Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
aufgetakelt auf so eine Art,
dass die Männer ihr verstohlen hinterher schauten. Einmal hatte sich sogar der Xaver
nach ihr umgedreht. Da hätte Maria ihm am liebsten die Krallen durchs Gesicht
gezogen! Und an ihren Zigaretten pflegte die Langner auf eine Weise zu saugen,
die einfach ordinär war. Die Kerbel Hanni, die Bäckerin, die von ihrem Haus aus
die ganze Straße im Blick hatte, behauptete sogar, die Therese bekäme heimlich Männerbesuch,
Herren in dunklen Anzügen, die niemand im Ort kannte, manchmal sogar mehrere
gleichzeitig und immer nach Einbruch der Dunkelheit.
»Schaust dir das
Schaufenster an, Maria? Und so vertieft, dass du niemanden siehst!«
»Ach, ich habe ja gar
nicht geschaut, ich stehe hier nur gerade so …«
Die Therese lächelte.
Sie war heute viel dezenter geschminkt als sonst, sodass sie beinahe nett
aussah.
»Magst du nicht einen
Kaffee trinken gehen? Da hinten ist ein neues Café, das sieht gemütlich aus.
Ich lad dich ein.«
Maria warf einen raschen
Blick auf die Uhr. »Ich glaube, dafür reicht meine Zeit nicht mehr. Ich muss
doch gleich den Buben von der Sportstunde holen.«
»Schade.« Die Therese
zog ein schiefes Gesicht. »Ich find ja immer, es ist ein Jammer, dass wir beide
uns nicht besser kennen. Ich bin allein. Und dein Mann ist auch viel unterwegs.
Da könnte man sich doch ab und zu mal auf ein Schwätzchen treffen, meinst du nicht?«
»Was meinst du damit,
dass mein Mann viel unterwegs ist? Hast du ihn irgendwo gesehen?«, fragte
Maria, die prompt in die Falle tappte.
»Na, in den letzten
Tagen, meine ich. Wegen dem Stein da auf eurem Acker. Davon weiß doch
inzwischen die ganze Welt. Mit der Studentin, dieser Hübschen aus München.«
Musste sie erwähnen,
dass die Monika Schwalbe hübsch war?
»Ja, da gibt es eben ein
paar Sachen zu klären«, sagte Maria. »Rechtliche Angelegenheiten. Da muss sie
den Xaver halt beraten.«
»Beraten, so …« Therese
Langner lächelte wieder. Sie verbreitete eine Duftwolke mit grüner Note, so als
habe sie in Waldkräutern gebadet. »Heute früh habe ich deinen Mann auch wieder
gesehen. In dem Wagen von der Studentin, auf der Landstraße bei Bad Endorf. Da
haben sie bei einem Wäldchen gehalten.«
»Das kann schon sein.
Sie wollten nach München zu einem Anwalt fahren«, sagte Maria, die das Gefühl
hatte, gleich in Tränen auszubrechen. »Und ich muss jetzt wirklich gehen, der
Bub wartet schon.«
»Vielleicht ein anderes
Mal, Maria. Ich bin immer für dich da!«
Maria drückte ihre
Einkaufstasche an sich und hastete davon. Aus den Augenwinkeln sah sie gerade
noch, wie die Therese sich eine Zigarette in den Mund steckte und mit einem
goldenen Feuerzeug anzündete.
21
Dr. Hasenpfeffer
blätterte erneut in seinem Ordner. Er schien einer der Letzten seines Standes
zu sein, der tatsächlich noch handschriftliche Akten führte.
»Könnte man am Ende
vielleicht sogar sagen, es wäre besser, wenn der Meteorit vom Herrn Birnbaum
nicht unter das Schatzregal fiele?«, überlegte die Schwalbe.
»Auch in diese Richtung
habe ich natürlich überlegt …« Dr. Hasenpfeffer zeigte eine mit winzigen
Buchstaben bedruckte Seite vor, die einer juristischen Fachzeitschrift
entnommen war. »Im Recht der Schweiz gibt es den Begriff des herrenlosen
Naturkörpers. Das wären beispielsweise Steine, die irgendwo herumliegen. Ist so
ein Naturkörper allerdings ein Gegenstand von wissenschaftlichem Interesse,
wird er automatisch Eigentum des Kantons und darf nicht ohne Genehmigung der
Behörden veräußert werden. Der Finder beziehungsweise der Eigentümer des
Grundstücks hat zwar Anspruch auf eine Vergütung. Aber was da angemessen ist,
wird schwerlich schnell und nur selten gerecht entschieden und wäre mit
Sicherheit nicht so viel, wie Herr Birnbaum gerne hätte.«
»Da gab es aber doch vor
ein paar Jahren schon mal so einen Fall«, erinnerte sich die Doktorandin. »Der
Neuschwanstein-Meteorit.«
»Genau daran erinnerte
ich mich auch«, bestätigte Dr. Hasenpfeffer. »Ein Präzedenzfall, der
folgendermaßen gelagert war: Ein Meteorit ging über Bayern nieder. Noch vor dem
Aufprall zerbrach er in mehrere Teile. Eines dieser Teile landete in Tirol. Ein
deutscher Bergsteiger berechnete den Aufprallort und fand das Bruchstück tatsächlich.
Die Tiroler Gemeinde war nicht faul und erhob Anspruch auf das Fragment, weil
es auf einer Geröllhalde gefunden wurde, die der Gemeinde gehörte.«
»Soweit ich mich
erinnere, durfte der Finder den
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