Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
machte dann eine einladende Handbewegung: „ Et voilà, ein weiteres Geschenk vom Phantom. Ich habe es vorgestern im Briefkasten gefunden und eingescannt.“
Parker erkannte eine Wanderkarte, auf der mit einem blauen Filzstift ein Weg eingezeichnet war, der sich endlos in die Valepper Bergwelt hineinzuschlängeln schien.
„Schauen Sie mal, da!“ Sie scrollte die Karte nach oben, und nun erkannte er es auch. Zoés Kontaktmann hatte eine Nachricht auf die Karte geschrieben. In krakeliger Schrift war dort zu lesen:
Das Treffen muss unbedingt übermorgen stattfinden. Fahren Sie zum Forsthaus Valepp beim Spitzingsee und folgen Sie genau dem eingezeichneten Weg in Richtung Tiroler Grenze. Gehen Sie morgens um acht Uhr los. Folgen Sie genau dem Weg. Es kann Stunden dauern, aber wir werden uns treffen.
„Er lässt uns laufen, damit er uns beobachten kann“, sinnierte Parker, „um sicherzugehen, dass wir allein sind. Einfacher wäre es allerdings gewesen, wenn er uns mit Hilfe des Handys zu einem bestimmten Ort gelotst hätte.“
„Das Handy ist hin. Ich habe es in Stücke gehauen.“ Zoé lächelte und setzte hinzu: „Mit meinem Küchenbeil.“ Sie vertilgte den Rest des Croissants und zuckte mit den Schultern. „Er hat gesagt, ich soll es zerstören, wegen des Senders, verstehen Sie?“
„Ja“, sagte er geistesabwesend. Irgendwie ging ihm das alles ein bisschen zu einfach. „Finden Sie es nicht merkwürdig, dass unser Phantom erst alles dafür tut, um unerkannt zu bleiben, und sich dann plötzlich sogar persönlich mit Ihnen treffen will?“
„Vielleicht.“ Sie runzelte die Stirn. „Andererseits habe ich auch ziemlichen Druck gemacht. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf seine seltsame Schnitzeljagd, die ohnehin zu nichts geführt hat.“ Zoés Augenbrauen zogen sich verärgert zusammen. „Ich habe ihm klipp und klar gesagt, dass ich nicht mehr weitermache, wenn nicht bald eine Zusammenkunft stattfindet und er nicht endlich einen echten Beweis für die Existenz des Bernsteinzimmers liefert.“
Parker blieb skeptisch. „Und darauf ist er einfach so eingegangen?“
„Na ja. Zuerst hat er nur abgewiegelt und wollte nichts von einem Treffen wissen, aber vorgestern lag dann plötzlich die Karte in meinem Briefkasten. Kurz danach hat er mich sogar angerufen. Er schien sehr nervös zu sein. Er wollte, dass ich Berlin sofort verlasse und nach Bayern fahre.“
„Hat er gesagt, warum?“
Sie schüttelte den Kopf. „Er hat behauptet, er wolle nur sicherstellen, dass ich übermorgen in Bayern bin. Er meinte, dass das Treffen nicht mehr verschoben werden könnte.“ Unverständnis zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Als ob zwei Tage nicht ausreichen würden, nach Bayern zu fahren.“ Sie holte kurz Luft. „Ich glaube, es ging ihm in Wirklichkeit um etwas anderes.“
Diesen Gedanken hatte er auch. „Offensichtlich wollte er Sie aus der Schusslinie bringen.“
„Ja.“ Sie biss sich auf die Lippe und atmete angestrengt durch die Nase.
Sorgfältig studierte er nochmals die Karte, die aber keine weiteren Hinweise zu enthalten schien. „Ich habe noch eine Frage.“
„Und die wäre?“
„Was hatte Anne eigentlich mit der Suche nach dem Bernsteinzimmer zu tun? Ich meine, was war der genaue Auftrag, den Sie ihr erteilt hatten?“
Zoé atmete tief ein und stieß die Luft ruckartig wieder aus. „Anne sollte mich juristisch absichern. Vor allem für den Fall, dass ich ein Teil des Bernsteinzimmers in Besitz nehmen kann. Hören Sie, ich bin Kunstjournalistin, ich will mit dem Material an die Öffentlichkeit gehen, und zwar ohne mir gleich eine Untersagungsverfügung oder Ärger mit den Behörden einzuhandeln.“ Sie nahm ein weiteres Croissant aus dem Brötchenkorb. „Ich habe doch keine Ahnung, wie so etwas rechtlich funktioniert. Vielleicht geht auch irgendetwas schief. Da wollte ich auf jeden Fall Anne dabeihaben, als Hilfe, aber auch als Zeugin. Keiner sollte später behaupten können, ich hätte etwas aus dem Bernsteinzimmer für mich behalten oder wollte sonst was damit tun.“
„Klar.“ Seine Stimme hatte jeden Klang verloren.
„Also habe ich Anne, nachdem ich die Bücher vom Küchentisch gelesen hatte, in alles eingeweiht – und sie um Hilfe gebeten.“ Als sie das Hörnchen in Stücke riss, spürte sie das Zittern ihrer Lippen. Tränen rollten über ihre Wangen. Sie schmeckten nach Salz, als sie ihren Mund erreichten. Sie schluckte schwer und blickte ihn an. „Es tut mir so leid!“
Sanft
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