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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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bedeutungslos.
    Sie passierten drei weitere dieser grauen Türme, die sich über ihnen in der Dunkelheit verloren. Aber keiner von ihnen kletterte mehr hinauf.
    Nach einer weiteren wenig erholsamen Nacht und einem kurzen Marsch erreichten sie ein Gebiet, in dem viele Wege zerstört oder verschüttet waren. Der Weg wurde unpassierbar, und zum ersten Mal verließ der Raumgeist die Straßen.
    Er führte sie in ein längliches Gebäude, das von außen ebenso verschüttet schien. Urs konnte sich gerade noch durch den schmalen Eingang zwängen. Der Gang im Erdgeschoss war staubig, aber begehbar.
    Langsam folgten sie dem Raumgeist, der stetig voranging. Vor sich hörten sie schabende und klickende Geräusche, und so bedeutete Urs ihnen zu warten. Er drückte Vela den Raumgeist in die Hand und schlich voraus. Nach wenigen Schritten verschwand er hinter einem Knick im Flur.

    Es dauerte nicht allzu lange, bis er zurückkehrte. Cephei vermutete, dass er seinem Gesichtsausdruck nach unter dem Fell sehr bleich sein musste.
    »Seid leise. Wenn wir kein Geräusch machen, geht es.«
    »Wieso? Was ist da vorne?«
    »Käfer. Junge Käfer. Aber unten im Keller.«
    Cephei sah, wie Vela zitterte und kurz die Augen schloss, um sich zusammenzureißen. Er wollte auch keinen Käfern begegnen, aber er vertraute Urs, und Urs sagte, sie würden es schaffen.
    »Wir gehen hintereinander«, bestimmte Urs und lief los.
    Vela folgte ihm, Cephei bildete den Schluss; er hatte seinen Dolch gezogen. Der Flur knickte nach rechts ab, dann sofort wieder nach links, bevor er in eine Halle führte, die mindestens zwanzig Schritt durchmaß. Ein Großteil des Bodens war nach unten gebrochen, nur eine Art schmaler Balkon ohne Geländer führte an der Wand entlang; die gegenüberliegende Seite war von hier aus nicht zu erkennen, aber Urs wisperte, dort sei ein Loch in der Mauer, durch das sie wieder ins Freie kämen.
    »Seid jetzt besonders leise und lasst nichts nach unten fallen«, fügte er noch hinzu.
    Langsam balancierte er auf den Resten des Bodens entlang, den Rücken an die Wand gepresst. Vela erbleichte, als sie ihm nachfolgte. Cephei sah als Letzter in die Tiefe, und auch er wurde weiß im Gesicht.
    Unten im Keller wuselten unzählige schwarze und schillernde Käfer übereinander, manche so klein wie sein Fuß, die meisten drei- oder viermal so lang. Die Käfer krabbelten über Staub und Schutt und weiße, männerfaustgroße Eier und bleiche Knochen. Gierig klickten sie mit ihren Zangen und rissen damit mundgerechte Stücke aus mehreren Kadavern der rattenähnlichen
Nager, deren dunkles Blut auf den Boden sickerte. Ein besonders gieriger Käfer verteidigte drei Kadaver mit schnappenden Zangen gegen kleinere, hungrige Artgenossen, die ihn bedrängten.
    Nicht hinunterfallen, nur nicht hinunterfallen, sagte sich Cephei immer wieder lautlos. Seine Beine zitterten, und er blieb immer weiter hinter Vela zurück. Irgendetwas knirschte unter seinen Füßen. Er war auf einen kleinen, vielleicht handtellergroßen Käfer getreten. Panisch kickte er ihn weg, und der tote Käfer prallte gegen die Wand und von da zurück und stürzte über den Vorsprung in die Tiefe.
    Mit aller Gewalt unterdrückte Cephei einen Fluch und starrte hinab. Die Käfer in der Tiefe wuselten weiter und stiegen über ihren toten Artgenossen hinweg. Ein größerer Käfer versuchte, den Panzer des kleinen mit seinen großen Zangen zu knacken, und Cephei sah weg. Er starrte auf das Sims und tastete sich weiter voran. Vela und Urs konnte er in der Düsternis nur noch als Schemen erkennen.
    Und dann erkannte er einen fast ausgewachsenen Käfer, der von unten zum Sims hinaufkletterte. Seine Zangen klickten, und die langen Fühler wippten vor seinem Kopf hin und her. Das Tier war mindestens so groß wie Cephei, und in wenigen Augenblicken würde es zwischen ihm und Vela auf das Sims klettern!
    Cephei schrie nicht, er wusste nicht, wie gut Käfer hören konnten, er wurde nur schneller. So schnell, wie er sich auf dem Sims traute.
    Hastig schob er die Füße seitwärts voran, die Hände glitten über die raue Wand in seinem Rücken und tasteten nach Halt. Doch der Käfer war schneller, er kroch über die senkrechte
Wand, als sei sie ebene Erde. Sie beide steuerten auf denselben Punkt zu. Cephei musste ihn zuerst passieren, dann wäre alles gut!
    Doch je näher er ihm kam, desto näher kam der Käfer, umso lauter schlug sein Herz, und es wurde immer schwerer, nicht zu schreien. Er wollte den Rücken

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