Der Kojote wartet
schien Chee nicht zu stören. »Ich glaube einfach nicht, daß er den Jeepster gefahren hat«, sagte Chee.
»Weshalb?« fragte der Lieutenant. »Warum glauben Sie das?«
»Er hat meinen Wagen nicht gesehen. Er hat den brennenden Streifenwagen nicht gesehen. Er hat auf meine Fragen äußerst vorsichtig und zurückhaltend geantwortet. Er hat nichts von sich gegeben, das ihn hätte verraten können. Statt dessen wartete er meine Fragen ab, um sie dann ganz überlegt zu beantworten.«
»Weshalb hätte er in diesem Punkt lügen sollen? Haben Sie eine Erklärung dafür?«
»Was hat er zuerst an die Wand geschrieben?« wollte Chee wissen.
Der Captain beantwortete seine Frage. » >Helft Taka.< «
»Nein«, widersprach Leaphorn. »Es hieß >Rettet Taka<.«
»Das ist sein Sohn?« fragte Chee. »Stimmt's?«
Leaphorn lächelte schwach, weil ihm gefiel, wie Chees Verstand arbeitete. »Sie vermuten also, daß Taka Ji den Wagen gefahren hat? Das könnte stimmen, glaube ich. Der Junge hat ihn auch heute nach der Schule gefahren. Er fährt ihn überhaupt viel. Er hat mir erzählt, daß er einen eigenen Schlüssel dafür hat.«
»Ich nehme an, daß Huan Ji nicht wollte, daß sein Sohn in polizeiliche Ermittlungen hineingezogen wird«, sagte Chee. »Aber welchen Grund sollte er dafür gehabt haben?«
»Ji scheint noch von Südvietnam her ein spezieller Freund der CIA gewesen zu sein«, stellte der Lieutenant fest. Er berichtete, was er von Kennedy erfahren hatte.
»Oberst Ji war also vielleicht nur ein bißchen nervös?« fragte Chee. »Halten Sie das für möglich?«
Leaphorn zuckte mit den Schultern. »Bei seiner Vergangenheit wär's ein Wunder, wenn er sich anders verhalten hätte. Er wollte seinen Sohn aus der Sache heraushalten.« Er zuckte wieder mit den Schultern. »Aber das ist nur eine Vermutung. Wir wissen nicht genug.«
»Richtig!« bestätigte Largo. »Wir wissen gar nichts! Außer daß Mord ein Verbrechen ist, für das wir nicht zuständig sind. Weder für den Fall Nez noch für den Fall Ji.«
»Aber wir sind für einen Fall von Vandalismus zuständig«, sagte Leaphorn. »Was könnt ihr mir darüber erzählen?«
Der Captain runzelte die Stirn. »Welchen Fall von Vandalismus?«
»Sie meinen die Felsenschmierereien?« fragte Chee. »Okay, Sie wissen ja, was in dem Bericht stand. Delbert war zwei, drei Wochen zuvor auf sie aufmerksam geworden. Irgend jemand hatte damit begonnen, Teile einer Felsformation zwischen dem Ship Rock und den Chuska Mountains weiß anzumalen. Er hat sich dafür interessiert und ist möglichst oft vorbeigefahren, weil er den Kerl auf frischer Tat ertappen wollte. Aber das ist ihm nie geglückt.«
»Aber er glaubte, ihn an diesem Abend gesehen zu haben?«
»Das hat er gesagt.«
»Und Sie hatten den Eindruck, er sei dabei, ihn zu verfolgen?«
»Richtig.«
Leaphorn stellte seinen Kaffeebecher ab und sah zum Gasherd hinüber. Aus dem Wasserkessel strömte Dampf, aber dies war kein geeigneter Augenblick, um Chees Gedankenfluß zu unterbrechen.
»Was halten Sie davon?« fragte der Lieutenant. »Sehen Sie irgendeinen Zusammenhang? Soll Ashie Pinto die Felsen angemalt haben? Das halte ich für völlig unwahrscheinlich. Gab es irgendeinen Zusammenhang zwischen Pintos Anwesenheit und den Schmierereien? Oder ist Nez bei der Verfolgung des vermeintlichen Schmierers überraschend auf Pinto gestoßen, seinen betrunkenen Mörder? Oder was sonst? Was denken Sie?«
Schweigen.
Largo stand auf und stellte die Flamme unter dem Wasserkessel kleiner. Er griff nach dem Filterpapierhalter. »Wie bereitest du deinen Kaffee zu?« fragte er. »Was die Sache mit dem Felsenmaler und Ashie Pinto betrifft, tippe ich auf die zweite Möglichkeit. Nez hat geglaubt, er verfolge den Schmierer, und ist dabei auf Pinto gestoßen.«
Chee kratzte sich am Hinterkopf. »Yeah«, sagte er zögernd, »das klingt am wahrscheinlichsten.«
»Also sonst keine Verbindung?« fragte Leaphorn ihn. »Sie können sich keine vorstellen?«
Chee stand auf, sammelte ihre Becher ein, stellte sie am Ausguß auf und griff nach einer frischen Filtertüte.
Noch ein Kaffee wäre wunderbar, dachte Leaphorn. Und danach würde er Professor Bourebonette abholen und nach Hause zurückfahren. Als er aus Jis Haus gekommen war, hatte sie von selbst vorgeschlagen, daß sie sich zunächst trennen sollten.
»Sie haben bestimmt eine Zeitlang zu tun«, hatte sie gesagt. »Setzen Sie mich einfach am Community College ab. Eine Freundin, die ich schon
Weitere Kostenlose Bücher