Der Kojote wartet
führende Fährte der beiden Überlebenden aufgenommen. Sie waren von einem Mormonen-Rancher am Montezuma Creek gesehen worden, zwei Männer mit vier Pferden. Sheriff Ludlow hatte sich optimistisch geäußert. »In seinem Telegramm an unsere Zeitung versicherte der Sheriff >Wir werden sie fassen.««
Eine Woche später war Ludlow nicht mehr so optimistisch.
»Sie haben sich unbemerkt ins Navajo-Reservat geflüchtet. Wir haben die Behörden in ganz Arizona und New Mexico telegraphisch zur Fahndung aufgerufen.«
Wieder eine Woche später gab es nur eine einzige Meldung im Zusammenhang mit dem Raubüberfall:
Der dabei verletzte Postbeamte war aus dem Krankenhaus entlassen worden.
»Haben Sie schon etwas gefunden?« fragte Jean Jacobs. »Diese alten Zeitungsberichte zu lesen ist wie Erdnüsse essen
- man kann nicht mehr aufhören. Hier wird von einem Überfall auf eine Postkutsche berichtet. Stellen Sie sich das vor!«
»Wozu er den wohl aufgehoben hat?« Chee dachte an Tatmotive.
»Einer der Reisenden hat gesagt, die Postkutsche sei von Butch Cassidy überfallen worden.«
Chee erinnerte sich daran, daß die Banditen mit sehr geringer Beute geflüchtet waren. Dann dachte er an die Münzkataloge bei Redd, an die Centstücke auf seinem Tisch. Damalige Münzen mußten heutzutage gesuchte Sammlerstücke sein, die bestimmt zu Liebhaberpreisen gehandelt wurden.
»Als wir bei Redd waren, hatte er Tausende von Centstük-ken bei sich aufgestapelt«, sagte Chee. »Wissen Sie, was es damit auf sich hat?«
»So schlägt man sich als Doktorand durch«, antwortete die Jacobs. »So bezahlt man seine Miete. Sobald Odell seinen
Monatsscheck bekommt, reicht er ihn bei der Bank ein und kauft so viele Centstücke, wie er sich leisten kann. Diese Münzen sortiert er dann, um Sammlerstücke zu finden. Bestimmte Jahre, bestimmte Prägestätten sind gesuchter und wertvoller als andere. Beispielsweise kann ein 1947 in Baltimore geprägtes Centstück einen Dime wert sein, und eine 1954 in Denver geprägte Centmünze ist etwa ihr Zwanzigfaches wert. Diese Münzen behält er, um sie an Fachgeschäfte zu verkaufen; die restlichen bringt er zur Bank zurück und fängt das Spiel wieder von vorne an.«
»Hey, das ist clever!« meinte Chee anerkennend. »Wieviel verdient er damit?«
Sie lachte. »Reich wird man dabei nicht. Letztens hat er einen Indianerkopf gefunden, der fast vier Dollar wert war. In der Woche hat er etwa fünf Dollar pro Stunde verdient.«
»Was wäre, wenn man Münzen aus diesem Postraub finden würde? Wäre das nicht die reinste Goldgrube?«
»Nicht wirklich«, antwortete die Jacobs. »Davon hat Odell auch schon gesprochen - wie großartig es sein müßte, diese alten Münzen zu finden. Aber als er nachgeschlagen hat, kam heraus, daß das eine schlechte Zeit für Münzen war. Silberdollars und goldene Fünfdollarstücke sind damals tonnenweise geprägt worden. Teuer sind nur wirklich seltene Münzen.«
»Wieviel wäre ein Silberdollar aus der Zeit um die Jahrhundertwende ungefähr wert?«
»Beim Verkauf an einen Münzhändler vielleicht zwanzig Dollar - wenn er perfekt erhalten ist«, antwortete sie. »Aber in der Zeitung stand, daß die Banditen vor allem Banknoten erbeutet haben.«
Soviel zu dieser Idee. Und während Chee das dachte, fand er, was er suchte, ohne zu wissen, daß er es gesucht hatte.
Ein großer brauner Umschlag, auf dem PINTO/CASSIDY stand, enthielt ein zusammengeheftetes, zweizeilig geschriebenes Typoskript.
Sie sagen, daß es in jenem Sommer war, als mein Bruder auf die Welt kam. Sie sagen, daß es damals passiert ist...
Am Rand daneben stand eine mit Bleistift geschriebene Anmerkung: 1909/10.
... Sie sagen, daß die Überfälle der Utes in diesem Jahr besonders schlimm gewesen sind. Sie sind auf dem Pfad zwischen Thieving Rock und Blue Hill heruntergekommen und haben den Leuten um Te-ec Nos Pos auf der Ebene am San Juan River und sogar noch drüben auf Cineza Mesa nachts Pferde und Schafe gestohlen. Sie sagen, das soll mehrmals passiert sein, und einmal haben die Utes dort drüben auf einen Navajo geschossen. Er weidete seine Schafe, und als die Utes auf ihn geschossen haben, ist er weggelaufen. Sie sagen, daß er Lefthanded hieß und aus dem Piaute Clan war. Lefthanded hatte einen Sohn namens Delbito Willie. Delbito Willie war mit einer Frau aus dem Yucca Fruit Clan verheiratet und lebte mit ihr jenseits der Carrizo Mountains. Aber er war nach Teec Nos Pos gekommen, um dort seine
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