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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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übersehen.«
    Aber er dachte dabei an den Gesang zur Beschwörung des Bösen, den er nicht kannte. Auch Frank Sam Nakai, der ein sehr angesehener  hataalii  und sein Onkel mütterlicherseits und sein Mentor in allen metaphysischen Dingen war, kannte ihn nicht. Weshalb war ein Teil davon für Delbito Willie, nicht aber für die übrigen Männer seiner Gruppe zelebriert worden? Und weshalb war Ashie Pinto, der wie alle indianischen Geschichtenerzähler eine Vorliebe dafür hatte, sämtliche Einzelheiten breit und ausführlich zu schildern, so rasch über diesen Punkt hinweggegangen?
    Vielleicht verriet Pinto ihm wenigstens das, selbst wenn er sich ansonsten weiter ausschwieg.

12  
    Wie es Leaphorns Art war (es sie denn, sein Ordnungssinn wurde dadurch verletzt), hielt er sich an den Dienstweg. Der ehemalige südvietnamesische Oberst und jetzige Lehrer Huan Ji wohnte in der Siedlung Shiprock, die im Zuständigkeitsbereich der Dienststelle Shiprock der Navajo Tribal Police lag. Leaphorn wählte die Nummer der dortigen Dienststelle und ließ sich mit Captain Largo verbinden.
    »Ich habe schon von ihm gehört«, sagte Largo. »Er unterrichtet an der Shiprock High School. Mathe, soviel ich weiß, oder vielleicht auch Physik. Aber wir hatten noch nie mit ihm zu tun. Was soll er angestellt haben?«
    Leaphorn erzählte ihm von seinem Gespräch mit Jay Kennedy vom FBI.
    »Ah, jetzt fällt's mir wieder ein!« bestätigte Largo. »Auf der Fahrt zum Tatort ist Chee seinem Wagen begegnet. Das FBI hat den Halter durch uns ermitteln lassen. Was hat er den Kollegen erzählt?«
    »Sie haben ihn nicht vernommen«, sagte Leaphorn. »Tatsächlich nicht?« fragte Largo überrascht. »Hmmm, natürlich ... « Der Captain lachte, was bei ihm ein tiefes Rumpeln
    war. » Soviel ich gehört habe, ist er sozusagen unberührbar. Er soll in Vietnam für die CIA gearbeitet haben.«
    »Ich finde, irgend jemand sollte mit diesem Mann reden«, sagte der Lieutenant. »Am besten sehe ich selbst mal vorbei.«
    »Soll ich dir die Fahrt ersparen?«
    »Nein, sonst sind die FBI-Leute auch auf dich sauer«, wehrte Leaphorn ab. »Ich komme selbst vorbei.«
    »Das klingt so, als hättest du noch immer Lust, den Dienst zu quittieren«, meinte der Captain und lachte wieder. »Lange kann's nicht mehr dauern. Ich bin jedenfalls an einem Punkt angelangt, wo jemand, der mich wegen einer lautstarken Auseinandersetzung mit den Feds rausschmeißen wollte, verdammt schnell reagieren müßte.«
    Largo äußerte sich nicht dazu. »Laß mich wissen, wann du kommst - und ob du Unterstützung brauchst«, sagte er. »Vorläufig suche ich dir nur seine Adresse heraus.«
    »Wahrscheinlich komme ich heute nachmittag vorbei«, antwortete Leaphorn. »Sobald ich meinen ganzen Papierkram erledigt habe.«
    Als er eben das vorletzte Schriftstück aus dem Eingangskorb in den Ausgangskorb legte, klingelte das Telefon.
    »Eine Besucherin für Sie«, sagte der Diensthabende. »Professor Bourebonette.«
    »Oh?« Leaphorn überlegte kurz. »Lassen Sie sie heraufkommen.«
    Er legte den Hörer auf die Gabel, zog den letzten Ordner aus dem Korb, schlug ihn auf und starrte dann aus seinem Bürofenster zu den Sonnenflecken und Wolkenschatten auf der Window Rock Ridge hinüber. Wieder eine Frage des Motivs. Was hatte die Professorin hierhergeführt? Von Flagstaff nach Window Rock fuhr man verdammt lange. Sie mußte vor Tagesanbruch aufgestanden sein oder unterwegs übernachtet haben. Vielleicht im hiesigen Motel oder in Gallup. Ein starkes Motiv. Freundschaft, hatte sie gesagt. Freundschaft konnte dabei eine Rolle spielen. Aber was noch?
    Beim Hereinkommen murmelte die Professorin, wie leid es ihr täte. Aber ihre Miene ließ nichts davon erkennen.
    »Ich weiß, daß ich Ihre Zeit über Gebühr beanspruche, zumal Sie gar nicht für Hosteen Pinto zuständig sind. Aber ich wäre Ihnen für ein paar Informationen dankbar. Haben Sie irgend etwas herausbekommen?«
    Leaphorn war aufgestanden. »Bitte«, sagte er und deutete auf einen Besuchersessel. Er nahm ebenfalls Platz und klappte den Ordner zu. »Tut mir leid, aber ich habe nichts Brauchbares in Erfahrung bringen können.«
    »Was hat Professor Tagert gesagt? Ich habe sein Büro angerufen, aber nur die Auskunft erhalten, daß er nicht da sei. Angeblich weiß niemand, wann er zurückkommt. Das klingt äußerst merkwürdig. Das Semester hat doch längst wieder angefangen. Er müßte wenigstens seine Sprechstunden halten.«
    »Dr. Tagert scheint

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