Der Kollapsar
es um Homanxleben geht, Anthony.«
»Ja, Sir. Wenn wir Glück haben, so sagt man mir, dann können wir hoffen, bis zu fünf Prozent zu retten.«
In dem Saal herrschte Schweigen. Und dann murmelte der Präsident auf Hochthranx etwas, das nur er selbst hören konnte. Als ihm dann bewußt wurde, daß niemand ihn verstanden hatte, hob er die Stimme. »Man unternehme die notwendigen Schritte. Und wenn es nur ein Prozent wäre, ich würde die Mühe doch für sinnvoll halten.«
»Es bleibt aber das Problem der Panik, Sir«, erinnerte ihn die Letzte Zuflucht.
»Wir werden uns eine geeignete Ausrede einfallen lassen«, versicherte ihm der Präsident. »Aber es muß getan werden. Fünf Prozent sind fast zweihundert Millionen. Die Rettung von zweihundert Millionen Leben ist das Risiko der Panik wert. Und vielleicht haben wir Glück und können sogar noch mehr retten.«
»Die Wissenschaft läßt dem Glück nicht viel Spielraum«, murmelte der Wissenschaftsrat, aber so leise, daß nur er es hören konnte. Der Präsident musterte sie der Reihe nach.
»Wenn sonst nichts ist, meine Herren?« Schweigen im Raum. »Wir haben noch viel zu tun - und ich habe in einer halben Stunde eine andere Besprechung. Diese Unterredung ist beendet.«
Auf dieses Signal hin entfernten sich die Letzte Zuflucht, der Wissenschaftsrat und der Techniker aus dem Raum. Der Präsident geleitete sie zur Tür und benutzte seine Fußhände neben allen vier Echtbeinen, um sich zu stützen. Wie stets ruhte am Ende alles auf jenen uralten Antennen, dachte der Techniker, als er gerade im Begriff war, sich von dem Präsidenten zu verabschieden. Aber eine Echthand hielt ihn fest.
»Einen Augenblick, junger Mann.« Der Techniker war fast siebzig. Aber der Präsident war ein gutes Stück älter. »Es gibt also keine Möglichkeit, einen Kollapsar anzuhalten, abzuwenden oder zu vernichten?«
Der Techniker bedachte, mit wem er sprach, und hütete sich daher, Herablassung in seiner Stimme erkennen zu lassen. »Kaum, Sir. Alles, was wir darauf abschießen könnten, ob es nun eine Million SCCAM- Projektile sind oder ein anderer Stern, würde einfach aufgesogen werden. Je mehr wir uns darum bemühten, ihn zu vernichten, desto größer würde er werden, obwohl wir natürlich sein Wachstum nicht feststellen könnten, da er immer noch nur ein Punkt im Weltraum wäre. Außerdem wissen wir bereits aus den Messungen, die die erste Drohne an uns durchgegeben hat, daß dieser Wanderer aus viel mehr als einem einzigen zusammengebrochenen Stern besteht. Viel mehr. Vielleicht aus ein paar hundert Sonnen, die er auf seinem Weg bereits geschluckt hat.« Er zuckte die Achseln. »Einige meiner Kollegen glauben sogar aus der Geschwindigkeit und der theoretischen Masse des Wanderers schließen zu können, daß es sich bei ihm um ein Objekt handelt, von dem die Mathematik nur spekuliert: ein Kollapsar. Eine in sich zusammengebrochene Galaxis, Sir, anstatt um einen zusammengebrochenen Einzelstern.« »Oh.«
Das war alles, was der Präsident darauf sagte. Seine oberen Kiefer scharrten über das untere Paar, während er die Information verarbeitete. »Es gibt da eine politische Analogie, junger Mann«, meinte er schließlich. »So etwas wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Je mehr Beleidigungen und Argumente man auf sie schleudert, desto mächtiger wird sie, bis man von ihr überwältigt wird.«
»Ja, Sir«, pflichtete der Techniker ihm bei. »Ich wünschte nur, daß wir es hier nur mit einer Idee zu tun hätten, Sir.«
»Unterschätzen Sie die Vernichtungskraft von Ideen nicht, junger Freund«, riet ihm der Präsident. Dann blickte er auf seine Uhr. »Vierundzwanzig Minuten bis zu meiner nächsten Besprechung. Guten Tag, mein Herr.«
»Guten Tag, Mr. Präsident«, sagte der Techniker.
Dann verließ er den Raum.
Jedes der Wesen, die kurz zu dieser so weit reichenden Besprechung zusammengekommen waren, kehrte zu seiner Arbeit zurück. Jeder von ihnen hatte viel zu tun, das keine Beziehung zum Thema der Besprechung hatte, und war froh darüber. Beschäftigt zu sein war eine Gnade. Es war nicht gesund, über den vorzeitigen Tod von drei Milliarden Zeitgenossen nachdenken zu müssen.
1
»Für dieses Angebot«, keifte die Frau mit dem runzeligen Gesicht, »sollte ich Sie in die Eier treten!« Dann wurde ihre Stimme nur um eine Spur leiser. »Aber ich bin eine alte schwache Frau. Sie sind jünger, größer, stärker, gesünder und reicher.« Ihre rechte Hand schloß sich um das Heft
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