Der Kojote wartet
stand auf der Veranda. Er sprach mit einem hageren Uniformierten der Tribal Police und einem jungen Mann, der einen Filzhut und einen dunkelgrauen Geschäftsanzug trug -was im Four Corners County bedeutete, daß er entweder ein FBI-Agent oder Missionar der Zeugen Jehovas war. Im Vergleich zu Largo wirkten die beiden unnatürlich klein. Der Captain erkannte Joe Leaphorn und winkte ihm zu.
Er sah zu Bourebonette hinüber und überlegte, wie er seine Bitte ausdrücken sollte.
Sie kam ihm zuvor.
»Ich warte im Auto«, entschied sie.
»Es dauert nicht lange«, sagte Leaphorn.
Auf der Veranda machte Largo ihn mit den beiden anderen bekannt. Der hagere Uniformierte war Eldon Roanhorse, an den Leaphorn sich von irgendwelchen früheren Ermittlungen her vage erinnerte, und der im grauen Anzug war Theodore Rostik von der FBI-Außenstelle Farmington.
»Mr. Rostik ist erst diesen Sommer hierher versetzt worden«, fügte Largo erklärend hinzu. »Lieutenant Leaphorn ist bei unserer Abteilung für Verbrechensbekämpfung. Er kommt aus Window Rock.«
Falls Leaphorn oder sein Rang den jungen Mann beeindruckten, ließ er sich nichts davon anmerken. Er nickte dem Lieutenant zu und wandte sich wieder an Largo.
»Aus Window Rock?« fragte er. »Wie hat er von dieser Sache erfahren? Und wie ist er so schnell hergekommen?« Früher hätte diese Unhöflichkeit Leaphorn irritiert. Aber das war schon lange her. »Ich bin zufällig wegen einer anderen Sache hier«, behauptete er. Sein fragender Blick galt dem Captain. »Was ist passiert?«
»Mord«, sagte Largo. »Jemand hat auf den Hausbesitzer geschossen. Zweimal. Keine Zeugen. Der Postbote hat sein Stöhnen gehört. Er hat einen Blick durchs Fenster geworfen, ihn auf dem Boden liegen sehen und den Fall gemeldet.«
»Gibt es Verdächtige?«
»Wir befragen die Nachbarn, aber zur Tatzeit scheinen nur sehr wenige zu Hause gewesen zu sein«, antwortete Largo. »Für diesen Fall sind wir zuständig«, stellte Rostik fest. »Ein Kapitalverbrechen in einem staatlichen Reservat.«
»Natürlich«, bestätigte der Lieutenant. »Wir helfen ihnen, wo wir nur können. Als Dolmetscher und so weiter. Wo ist seine Frau?«
»Die Nachbarn sagen, daß er Witwer war«, berichtete Roanhorse. »Er war Lehrer an der Shiprock High School. Hat hier mit seinem Sohn gelebt. Der Junge ist sechzehn oder siebzehn.«
»Sollten wir Unterstützung brauchen...«, begann Rostik, aber Leaphorn hob eine Hand.
»Augenblick! sagte er. »Wo ist sein Wagen?«
»Sein Wagen?« fragte der FBI-Agent.
» Wir fahnden bereits nach dem Fahrzeug.« Der Captain sah Leaphorn ernst an. »Soviel wir wissen, handelt es sich um einen alten weißen Jeepster.«
»Der Sohn ist nicht hiergewesen?«
»Nein, falls er es nicht selbst getan hat«, antwortete Rostik. »Der Postbote hat hier nur Mr. Ji gesehen.«
»Mr. Rostik«, sagte Leaphorn, »wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich gern im Haus umsehen. Ich fasse natürlich nichts an.«
»Hmmm«, meinte der FBI-Agent. Er räusperte sich. »Ich verstehe nicht ganz, was ...«
Captain Largo unterbrach ihn, obwohl das sonst ganz und gar nicht seine Art war. »In solchen Fällen ist der Lieutenant unser Verbindungsmann zum FBI«, stellte er fest. »Deshalb sollte er den Tatort selbst sehen.« Er ging ins Haus voraus.
Die Spurensicherer hatten die Umrisse von Oberst Huan Ji, der im Wohnzimmer gegen die Wand gesackt war, mit Kreide markiert. Eine riesige Blutlache, die auf dem versiegelten Parkett antrocknete, machte die Markierungen überflüssig. Bis auf das Blut und ein Gewirr aus rötlichen Zeichen auf der hellbeigen Tapete war der Raum so ordentlich wie der Vorgarten. Und kühl wie der Herbstnachmittag draußen.
Leaphorn machte einen Bogen um die Blutlache und ging vor der Tapete in die Hocke.
»Er hat eine Nachricht hinterlassen?«
»Er hat sogar zwei hinterlassen«, stellte Rostik fest.
» >Rettet Taka< «, sagte der Lieutenant. »Habe ich das richtig gelesen?«
»Sein Sohn heißt Taka«, sagte Rostik. »Das haben wir von den Nachbarn erfahren.«
Die zweite Mitteilung interessierte Leaphorn weit mehr. Ji hatte sie offenbar mit zitternden Fingern, die er in sein eigenes Blut getaucht hatte, an die Wand geschrieben. Oben RETTET TAKA, darunter CHEE BELOGEN.
»Irgendeine Theorie zur unteren Zeile?« fragte Leaphorn. »Noch nicht«, sagte Rostik.
Der Lieutenant grunzte, während er sich aufrichtete. Für eine Hocke wurde er langsam zu alt. Er sah zu Captain Largo
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