Der Komet im Cocktailglas
Taxifahrers enthält mit Sicherheit keine Atomuhr. Eine typische Uhr dieser Art ist so groß, dass sie in einem Auto keinen Platz hätte – und außerdem ziemlich teuer und nicht einfach in einem Laden erhältlich. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es insgesamt nur ein knappes Dutzend dieser Geräte. 40 Sie werden an diversen Universitäten und Bundeseinrichtungen betrieben. Im Navigationsgerät des Taxifahrers befindet sich nur eine ganz normale Uhr. Die reicht zwar aus, um im Alltag die Zeit zu messen, aber nicht, um die Laufzeit eines GPS-Signals zu bestimmen. Für die knapp 20.000 Kilometer vom Satelliten bis zum Erdboden braucht das Signal nur ein paar Hundertstel Sekunden. Um die Position auf ein paar Meter genau bestimmen zu können, muss man die Zeit sogar noch viel genauer messen können als diese paar Hundertstel Sekunden. Immerhin kann das Licht in einer Sekunde ganze 300.000 Kilometer zurücklegen: Wenn wir bei der Laufzeitmessung einen Fehler von nur 30 Nanosekunden (30 Milliardstel einer Sekunde!) machen, entspricht das schon ungefähr 10 Metern, die wir danebenliegen.
Darum braucht man auch noch einen vierten Satelliten. Die Uhr im Navi weiß die Zeit ja immerhin ungefähr, es kann daher auch ungefähr berechnen, wo wir uns befinden. Doch weil die Zeitmessung zu ungenau ist, macht es bei der Ortsbestimmung einen Fehler. Dieser Fehler lässt sich mit den Daten eines vierten Satelliten korrigieren. Denn jeder Satellit muss am Ende ja zum selben Ergebnis kommen, was die Position des Taxis auf der Erde angeht. Wenn die Ergebnisse unterschiedlich sind, kann das nur an der ungenauen Zeitmessung des Navis liegen. Das Navigationsgerät bestimmt nun zuerst eine vorläufige Position aus den Daten von drei Satelliten. Dann probiert es die Ankunftszeit so anzupassen, dass auch die Daten des vierten Satelliten die gleiche Position liefern. Das funktioniert nur, wenn die genaue Ankunftszeit gefunden wurde, mit der sich die Position dann exakt bestimmen lässt. All diese Rechnungen macht das Navigationsgerät natürlich automatisch und viel schneller, als man braucht, um sie zu erklären. Da wir uns in einem Auto befinden, das sich bewegt und seine Position ständig verändert, muss sie immer wieder neu berechnet werden. Das Navi im Taxi tauscht mit den Satelliten am Himmel ständig Daten aus und misst, wie lange es dauert, die Signale hin und her zu schicken.
Das GPS-System ist definitiv ein Stück interessanter Technik. Aber was hat das alles mit der fundamentalen Struktur von Raum und Zeit zu tun? Es handelt sich ja nur um einen Satelliten, der Daten zu einem Empfänger auf der Erde schickt – was soll daran „fundamental“ sein? Um das zu verstehen, müssen wir noch ein wenig über ein paar der vorhin erwähnten Zusammenhänge nachdenken. Wir haben genug Zeit dafür, denn das Navi hat den Taxifahrer gerade in eine Sackgasse gelotst, wir haben uns gründlich verfahren. Die Satelliten wissen eben nur, wo wir uns auf der Erde befinden. Wo die Straßen entlangführen und welche Verkehrsschilder uns auf dem Weg vielleicht umleiten oder ausbremsen, müssen wir selbst herausfinden (manche Navi-Software ist mit solchen Informationen gefüttert und tut dies für uns). Es wird wohl noch ein wenig dauern, bis wir an unserem Beobachtungspunkt über der Stadt ankommen. Also nehmen wir uns die Zeit, zu verstehen, was noch alles passiert, wenn der Satellit mit dem Navigationsgerät kommuniziert. Es lohnt sich!
Dass wir die Laufzeit des Signals messen müssen, um die Position mittels GPS bestimmen zu können, hatten wir ja bereits festgestellt. Bei den Signalen handelt es sich um Funksignale, um Radiowellen. Radiowellen wiederum sind Teil des elektromagnetischen Spektrums, genau so wie das sichtbare Licht, die Infrarotstrahlung, die Mikrowellen und all die anderen Arten von Strahlung, die wir im Lauf unseres Spaziergangs kennengelernt haben. Licht und alle anderen elektromagnetischen Wellen bewegen sichimmer mit Lichtgeschwindigkeit; und weil wir diese Geschwindigkeit genau kennen, sind wir in der Lage, aus der Zeit, die das Signal braucht, die Entfernung zu berechnen, die es zurückgelegt hat. Denkt man ein wenig genauer darüber nach, ist das eigentlich ziemlich erstaunlich. Denn die Satelliten im All bewegen sich ja, während sie das Signal aussenden. Das sollte die Geschwindigkeit des Signals doch eigentlich beeinflussen.
Stellen wir uns dazu vor, wir würden in einem Zug sitzen. Uns gegenüber sitzt
Weitere Kostenlose Bücher