Der Kojote wartet
voller Eintragungen des vielbeschäftigten Professors.
Ziemlich weit unten hatte Tagert in die für Freitag vorgesehene Spalte geschrieben: Feststellen, was Redd will. Darunter war eine Telefonnummer angegeben.
9
Redd meldete sich am Telefon. »Chee?« wiederholte er. »Jim Chee. Sind Sie der Cop, der den alten Pinto verhaftet hat?«
»Richtig«, bestätigte Chee. Er war etwas überrascht. Andererseits hatte der Fall wirklich Schlagzeilen gemacht. Und Redd schien irgendwie in diese merkwürdige Sache verwickelt zu sein. »Darüber möchte ich mit Ihnen reden. Mich interessiert, was Sie über Pinto wissen.«
»Verdammt wenig«, antwortete Redd. »Aber fragen Sie meinetwegen. Was wollen Sie wissen?«
» Wie wär's, wenn ich mal bei Ihnen vorbeikomme? Ich rede nicht gern am Telefon.«
»Klar«, sagte Redd und nannte seine Adresse.
Janet Pete wartete auf dem Parkplatz hinter der Bibliothek. Sie hatte denselben nervösen, unglücklichen Gesichtsausdruck wie eine Autofahrerin, die in einer Ladezone steht.
»Du kommst verdammt spät«, fauchte sie. »Du hast von einer Stunde gesprochen. Die Cops haben mich schon zweimal zum Weiterfahren aufgefordert.«
»Die Zeit hast du genannt, und du hast von ungefähr eineinhalb Stunden gesprochen«, sagte Chee. »Nach Navajobegriffen bin ich also fast pünktlich.«
Janet schnaubte. »Los, steig ein!« forderte sie ihn auf. »Du nützt deine wunde Pfote wirklich raffiniert aus.«
Die von Redd angegebene Adresse lag in Albuquerques Studentengetto - einem heruntergekommenen Wohnviertel mit kleinen Bungalows aus den vierziger Jahren inmitten verunkrauteter Gärten und hinter windschiefen Zäunen. Redd hauste hinter einem dieser Bungalows in einer ehemaligen Doppelgarage, vor der der verrostete Bronco Il mit dem Kennzeichen REDDNEK geparkt war. Redd selbst stand am Eingang und sah ihnen entgegen, als Janet Pete vorfuhr.
Er war ein großer, breitschultriger Mann, aber Chee fiel als erstes auf, daß er rote Haare, einen roten Schnurrbart und ein hageres, sommersprossiges Gesicht hatte.
» Yaa' eh t'eeh «, begrüßte er Janet, wobei er die kehligen Laute der Navajos perfekt aussprach. »William Odell Redd«, fuhr er fort, indem er ihr die Hand entgegenstreckte, »aber die meisten Leute nennen mich Odell. Und wer sind Sie?«
»Janet Pete«, sagte sie, »und das hier ist Jim Chee.«
Odell Redd nickte Chee breit grinsend zu. »Das ist also die Hand, die Sie sich versengt haben«, stellte er fest. »Stand ja alles in der Zeitung. Aber kommen Sie doch rein. Möchten Sie einen Drink?«
Redds Apartment war überfüllt, aber halbwegs aufgeräumt
- bis auf die Bücher. Hauptsächlich linguistische Fachbücher.
Überall lagen und standen Wörterbücher in allen möglichen Sprachen von Französisch bis Quechua. Neben einem Wörterbuch der Cherokeesprache stand die Navajo Tonal Syntax. Auch auf dem verkratzten Tisch mitten in Redds WohnSchlafzimmer lag ein dicker Wälzer - merkwürdigerweise ein Briefmarkenkatalog. Die anderen Bücher, die sich auf dem Tisch stapelten, betrafen Münzen. Macmillans Enzyklopädiefür Münzsammler lag aufgeschlagen da und war von Ein-Cent-Münzen in ordentlichen kleinen Stapeln umgeben. Weitere Centmünzen füllten drei Zigarrenkisten.
»Nehmen Sie den da«, forderte Redd Janet auf und bot ihr mit einer Handbewegung einen Sessel an. Die Bücherlast, die er zuvor getragen hatte, bildete jetzt einen ordentlichen Stapel auf dem Linoleumboden. Chee konnte sich denken, daß der Sessel in Erwartung seines Besuchs abgeräumt worden war. »Mr. Chee bekommt auch gleich einen Platz.«
Nachdem Redd einen alten Lehnstuhl für Chee freigemacht hatte, nahm er ein riesiges spanisch-englisches Wörterbuch und zwei kleinere Wörterbücher von einem Küchenstuhl und schob die Münzstapel so weit beiseite, daß er die Bücher auf den Tisch legen konnte. Danach drehte er den Küchenstuhl mit der Lehne nach vorn, nahm rittlings darauf Platz und sah erst zu Janet Pete und dann zu Chee hinüber.
»Habe ich Sie beide nicht neulich abend am Ship Rock gesehen? Südlich der Route 33?«
»Ja, das stimmt«, bestätigte Chee.
»Interessante Gegend«, sagte Redd. »Sie wissen vermutlich mehr darüber als ich - schließlich sind Sie Navajos. All diese Grate und Lavakegel. Irgendwo dort draußen soll's auch einen Hexentanzplatz geben, an dem Neulinge in die Gemeinschaft der Skinwalker aufgenommen werden. Lauter interessante Dinge.«
»Haben Sie eine Idee, was Hosteen Pinto dort
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