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Der Kopflohn

Der Kopflohn

Titel: Der Kopflohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Seghers
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Kunkel.«
    Kößlin lachte, wodurch sein Gesicht noch jünger, heller und sorgloser wurde. »Das ist doch nicht für die Katz.« Er legte seine Hände auf Johanns Schultern. »Das verstehst du eben nicht, weil du nicht bei uns bist. Das ist alles ein großes Geld, das ist alles ein Volk, ob’s in dem Bastian seinem Strumpf ist oder auf dem Konto von dem alten Merz oder in der Kasse von dem Kunkel. Und der Christian, wart mal erst ab, wenn der länger bei uns ist, das wird ein ganz anderer Mann.«
    Johann sagte: »Er wird kein anderer Mann. Er wird ein Mann mit Besitz bleiben, mit soundso viel Land und Vieh und Treibhaus. Du wirst du bleiben, ohne Treibhaus,ohne Land, ohne Vieh. Du du, der Merz der Merz, der Zillich der Zillich.«
    »Ach, Johann. Du weißt nichts von uns. Du redest. Der Zillich, den drückt’s. Wirklich. Wir werden ihm seine Schulden durchstreichen, dann wird er ein anderer Mann sein.«
    »Der Merz wird seinen Hof behalten, der Zillich wird seinen Hof behalten. Kuck dir die Höfe an. Vergleich mal.« Sie standen sich noch immer gegenüber. In Kößlins Gesicht begann die Helligkeit zu versickern. Ein Strich auf der Stirn veränderte es vollkommen. Er zog die Hände von Johanns Schultern zurück. »Willst du denn alle Männer über einen Leisten geschlagen haben, wie drüben in Rußland? Vielleicht noch mit ’nem heißen Eisen ’ne Zahl auf den Arsch, wie die Hammel?«
    »Ach, Kößlin! Wenn man dir Werkzeug gibt und ein Grundstück, und dem Kunkel dasselbe Werkzeug und dasselbe Grundstück, dann sieht man ja erst, wer von euch der richtigere Gärtner ist.«
    Kößlins Gesicht wurde wieder hell und fröhlich. »Und du, Johann, was tust du denn andres als ich? Mußt mal hören, was über dich geredet wird: Der Mensch schafft wie ’n Feind, aber wofür bloß?« – »Dann gibst du ihnen zur Antwort, ich hätt dir gesagt, es wär angebracht, daß ein armer Teufel dem andern armen Teufel hilft.«
    Sie hörten Schritte hinter dem Treibhaus. Der jüngere Kunkel, Gottlieb, trat heran und fragte verdrießlich, ob sein Bruder zurück sei. Als Kößlin nein antwortete, sah er erleichtert aus. Kößlin legte den Arm um den Jungen. Der drückte sein Gesicht an Kößlins Schulter. Kößlin schickte ihn ins Haus, den Kitt aufwärmen. Er sagte: »Komisch mit dem Jungen. Mir folgt er, arbeitet mir gut in die Hand, aber bei seinem Bruder knurrt er, wird schlampig.«
IV
    Naphtel erblickte seinen Schwiegersohn Elster erst, als er sich schon ins Billardzimmer gesetzt hatte. Er ärgerte sich. Er hatte morgens aus dem Fenster dem Streit mit zugehört, den Elster mit seiner Frau gehabt hatte. Statt sich zu versöhnen, saß der im Café herum. Er war aber jetzt zu erregt, um über die Ehe seiner Tochter nachzugrübeln. Er hatte einen Käufer für das Haus gefunden, das dem alten Merz gehörte. Jetzt fürchtete er nichts mehr auf der Welt, nicht mehr das Unglück seiner Tochter, nicht mehr die in den letzten Wochen immer häufigeren Stiche in den Nieren, nicht mehr sein schwaches, immer schneller auf den Tod zuflatterndes Herz, er fürchtete nur eins: daß der alte Merz zu lange zögern und der Käufer durchschlüpfen könnte.
    »Nein, du störst mich. Bleib an deinem Tisch.« Er warf einen Blick durchs Fenster und fügte hinzu: »Da kommt er schon.« Unter dem Vieh, das an diesem Morgen auf den Marktplatz trottete, tauchte der alte Merz auf wie ein alter, feierlicher Hirt. Er hob seinen Stock gegen das Fenster und berührte mit dem silbernen Knauf den alten Naphtel, der sich stellte, als ob er nicht nach ihm ausgespäht hätte. Als er kurz darauf um das Billard herumkam, schien es dem Naphtel, er stützte sich diesmal etwas mehr als das letztemal auf seinen Knaufstock. Der alte Merz wiederum dachte, in einer Woche seien die Säcke unter Naphtels Augen noch schlapper geworden. Während sich ihre Augen noch argwöhnisch betrachteten, zuckten ihre Bärte und Hände schon aufeinander zu. Naphtel sagte: »Also, Herr Merz, ich hab einen – « – »Na, gut.« – »’n sonderbaren Heiligen. ’n Amerikaner. Er will durchaus ’n Laden am Markt für so ’n Einheitspreisgeschäft. Eigentlich ist das ein ungeheurer Glückszufall.« Er fing an, die letzte Woche zu schildern, auf der Spur dieses Kunden. Aber Merz hatte keine große Lust, von dieser Jagd zu hören. Er sagte bloß:»Man kann das ja mal ins Auge fassen.« Naphtel sagte: »Man muß sich aber entscheiden. Der Mann unterhandelt auch mit Straub. Sie müssen schnell

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