Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
konnte.“ Sie umfasste das Lenkrad fester und kniff nachdenklich die Augen zusammen. „Fest steht nur, dass Gustav Ryst 1947 begraben wurde.“
Parker drehte den Kaffeebecher in seinen Händen. „Wirklich?“
Sie schmunzelte. „Was ist bei der Bernsteinzimmerlegende schon wirklich?“
„Selbst B I und B II sind vielleicht in Wirklichkeit B III.“ Parker überlegte. „Andererseits wissen wir, dass der erste Foch’sche Befehl an Gommel echt ist. Folglich gibt es vermutlich gar kein Versteck B III. Gut möglich, dass die Erinnerung Rudi Ryst einen Streich gespielt hat. Vielleicht hat er schlicht ein Komma zwischen I und II überlesen.“
„Was Sie da so lapidar aussprechen, heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass Hunderte von selbsternannten Jägern des Bernsteinzimmers seit Jahren auf der falschen Spur sind. Eine halbe Armee sucht nach dem mysteriösen Versteck B III.“
„Das könnte auch der Grund dafür sein, dass das Bernsteinzimmer bisher noch nicht gefunden wurde.“ Parker stoppte den kreisenden Pappbecher. „Die Frage ist allerdings, wo befinden sich B I und B II? Das herauszubekommen dürfte fast genauso schwer sein, wie das nicht existente Versteck B III zu finden.“
„Ja, diese Aufgabe ist ganz außerordentlich schwer.“ Sie streckte den Hals und das zierliche Kinn leicht nach vorne. Unter ihren schwarzen Wimpern erkannte Parker ein amüsiertes Funkeln. Abwartend neigte er den Kopf zur Seite.
„Nur ein über alle Maßen intelligenter Mensch kann diese Aufgabe lösen.“
„Ach ja?“ Entspannt lehnte er sich zurück in den Beifahrersitz und nippte an dem erkalteten Kaffee. „Lassen Sie sich bitte durch mich nicht stören.“
Sie lächelte. „Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Weg, den das Bernsteinzimmer ab Königsberg genommen hat.“
„Von Königsberg ging es nach Pillau auf die Pretoria und dann weiter über die Ostsee gen Westen“, sagte Parker.
„Genau gesagt, nach Swinemünde. Und von dort über Potsdam nach Bernterode bei Göttingen.“
Jetzt wurde Parker klar, was sie sich zusammengereimt hatte. „Die Spur der Hindenburgs!“ Er richtete sich auf. „Raubsammlung des Gauleiters folgt den Hindenburgs, und das Bernsteinzimmer folgt der Sammlung. Ich nehme an, die Hindenburgsärge sind später in Bernterode wieder aufgetaucht?“
„Sie haben es erraten! Keine zwei Wochen nach der Abfahrt aus Pillau sind die Sarkophage des Reichskanzlers und seiner Frau in Bernterode eingelagert worden, 572 Meter tief unter der Erde. Übrigens gemeinsam mit Friedrich dem Großen. Als Versteck dienten zwei Kalischächte, und zwar der Schacht Preußen und der Schacht Sachsen .“ Zoés Hände strichen sorgsam über das lederne Lenkrad, und sie blickte Parker vergnügt an. „In der Bergwerksverwaltung wurden die Stollen allerdings nur einfach Schacht I und Schacht II genannt.“
Jetzt war es an ihm, zu lächeln. „Bernterode I und Bernterode II. B I und B II. Kompliment.“ Anerkennend schaute er sie an. Sie schien seinen Blick nicht zu bemerken – bis sie einen verschmitzten Gesichtsausdruck aufsetzte. „Die Sache hat nur einen klitzekleinen Haken: Zwar wurden die Särge der Hindenburgs nachweislich am 9. Februar 1945 in die Kalimine von Bernterode verbracht, nur leider die Foch’sche Kunstsammlung nicht – die ist nämlich am 9. Februar ganz woanders aufgetaucht.“
Ihm fiel fast der Kaffeebecher aus der Hand. „Wo?“
„In Weimar. Jedenfalls fuhren an diesem Tag vor dem Weimaraner Landesmuseum mehrere vollbeladene Lastwagen unter der Führung eines hochrangigen Offiziers namens Albert Poss vor.“ Sie wandte sich für einen kurzen Moment zu Parker um. „Nun raten Sie mal, in welchem Auftrag Herr Poss nach Weimar gefahren ist?“
„Wieder Foch?“
„Wer sonst? Laut einer erhaltenen Notiz des Museumsdirektors hat sich Poss am 9. Februar 1945 bei diesem als Landesbeauftragter für Kulturgut-Verlagerung und zugleich als Verwalter von Gauleiter Foch-Königsberg vorgestellt.“
„Dann war Albert Poss also der mysteriöse Transportführer, bei dem sich Gommel melden sollte.“
„Ja, und das ist noch nicht alles“, sagte Zoé mit weit geöffneten Augen. „Poss erreichte Weimar nämlich tatsächlich in Begleitung eines Obersturmbannführers – der hieß allerdings nicht Gommel, sondern Gustav Ryst.“
„So wie es nach Rudi Rysts Erinnerung im Befehl an seinen Vater gestanden hatte. Damit steht so gut wie fest, dass Rudi Ryst sich nicht geirrt hat: Sein Vater
Weitere Kostenlose Bücher