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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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als er sich zu ihr umdrehte, sah er in ihr blasses, verschrecktes Gesicht. Was die dunklen Gassen nicht vermocht hatten, mit einer missverständlichen Bemerkung hatte er es geschafft.
    »Herrje, ich meine doch nicht, dass er dich fressen soll! Man könnte ja glauben, dass du noch nie einen sprechenden Bären gesehen hast.«
    Misstrauisch huschten ihre Augen von Cephei zu Urs und wieder zurück. Sie wirkte, als wäre sie bereit zur Flucht. »Bei uns gibt es die nicht. Wir kennen nur ein paar singende Vögel, die mit ihren Liedern Menschen hypnotisieren können. Die Händler aus dem Osten setzen sie oft ein, um die Leute zu den Waren zu locken.«
    »Na, jedenfalls, das ist Urs«, sagte Cephei und ging auf den Bären zu. »Er hypnotisiert keine Menschen, und fressen tut er sie auch nicht.«

    Langsam folgte Vela ihm, er konnte ihre zögernden Schritte hinter sich hören.
    »Wen hast du mir denn da mitgebracht?«, fragte Urs, während sie zu ihm auf den Holzstapel kletterten.
    »Das ist Vela. Sie ist die Tochter des Königsmechanikers. Du weißt schon, der Mann, den sie eingesperrt haben, weil er den Schlüssel verloren hat.«
    Cephei setzte sich neben Urs, gerade als Vela ihm ärgerlich gegen den Arm boxte und Urs ein erstauntes »Oh« von sich gab.
    »Du weißt doch, was für ein Vogel das war.«
    »Na, ganz genau kann man das nicht sagen«, brummte Urs, »aber wahrscheinlich ein Klippengeier. Hab mal einen in den Bergen gesehen. Sind Einzelgänger, ziemlich groß und gefährlich. Sie fressen alles, was ihnen vor den Schnabel kommt. Man muss schon sehr viel Mut haben, um sich ihnen zu nähern.«
    »Ich dachte, du könntest ihr vielleicht helfen. Sie hat gesagt, sie hätte Geld, und du suchst doch eine neue Aufgabe. Wenn die Ritter den Schlüssel nicht suchen, musst du ihn eben herbringen. In einem Jahr muss der König nämlich Velas Vater begnadigen, und das kann er ja nur, wenn er wieder aufgezogen wird.«
    »So«, sagte Urs, dann schwieg er wieder und betrachtete Vela, die ihn ebenfalls beobachtete. Der Anblick des sprechenden Bären schien ihr nicht geheuer, ganz verkrampft saß sie da und ließ Urs nicht aus den Augen. Dabei dachte Cephei, dass sie an allerlei große Tiere gewöhnt sein müsste, schließlich kam sie doch aus dem Norden, wo es die Barbakatzen gab und auch die struppigen Breitmaulbisons mit den vier Hörnern. Von wilden Schneeaffen, die Menschenkinder entführten und aufzogen, hatte er auch gehört, wie auch von Riesenwölfen. Sie musste große Tiere gewohnt sein, und Urs war noch nicht mal ein richtiges Tier.

    Nach einer Weile sagte Urs: »Das ist ja nett gemeint, Cephei, aber wie viel Geld kann ein Kind schon besitzen? Nicht, dass ich nicht helfen will, aber ich muss auch an meinen Lebensunterhalt denken …«
    Cephei und Urs sahen Vela an, die lange zögerte, bevor sie einen kleinen Beutel aus ihrem Rucksack holte, der verdächtig klimperte. Sie legte ihn vor sich, außerhalb von Urs’ Reichweite, der ihr im Schneidersitz gegenübersaß. »Ich habe genug Geld, um Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen«, sagte sie steif, und auch ihre Haltung war noch immer so verkrampft, als würde sie am liebsten davonlaufen. Immer wieder huschten ihre Augen zum Scheunentor.
    Ihr Misstrauen ärgerte Cephei. Er verschränkte die Arme und beugte sich zu ihr. »Mir hast du vorhin nicht vertraut, und jetzt packst du hier das große Geld aus? Mutig, mutig … Vielleicht mach ich ja mit dem Bär gemeinsame Sache, und gleich überfallen wir dich.« Er riss beide Arme hoch. »Buh!«
    Vor Schreck kippte Vela nach hinten und fiel fast vom Holzstapel, während sich Cephei laut lachend mit der Hand auf den Schenkel schlug.
    »Lass das, Junge!«, brummte Urs und fasste Vela an der Schulter, um ihr hochzuhelfen.
    Sie strich sich das Hemd glatt, und ihr Blick wurde trotzig. Sie sah abschätzend auf den Beutel, der zwischen ihr und Urs lag, machte aber keine Anstalten, ihn zurückzunehmen. »Sind Sie ein Ritter?«, fragte sie stattdessen.
    Urs lächelte traurig. »Nein, Mädchen, ich bin nur ein Wanderer, dem man nicht erlaubt hat, am Turnier teilzunehmen. Aber ich bin ein guter Kämpfer. Und ich fühle mich den ritterlichen Idealen verpflichtet, weil ich doch hoffe, eines Tages einer von ihnen
zu sein. Wenn sich diese leidige Sache mit dem Stammbaum geklärt hat«, knurrte er. »Na, jedenfalls kannst du du sagen, und ich würde mich geehrt fühlen, wenn ich diesen Auftrag annehmen könnte. Wenn du dieses Vertrauen in mich setzen

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