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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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hielt erneut inne. »Ich hätte erwähnen sollen, daß Tagert und Henderson auf Recht und Gesetz - oder das Fehlen von Recht und Gesetz - im Wilden Westen spezialisiert sind. Wahrscheinlich können sie einander deshalb nicht ausstehen. Und Tagert glaubt, einer großen Sache auf der Spur zu sein, die Henderson den Rest geben wird. Dabei geht's um etwas, das er von Pinto erfahren hat.«
    »Sind Sie einer von Tagerts Studenten?« fragte Janet. Chee merkte, daß er unwillkürlich die Zähne zusammenbiß. Diese Frage unterbrach den ganzen Fluß von Redds Ausführungen. Und nach Navajobegriffen war eine Unterbrechung dieser Art ausgesprochen unhöflich. Man ließ den anderen ausreden und wartete dann, um sicherzugehen, daß er wirklich ausgeredet hatte, bevor man selbst sprach. Andererseits war Janet Pete eigentlich nur ihrer Abstammung nach eine Navajo. Sie war nicht als echte Navajo im Reservat aufgewachsen, hatte keine kinaalda zur Feier ihrer Pubertät erlebt, war niemals darin unterwiesen worden, sich...
    »Zum Glück nicht!« sagte Redd. »Ich habe unten an der UTEP Amerikanistik studiert. Aber davon kann kein Mensch leben. Jetzt bin ich dabei, in Linguistik zu promovieren. Damit hat man bessere Aussichten auf einen Job als Lehrer oder
    Dozent - und wenn man nicht den kriegt, kann man als Übersetzer arbeiten. Viele Firmen brauchen welche. Ölgesellschaften. Export-Import. Anwaltsfirmen. Massenhaft Jobs.«
    »Aber Sie wissen viel über Geschichte - und über Tagert«, stellte Janet fest.
    »Ich weiß viel über Tagert«, antwortete Redd. »Eine junge Dame, die bei ihm arbeitet, ist gut mit mir befreundet.«
    »Jean Jacobs?« fragte Janet. »Jim hat mir erzählt, daß er sie heute in Tagerts Büro kennengelernt hat. Und daß sie sehr hilfsbereit war.«
    »Nettes Mädchen«, sagte Redd mit einer Miene, die erkennen ließ, daß das Kompliment ernst gemeint war. »Wir sind schon seit Ewigkeiten Freunde.«
    Chee merkte, daß er langsam ungeduldig wurde - was bei ihm selten genug vorkam. Er wünschte sich, er hätte Janet Pete nicht mitgebracht. Er wünschte sich, mit dieser Sache ginge es endlich vorwärts.
    »Wissen Sie genug über Tagert, um sich vorstellen zu können, wo er jetzt steckt?« Chee spürte, daß er nicht den rechten Ton getroffen hatte. Das merkte auch Redd. Und natürlich Janet.
    »Nein«, erwiderte Redd. »Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer.« Er stand auf, drehte seinen Stuhl um und nahm wieder Platz.
    Das Gespräch war mit einem Mal förmlich geworden. Schön, sagte sich Chee, das hast du also versiebt. Er fühlte Janets Blick auf sich. Jetzt wurde es Zeit, das Kaninchen aus dem Zylinder zu zaubern. Aber er hatte kein Kaninchen. Er ärgerte sich über sich selbst. »Sie haben erzählt, Sie hätten uns in der Nähe der Stelle gesehen, an der Nez von Pinto erschossen wurde. Sie haben gesagt, Sie hätten dort eine Theorie überprüfen wollen.«
    »Ich war bloß neugierig«, erklärte Redd ihm. »Ich kenne Mr. Pinto ein bißchen. Deshalb habe ich mich gefragt, was er dort draußen wohl zu suchen hatte.«
    »Sie haben angefangen, uns zu erzählen, daß Pinto für Dr. Tagert gearbeitet hat - und womit er beschäftigt war. Irgendwas von der Geschichte des Westens und einem Professor Henderson und... «
    »Ah, ganz recht. Sieht so aus, als wäre ich vom Thema abgekommen. Nun, von Henderson ist ein neues Buch erschienen: über Straßenräuber, organisierte Banden und so weiter, aber hauptsächlich über die Firma Pinkerton.« Redd machte eine Pause und sah von einem zum anderen. »Von den Pinkertons haben Sie schon gehört?«
    Jim Chee nickte.
    »Sie sollen Butch Cassidy außer Landes getrieben haben. Ungefähr im Jahre 1901. Erst nach Argentinien, dann nach Bolivien. Henderson ist dorthin gereist, hat in La Paz in Militärarchiven gewühlt und einen Bericht entdeckt, der detailliert schildert, wie eine berittene bolivianische Infanteriepatrouille die beiden in einem kleinen Dorf überrascht und erschießt. Abgesehen von den Einzelheiten war das nicht weiter neu. Aber Tagert glaubt nicht, daß sich das Ganze so abgespielt hat.«
    Redd machte wieder eine Pause und schien auf irgendeine Reaktion zu warten. Nach ein, zwei Sekunden kam eine. »Genau so war's doch im Film!« sagte Janet.
    »Film?« fragte Redd überrascht.
    »Butch Cassidy and the Sundance Kid«, wenn ich mich recht erinnere. Mit Robert Redford und Wie-heißt-er-gleich-wieder. Und die bolivianische Armee erschießt die beiden.« Janet verzog

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