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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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machen, selbst wenn es nur darum geht, dass ihr beide mit mir verwandt seid.”
    “Das dachte ich mir auch.”
    Sie schweigt und trinkt einen großen Schluck Wodka. “Ich bin mir nicht sicher, was wir mit dem Jungen machen sollen.”
    “Mit ihm machen?”, wiederhole ich erschrocken. “Wie meinst du das?”
    “Wenn die Gestapo zurückkehrt und Łukasz sieht, wird man uns Fragen stellen.”
    “Aber er ist heute Abend doch ruhig geblieben …”
    “Anna, so einfach ist das nicht. Glaubst du, es war ein Zufall, dass die Gestapo herkommt und nach Jakub fragt, nachdem der nur Minuten zuvor das Haus verlassen hat? Nein”, beantwortet sie ihre Frage selbst.
    Ich halte den Atem an. “Ein Spitzel?”
    “Ja. Vielleicht einer meiner Nachbarn, der ihn hier eintreffen sah. Vielleicht auch ein Verräter in der Bewegung. Ich mache mir darüber Sorgen, seit wir wissen, dass Informationen nach außen dringen. Da könnte irgendwo jemand sein, der weiß oder zumindest vermutet, dass ihr beide nicht diejenigen seid, für die ihr euch ausgebt. Womöglich ist es zu unsicher, wenn Łukasz noch länger bei uns bleibt.”
    “Nein!”, rufe ich erschrocken und nehme den Jungen in meine Arme. “Er hat sich gerade erst an uns gewöhnt, wir können ihn jetzt nicht fortschicken!”
    “Unter Umständen bleibt uns gar keine andere Wahl, Anna. Am wichtigsten ist, dass er in Sicherheit ist und überlebt.”
    Ich stehe auf und halte Łukasz weiter fest. “Aber …”
    “Ich weiß, du hast ihn sehr lieb gewonnen. Mir geht es nicht anders. Aber er ist weder dein noch mein Kind. Er wird vielleicht nicht für immer bei uns bleiben. Das ist dir doch klar, oder?”
    Ich antworte nicht, sondern vergrabe mein Gesicht in Łukasz’ Locken.
    “Wohin sollte er denn gehen?”, frage ich schließlich.
    Krysia hält kurz inne, dann räumt sie ein: “Das weiß ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Platz gibt, an dem er momentan sicherer wäre als bei uns. Ich werde vorläufig gegenüber der Bewegung noch nichts sagen. Aber du musst akzeptieren, dass es dazu kommen kann.”
    “Vielleicht kann ich …” Ich wollte soeben vorschlagen, mit dem Kommandanten zu reden und ihn zu bitten, uns die Gestapo vom Hals zu halten, doch ich spreche es nicht aus.
    “Komm.” Sie stellt ihr Wodkaglas weg und steht ein wenig wacklig auf. Ich merke ihr an, dass sie sich vom Auftauchen der Gestapo noch nicht erholt hat. Sie streckt die Arme aus. “Ich bringe ihn ins Bett.”
    “Nein.” Ich wende mich von ihr ab, weil ich Łukasz nicht hergeben will. In dem Moment tritt Krysia auf die Milchtasse, die der Junge auf dem Boden hat stehen lassen. Die Tasse zerbricht, und ich sehe mit an, wie Krysia nach hinten kippt und mit einem lauten Aufschrei auf dem harten Holzboden landet.
    Sofort eile ich zu ihr, immer noch den Jungen auf dem Arm. “Krysia, ist alles in Ordnung?”
    Sie antwortet nicht, und ich merke, wie aufgewühlt sie ist. “Mir geht es gut”, sagt sie schließlich gereizt. Ich halte meine Hand hin, um ihr aufzuhelfen, aber sie ignoriert sie und steht bedächtig und ohne meine Hilfe auf.
    “Es tut mir leid”, entschuldige ich mich verlegen. Krysia ist unsere Beschützerin, und ich behandele sie wie einen Feind.
    “Das macht dieser Krieg”, sagt sie und nimmt mir Łukasz nun doch aus den Armen. “Niemand ist mehr er selbst.”
    Plötzlich erinnere ich mich an mein Gespräch mit Jakub und an mein Gefühl, dass er hergekommen ist, weil etwas Schreckliches geschehen wird. Etwas, das ihn daran hindern könnte, je wieder zu mir zurückzukommen. Mein Magen verkrampft sich. “Ich muss mich mit Alek treffen.” Mich überrascht, wie kalt und energisch meine Stimme klingt.
    Krysia sieht mich erstaunt an. “Möglicherweise wird das nicht machbar sein.”
    “Ich weiß, es gibt Mittel und Wege”, gebe ich beharrlich zurück. “Notfalls ziehe ich los und mache mich allein auf die Suche nach ihm.”
    “Also gut”, lenkt sie daraufhin ein. “Ich werde versuchen, ihm eine Mitteilung zukommen zu lassen, dass er sich nächsten Dienstag mit dir treffen muss.”
    Ich will schon auf einem früheren Termin bestehen, doch ich weiß, dass es selbst für Krysia Grenzen des Machbaren gibt. “Danke”, sage ich. “Aber nur Alek. Ich muss ihn persönlich sprechen.”
    “Anna, ich weiß, du bist besorgt”, erwidert Krysia. “Aber du kannst die Bewegung nicht aufhalten. Sie wird das tun, was erforderlich ist.”
    Ich äußere mich nicht dazu. Krysia

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