Suite erhöhen würde. Stadler fügte sich in das Unvermeidliche und ließ sich den Polizeibeamten durchstellen.
Nach einer knappen Begrüßung kam der Anrufer sofort zur Sache: „Offen gesagt, Herr Direktor, ist mir der Anruf etwas peinlich.“
Stadler runzelte die Stirn. Diese Seite des Polizisten kannte er noch gar nicht. „Um was geht es denn?“
„Ich, äh, ich meine wir, das heißt, das BKA …“ Kaspar schluckte verlegen und hielt einen Augenblick inne, um sich zu sammeln, bevor er erneut ansetzte. „Also, wir haben damals bei der Renovierung der Suite ein, äh …“, wieder räusperte er sich, „… und das auch nur zu Ihrer Sicherheit selbstverständlich, also wir haben ein Sicherheits-Backup des Generalcodes vorgenommen.“
Stadler fiel fast die Zigarre aus der Hand.
Hatte er richtig gehört? Der Generalcode war kopiert worden? Das BKA hatte sich heimlich die streng geheime Codierung des Adlon überspielt?
Bisher war er fest davon überzeugt gewesen, dass der Generalcode einzig und allein auf der Chipkarte gespeichert war, die im Tresorraum unterhalb der Lobby lagerte und nur vom wachhabenden Sicherheitsbeamten zusammen mit ihm als Direktor oder seinem Stellvertreter benutzt werden durfte. Die Chipkarte stellte eine Art universelles Sesam-öffne-dich für sämtliche Einrichtungen und Räume des Hotels dar. So war es in Notfällen möglich, jede Tür des Adlon zu öffnen. Die Karte war eigens mit einer winzigen batteriebetriebenen Stromquelle ausgerüstet, damit die elektronischen Schlösser auch bei Stromausfall aktiviert werden konnten. Stadler nannte den Chip daher nur die „Katastrophenkarte“ und war heilfroh, dass er sie nie hatte benutzen müssen. Ihn packte die Wut. Wie konnte er bloß so naiv gewesen sein, dem BKA zu vertrauen? „Was fällt Ihnen eigentlich ein, einfach so unsere Daten auszuspionieren!“, schrie er ins Telefon.
„Beruhigen Sie sich doch, Herr Direktor. Es geschah nur zu Ihrer Sicherheit, für den Fall eines Brands oder Erdbebens.“
„Wenn es brennt, ruft man gewöhnlich die Feuerwehr und nicht das BKA. Und Erdbeben gibt es nicht in Berlin. Sie haben unseren Sicherheitscode geklaut!“
Stadler war außer sich, er würde noch in der nächsten halben Stunde den Code ändern lassen. Und dann käme das BKA an die Reihe! Morgen würde ganz Deutschland von dem Skandal wissen, das schwor er sich!
„Das Bundeskriminalamt ist keine Diebesbande“, bemerkte der Beamte ungehalten.
„Ich will die sofortige und vollständige Löschung sämtlicher bei Ihnen gespeicherter Daten über das Adlon, und zwar unter Aufsicht eines EDV-Teams und eines Notars. Haben Sie mich verstanden?“
„Das werden wir selbstverständlich umgehend arrangieren. Aber es gibt noch ein kleines Problem.“
Stadler merkte, wie sich ihm der Magen zusammenzog. Was hatten die Wahnsinnigen aus Wiesbaden noch mit seinem Hotel angestellt?
„Reden Sie, Mann!“
„Es gab heute Abend eine Direktabfrage beim BKA-Zentralcomputer.“ Kaspar hielt inne.
Stadler legte die brennende Havanna auf die Glasplatte des Schreibtischs und wischte sich den Schweiß von der Stirn.„Ja, und was ist passiert? Nun sagen Sie es schon!“
„Der Generalcode war durch ein extrem hohes Sicherheitslevel geschützt. Nur die allerhöchste Führungsebene des Bundeskriminalamts hat hierfür eine Zugangsberechtigung.“
„Trotzdem hat ihn jemand geklaut“, mutmaßte Stadler, wissend, dass das Adlon damit in die größte Krise seit der Neueröffnung 1997 gestürzt wurde.
„Ja.“ Der Polizist schluckte. „Wir können es uns nicht erklären“, gab er kleinlaut zu. „Der Hacker hat sämtliche Sicherheitsbarrieren
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