Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Wochen zerplatzten wie Seifenblasen. Gut möglich, dass sich Foch kurzfristig für einen Unterschlupf in Thüringen entschieden hat und er daher den Transport der Raubsammlung und des Bernsteinzimmers ebenfalls in dieses Rückzugsgebiet umgelenkt hat.“
„Erwiesen ist, dass Foch sich am 24. März 1945 in Berlin mit Martin Bormann, Hitlers oberstem Kunsträuber und Erstem Parteisekretär, getroffen hat.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ob er in Berlin seine Flucht aus Königsberg vorbereitet hat?“
Parker seufzte. „Möglich.“
Sie schenkte ihm einen aufmunternden Blick aus den Augenwinkeln. „Fest steht aber, dass Poss und Ryst tatsächlich die von Foch zusammengeraffte Kunstsammlung nach Weimar gebracht haben. Das bestätigt ein Verzeichnis über die von Foch eingestellten Museumsgegenstände des Weimarer Landesmuseums. Wertvolle Gobelins, Gemälde, Porzellan, Gold- und Silberarbeiten, Münzen und sogar eine ansehnliche Zahl mittelalterlicher Schwerter und Rüstungen – alles Stücke aus der Foch’schen Sammlung.“ Sie musste grinsen. „Im Ganzen die Sammlung eines Kretins, der einfach alles geklaut hat, was ihm unter die Finger kam. So fanden sich neben Bildern von Rubens, Spitzweg, Rembrandt und anderen Alten Meistern auch der Röhrende Hirsch eines unbekannten Malers und sonstiger wertloser Krempel. Die Fracht war so umfangreich, dass die Weimaraner Lagermöglichkeiten nicht ausreichten, um alles unterzubringen. Die meisten der Stauräume waren ohnehin schon belegt, so dass die Kisten sich in den Gängen stapelten – Weimar war augenscheinlich nur eine vorübergehende Notunterkunft für die Lieferung aus Ostpreußen. Den Rest der Ladung haben Poss und Ryst im nahe gelegenen Schloss Reinhardsbrunn bei Gotha verstaut. Dort sollen allein über hundertzwanzig Kisten im Bogengang unterhalb des Ahnensaals gestanden haben.“
„Findet meine Sammlung“, wiederholte Parker die Worte des Gauleiters.
„Tja. Dank deutscher Gründlichkeit ist es den Stasi-Leuten kurz vor der Wende tatsächlich gelungen. Doch damit war das Rätsel um den Zarenschatz nicht gelöst.“ Zoé verzog den Mund. „Weder in Weimar noch in Schloss Reinhardsbrunn hat die Stasi einen belastbaren Hinweis auf die Bernsteinpaneele gefunden. Die Erklärung dafür ist wahrscheinlich recht einfach: Poss und Ryst haben einen Großteil der Ladung im April ’45 wieder abgeholt – mit unbekanntem Ziel.“ Zoé rieb sich mit der Innenfläche ihrer linken Hand über die Wangen. „Reinhardsbrunn wurde schon am 4. April von Poss und Ryst leer geräumt. Die restlichen Kisten sollten aus Weimar in drei Nachtfahrten am 9., 10. und 11. April 1945 abtransportiert werden, bezeichnenderweise mit einem Schweizer Rotkreuzwagen.“
„Eine feine Bande“, bemerkte Parker. „Wo hatten die beiden denn den Wagen her?“
„Das Rote Kreuz wartete damals in Thüringen auf die vorstoßenden US-Truppen, um bei der bevorstehenden Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald zur Stelle zu sein. Man vermutet, dass Poss und Ryst einen der Wagen aus der Flotte der Rotkreuzler geklaut haben.“ Unbewusst strich sie sich eine nichtexistente Strähne zurück hinters Ohr.
Für Parker nahm Poss’ Plan langsam Konturen an. Was er aber nicht nachvollziehen konnte, war das Timing des Fliegerkorpsoffiziers.
„Warum hat Poss bis zum April 1945 mit dem Abtransport aus Weimar gewartet? Ich meine, da waren die Amerikaner doch schon lange über den Rhein und fast in Weimar.“
„Das ist eines der ungelösten Rätsel. Am 10. April 1945, kurz nachdem Poss und Ryst die zweite Ladung aus Weimar geholt hatten, standen die GIs schon vor den Toren der Stadt. Der für den 11. April vorgesehene Abtransport des letzten Drittels der Kisten war damit für Poss unmöglich geworden. So blieb ein Teil der Foch’schen Kunstsammlung in Weimar. Auffällig ist, dass Poss und Ryst, die von den nahenden US-Truppen wussten, nicht zuerst die Kunstsammlung aus Weimar evakuiert haben – sondern den anderen, offensichtlich wertvolleren Teil der Fracht aus Reinhardsbrunn.“
„Das Bernsteinzimmer.“ Parker strich sich übers Kinn. „Spätestens am 10. April trennten sich also die Wege für die Kunstsammlung und die Bernsteintafeln. Ich frage mich nur, wohin Poss die Paneele angesichts der heranpreschenden US Army überhaupt noch schaffen konnte.“
„Darüber haben sich die Stasi-Agenten auch den Kopf zerbrochen. Im Ergebnis blieb Poss nur noch ein halbwegs sicherer Fluchtweg, und
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