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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Weiss
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der führte ins Erzgebirge.“ Sie massierte sich mit einer Hand den Nacken und steuerte den Jaguar mit der anderen. „Wegen der Tiefflieger konnte Poss mit seinen Leuten nur in der Dunkelheit fahren, und da die Straßen mit zurückdrängenden Wehrmachtskolonnen und Flüchtlingen verstopft waren, war es nicht möglich, weite Strecken zurückzulegen. Da bot sich das nicht weit entfernte Erzgebirge mit seinen unendlichen Versteckmöglichkeiten in Tausenden von Stollen und Schächten an. Außerdem stammte Poss aus dieser Region und kannte die Gegend in- und auswendig. Sein Stab saß noch immer ganz in der Nähe, in Johanngeorgenstadt nahe der tschechischen Grenze. Und nicht zuletzt lässt der geplante Abtransport der Ladung innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Nächten auf ein nahe gelegenes Ziel schließen, sonst wäre die Hin- und Rückfahrt kaum in einer Nacht möglich gewesen. Maximal 150 Kilometer Entfernung, mehr konnte man nach Kalkulation der Stasi in einer Nacht nicht anpeilen. Die Ostagenten gingen fest davon aus, dass Poss und Ryst das Bernsteinzimmer im Erzgebirge versteckt haben. Aber die Spur ist heute so heiß wie die Region im Winter“, sagte Zoé mit müder Stimme. „Das Gebiet gleicht einem riesigen Schweizer Käse, der von unzähligen Schächten, Hohlräumen und Stollen durchzogen ist. Ein gigantisches Tunnellabyrinth, in dem sich die Bernsteinzimmerzunft mittlerweile heillos verirrt hat.“
    „Tja, selbst wenn es von Poss und Ryst vorübergehend in irgendeinem dunklen Loch im Erzgebirge versteckt worden ist, muss es ja heute nicht mehr dort sein. Wir wissen nur, dass es vermutlich noch rechtzeitig aus Königsberg herausgeschleust wurde und wahrscheinlich über Bernterode und Weimar bis ins Erzgebirge reiste – aber auch dafür fehlt uns der letztgültige Beweis.“
    „Sie haben recht. Denn seit das Bernsteinzimmer im Sommer ’44 in Kisten verpackt worden ist, hat keiner der angeblichen Zeugen es mehr gesehen – alle sprechen nur von ungefähr vierzig geschlossenen Kisten.“
    „Die Legende scheint wie das Hütchenspiel zu funktionieren.“ Parker trank seinen kalten Kaffee aus. „Hoffentlich liegt überhaupt eine Erbse unter dem Hütchen.“
    Plötzlich scherte vor ihnen ein wesentlich langsameres Fahrzeug auf die linke Spur aus, um einen Lastwagen zu überholen. Parker stockte der Atem. Doch Zoé stand schon mit Macht auf der Bremse und setzte ungerührt hinzu: „Das werden wir in den Alpen erfahren.“

Kapitel 27
    Benommen und bestürzt von dem Anruf legte sie den Hörer auf die Gabel des altmodischen Telefons mit der abgenutzten Wählscheibe. Einige Sekunden blieb ihr Blick noch auf ihrer Hand haften, die über der Gabel lag, und verlor sich in den unzähligen Altersflecken auf der Haut. Schwer, als ob Tonnen auf ihr lasteten, hob sie den Kopf und schaute in den Spiegel über dem Telefontischchen. Ihre weißen Haare waren zu einem Dutt zusammengebunden. Das Gesicht war faltig und runzelig geworden, musste sie zugeben, aber die hohen Wangenknochen verliehen ihr auch im Alter eine besondere Anmut. Ratlos blickte sie in die blauen Augen, die ihren Glanz behalten hatten. Wie lange hatte er sich nicht mehr gemeldet? Zehn Jahre, zwanzig Jahre? Ihr Herz hatte höher geschlagen, wie bei einem jungen Mädchen, als sie seine Stimme erkannt hatte – trotz des unüberhörbar besorgten Klangs darin.
    „Keine Namen!“, hatte er statt einer Begrüßung gesagt. „Du musst sofort verschwinden, fahr weg, tauch irgendwo unter – am besten verlässt du Europa.“
    Sie hatte versucht, mit ihm zu reden, hatte wissen wollen, wie es ihm in den letzten Jahrzehnten ergangen war, aber er hatte ihr brüsk das Wort abgeschnitten. „Verlass das Haus! Jetzt! Alles Weitere erkläre ich dir später, du erreichst mich wie besprochen.“
    Wie besprochen, dachte sie, und ihr Mund verzog sich unwillkürlich zu einem schiefen Lächeln. Anfang der 1950er Jahre hatte er ihr eine Schweizer Postfachnummer genannt – den Zettel mit der Nummer bewahrte sie seitdem in ihrem Portemonnaie auf wie einen Talisman.
    „Warum soll ich fliehen?“
    Sie hörte, wie er am Telefon nach Atem rang. „Er wird dich suchen.“ Mehr sagte er nicht, aber sie wusste sofort, was und wen er meinte.
    „Ich habe keine Angst mehr vor ihm.“
    „Bitte sei vernünftig.“ Er hielt inne. „Wir haben schon zu lange geredet, sie können uns jetzt gleich orten – ich lege auf.“ Aber er legte nicht auf. Sie hörte seinen schweren Atem. „Du

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