Der Komet im Cocktailglas
würde bei uns nur eine Geschwindigkeit von 1 km/h messen. Da der Fußgänger steht und der Autofahrer sich bewegt, können sie bei der Messung der Geschwindigkeit unseres Taxis nicht zum gleichen Ergebnis kommen.
Wenn es um fahrende Autos geht, ist das nicht weiter bemerkenswert. Aber wenn es keine Autos sind, die sich bewegen, sondern ein Lichtstrahl, dann gilt das, was Albert Einstein sagt: Licht bewegt sich immer gleich schnell, egal, wer die Messung durchführt und wie schnell er selbst sich dabei bewegt! Wenn der Fußgänger und der Autofahrer also nicht die Geschwindigkeit unseres Taxis messen würden, sondern die eines vorbeifliegenden Lichtstrahls, müssten sie beide zu exakt dem gleichen Ergebnis kommen, obwohl der eine still neben der Straße steht, der andere aber im Auto sitzt und sich bewegt. Es gibt nur einen Weg, wie das möglich sein kann: Die Zeit selbst läuft für den Fußgänger und den Autofahrer unterschiedlich schnell ab!
Der Fußgänger an der Ampel und der Fahrer auf der Nebenspur bewegen sich in Bezug auf uns mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Wenn sie aber, wie von Einstein gefordert, trotzdem die gleiche Geschwindigkeit messen, funktioniert das nur, wenn die Zeit für sie nicht gleich schnell abläuft. Im Ergebnis bedeutet das: Je schneller man sich bewegt, desto langsamer vergeht die Zeit! Bewegung hängt in diesem Fall immer vom Bezugssystem ab. Rein physikalisch macht es keinen Unterschied, ob sich ein Auto an einem stehenden Fußgänger vorbeibewegt oder ob wir uns im Auto als Ruhepol ansehen und uns vorstellen, die ganze Welt inklusive des Fußgängers draußen würde sich an uns vorbeibewegen. Alles ist relativ. Aus Sicht des Fußgängers vergeht die Zeit für den bewegten Autofahrer langsamer. Aus Sicht des Autofahrers ist es die Zeit des „bewegten“ Fußgängers, die langsamer vergeht. Zeit und Raum sind nicht absolut und für alle gleich, sondern hängen davon ab, mit welcher Geschwindigkeit man sich durch das Universum bewegt!
Diese Erkenntnis bildet die Grundlage von Albert Einsteins „Spezieller Relativitätstheorie“, die er 1905 veröffentlichte, und sie scheint unserer Erfahrung komplett zu widersprechen. Für uns vergeht die Zeit immer gleich schnell, egal, ob wir in einem Düsenjet über den Himmel sausen oder reglos im Fernsehsessel sitzen. Das liegt allerdings nur daran, dass die Unterschiede in der Zeit bei solchen Geschwindigkeiten enorm gering sind. Erst wenn wir uns fast so schnell wie das Licht bewegen könnten, würden wir merken, dass die Zeit langsamer verläuft. 1971 schickte man vier extrem genaue Atomuhren an Bord eines Flugzeugs zweimal um die Welt und verglich sie danach mit Atomuhren, die währenddessen am Boden geblieben waren. Und tatsächlich zeigten die Uhren aus dem Flugzeug eine andere Uhrzeit an als die ruhenden Uhren. Der Unterschied betrug nur wenige Nanosekunden, waraber exakt so groß, wie ihn Albert Einstein vorhergesagt hatte.
Die Effekte der Relativitätstheorie wurden in den letzten Jahrzehnten immer und immer wieder im Experiment bestätigt. Auch wir führen gerade so ein Experiment durch. Denn der Satellit, der das Navi des Taxifahrers mit Informationen über unseren Standort versorgt, bewegt sich ja ebenfalls. Er fliegt mit knapp 3,9 Kilometern pro Sekunde um die Erde. Die Zeit vergeht aus unserer Sicht für ihn also langsamer als für uns, und auch wenn der Effekt winzig ist, darf man ihn nicht ignorieren. Wir haben ja vorhin schon gesehen, dass die Messung der Signallaufzeit auf wenige Nanosekunden genau sein muss, wenn wir unsere Position ausreichend exakt bestimmen wollen. Wenn wir das Navigationsgerät benutzen, müssen wir diesen Effekt der Relativitätstheorie berücksichtigen. Dass das unscheinbare Kästchen am Armaturenbrett des Taxis funktioniert und unsere exakte Position anzeigt, hat also einen ganz konkreten Grund: Raum und Zeit sind nicht absolut. Für den Satelliten, der die Signale an das Navi sendet, vergeht die Zeit langsamer als für uns, die wir im Auto die Straße entlangfahren. Das mag unwahrscheinlich erscheinen, aber die Realität ist tatsächlich so beschaffen. Das Navigationsgerät demonstriert es uns eindrücklich. Es zeigt uns aber eine noch viel seltsamere Eigenschaft des Universums.
Auf dem kürzesten Weg von A nach B
Einsteins spezielle Relativitätstheorie erklärt uns, dass die Zeit anders vergeht, wenn wir uns bewegen. Seine Theorie trägt aber nicht umsonst den Zusatz „speziell“. Das ist
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