Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
streicheln.
»Fassen Sie mich nicht
an!« Maria stieß die tätowierte Hand beiseite. Ihre Stimme war schrill vor
Angst.
Graues Lächeln
erstarrte. »Wie viel bedeuten Sie Ihrem Mann? Und das Kind, das Sie erwarten.
Was ist es ihm wert?«
»Alles!«, sagte Maria
mit rauer Stimme.
»Das klingt doch gut!«
Er lachte auf. »Dann wollen wir ihn am besten gleich einmal anrufen, damit er
sich über Ihr Ausbleiben nicht beunruhigt.«
»Was wollen Sie von
ihm?«, fragte Maria, obwohl sie es längst wusste.
»Nur einen Stein. Den
wunderbaren schwarzen Stein. Das Zepter des Druiden. Der große Stein ist unser
Vater, unser Beschützer. Der Stein ist ewig!« Das Vibrato in der Stimme des
grauen Hermann wurde fanatisch. »Wir leben in der Tradition unserer keltischen
Vorfahren. Hier, in den Höhlen des großen Steins, wo schon unsere Ahnen
Zuflucht fanden, als der Himmel über ihren Köpfen zusammenbrach!«
Die Berggrün betrachtete
ihn indessen mit einem sezierenden Blick aus zusammengekniffenen Augen. Ihre
Mundwinkel zuckten spöttisch. Er begann wirklich überzuschnappen. Längst hatte
er die Realität aus dem Blick verloren und verfing sich in seinen eigenen Schlingen.
Damit würde er sich selbst entthronen. Wahrscheinlich hielt er sich inzwischen
tatsächlich für einen Druiden. Er war nicht mehr tragbar. Er hatte sich selbst
überlebt …
»Seit vielen Hundert
Jahren warten wir auf das Zeichen«, sang Graue mit weihevoller Stimme. »Und nun
ist es erschienen, auf dem Weizenfeld des Mooshamer-Hofs, nachdem ein Blitz die
Eiche gespalten hat!«
»Es war eine Linde«, sagte
Maria trotzig. »Und wenn Sie den blöden Kometen meinen, den können Sie gerne
haben und ihn sich sonst wohin stecken!«
»Es reicht«, sagte Zilla
Berggrün. »Hermann, ich denke nicht, dass Frau Birnbaum Verständnis für unsere
Ziele hat. Und Frau Birnbaum, ja, wir meinen den Meteoriten. Ihr Mann würde ihn
doch wohl hergeben, wenn er Sie dafür wiederbekommt, nicht wahr, und zwar ohne
hässliche Narben auf den Wangen und ohne, dass Igor sich Ihrer vorher annimmt.«
Der stumme Lakai trat
einen Schritt näher.
»Igor hat eine Kraft in
den Händen, das würden Sie gar nicht glauben.« Die Berggrün lächelte. »Ich habe
selbst gesehen, wie er mit der bloßen Handkante einen Ziegelstein zerschlägt.
Und so ein ordentlicher Schlag in Ihren runden Bauch könnte ziemlich wehtun, und
zwar nicht nur Ihnen, sondern auch …« Nun grinste sie.
Maria erbleichte. »Wir
tun alles, was Sie wollen!«
Hermann Graue ergriff
wieder das Wort. »Gut. Das dachte ich mir doch. Wo haben Sie Ihr Handy?«
Maria tat so, als suchte
sie in ihrer Manteltasche. »Vielleicht habe ich es im Wagen liegen lassen«,
murmelte sie.
»Zilla?«
Die Lehrerin nickte.
»Dein Handy. Frau
Birnbaum möchte ihren Mann anrufen.«
Mit zitternden Fingern
tippte Maria die Nummer ein. Sie ließ es zehn Mal läuten, fünfzehn Mal. Aber
auf dem Mooshamer-Hof meldete sich niemand.
»Er geht nicht ran. Soll
ich es später noch einmal versuchen?«
»Hat Ihr Mann keine
Mobilnummer?«
Maria nickte gehorsam.
Dann wählte sie die Mobilnummer ihres Mannes.
19
Birnbaum heizte ziemlich
kopflos in Richtung Stein, um dort auf die Straße nach Rosenheim abzubiegen.
Vielleicht stand der Wagen von der Berggrün dort auf der Strecke. Vielleicht
hatten sie eine Panne gehabt, waren irgendwo eingekehrt? Im Rückspiegel sah er
den grauen Wagen, der ihm seit Palling ohne zu überholen folgte, obwohl er
sicher flotter war als der Passat. Birnbaum stieg scharf auf die Bremse. Der
graue Zivilwagen fuhr ihm fast auf die Stoßstange. Kommissarin Wintersruh hatte
ihn nicht unbegleitet fahren lassen.
»Versuchen Sie nicht,
mich von irgendetwas abzuhalten!«, rief Birnbaum aus dem Fenster zu den beiden
Männern hinüber, deren Gesichter hinter den Scheiben nur zu erahnen waren.
Einer der Zivilbeamten stieg aus. »Versuchen wir ja gar nicht, Herr Birnbaum.
Nur falls es brenzlig wird, sind wir eben dabei. Wo wollen Sie denn jetzt hin?
Haben Sie einen Plan?«
»Nein«, sagte Birnbaum
resigniert und drückte die Stirn aufs Lenkrad. »Ich habe keinen Plan. Ich habe
keine Ahnung, wohin die Berggrün mit meiner Frau gefahren sein könnte.«
In diesem Moment begann
das Handy in seiner Hosentasche zu summen. Die Nummer auf dem Display war ihm
unbekannt. Als er die Stimme seiner Frau erkannte, sprang er aus dem Sitz. Die
Beamten horchten auf. Birnbaum wurde hektisch. Er nickte, wirkte verwirrt,
nickte
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