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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Weiss
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hatte den Auftrag, das Bernsteinzimmer zu verstecken.“ Parker schüttelte ungläubig den Kopf. „Vielleicht haben Poss und Ryst das Bernsteinzimmer in Bernterode übernommen?“
    Zoé lenkte den Wagen in eine langgezogene Kurve hinein, ohne den Fuß nur einen Millimeter vom Gas zu nehmen. „Die Stasi hat versucht, den geheimnisvollen Transport zu rekonstruieren. Von Bernterode bis Weimar konnte man es im Februar 1945 in wenigen Stunden schaffen. Es war also theoretisch möglich, das Bernsteinzimmer in Bernterode in Empfang zu nehmen und noch am gleichen Tag unversehrt nach Weimar zu bringen.“
    Eine Vielzahl von Gedanken ging Parker durch den Kopf. Er versuchte, die Zusammenhänge zu begreifen. Warum hatte das Foch’sche Geheimkommando unter der Leitung von Poss und Ryst entgegen dem ursprünglichen Befehl das Bernsteinzimmer nicht in Bernterode eingelagert? Handelten hier zwei Nazi-Chargen kurz vor Kriegsende auf eigene Faust? War es wirklich das Bernsteinzimmer, das sich auf den Lastern von Poss und Ryst befand? Und was wollten die beiden bloß in Weimar? Das Landesmuseum war doch kein sicherer Ort für die Beute des Gauleiters.
    Gleichzeitig drangen Zoés Worte an sein Ohr. „Die Stasi hat die Sache damals vermasselt. Obwohl Albert Poss noch lebte, hat man ihn nicht verhört. Aus unerklärlichen Gründen ist das Interesse an Rudi Ryst und damit auch an der Spur, die Poss und Vater Ryst hinterlassen hatten, damals schnell wieder erloschen. Erst in den Achtzigern nahm ein DDR-Oberst im Geheimauftrag von Erich Mielke die alte Fährte wieder auf. Doch da war nicht nur Gustav Ryst, sondern auch Albert Poss bereits verstorben.“
    „Und die Stasi hat nichts über die beiden herausfinden können?“
    „Doch, schon. Ryst und Poss bildeten ein Gespann, das ungleicher nicht hätte sein können. Während Poss zur nationalsozialistischen Elite gehörte, hochintelligent war und blendend aussah, kam Ryst aus einfachen Verhältnissen. Ein ehemaliger Postbote, dem es unter nicht geklärten Umständen gelungen war, einen atemberaubenden Aufstieg in der SS hinzulegen – wie es scheint vor allem wegen seiner Qualitäten als brutaler Vollstrecker des Willens seines Herrn Erich Foch. Schon als SA-Schläger hatte er sich den Ruf erworben, vor keinem schmutzigen Auftrag zurückzuschrecken. Foch hielt sich Ryst als eine Mischung aus Leibwächter und Mann für besondere Einsätze. Poss hingegen war offiziell Standartenführer im Nationalsozialistischen Fliegerkorps und leitete den sächsischen Ableger der Vereinigung. Nebenbei wickelte er diskret Geheimaufträge für seinen Onkel, den sächsischen Gauleiter Martin Mutschmann, ab. Und dies offenbar so geschickt, dass man sogar in der Reichskanzlei auf ihn aufmerksam wurde: Poss erhielt den Auftrag, den Umzug von Hitlers Halbschwester von Sachsen nach Traunstein in Österreich zu organisieren – ein Nazi-Ritterschlag erster Klasse.“
    „Scheint fast so, als ob Ryst beim Transport für Foch die Rolle eines Wachhunds spielte.“ Parker war überzeugt, dass Ryst seinem Herrn bedingungslos ergeben war. Bei Poss mochte die Sache anders gelegen haben. Noch immer rumorte es in seinem Kopf, weil er den Abtransport der Fracht aus Bernterode nicht verstand. „Gibt es eine Erklärung, warum Poss und Ryst die Kisten mit dem Bernsteinzimmer – entgegen dem Befehl – nicht in den Schächten B I und B II in Bernterode verstaut haben?“
    „Es ist jedenfalls keine bekannt.“ Sie verzog nachdenklich den Mund. „Möglicherweise war Bernterode von Anfang an nur als Zwischenziel gedacht. Oder es hat eine kurzfristige Änderung des Plans gegeben.“
    „Oder es war eine einfache Fehleinschätzung der Lage.“ Er überlegte und rief sich sein Wissen über die letzten Monate des Reiches in Erinnerung. „Anfang 1945 ging die deutsche Führung in völliger Verblendung davon aus, dass die Ostfront noch lange standhalten würde. Von Thüringen aus wollten die Nazi-Oberen eine Art Rumpf-Reich befehligen. Man spekulierte auf ein baldiges Zerwürfnis der USA mit der Sowjetunion, und Himmler führte bereits in der Schweiz Geheimverhandlungen über einen Separatfrieden im Westen. Fast alle hohen Regierungsstellen, insbesondere das Führerhauptquartier und die Stäbe von SS und Wehrmacht, bereiteten schon seit 1944 ihren Umzug ins Thüringische vor. Überall wurden Schlösser, Klöster und Herrschaftshäuser requiriert, Quartiere bezogen und die Planungen vorangetrieben – die dann innerhalb weniger

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