Der Kraehenturm
besten Freund in ein Monster verwandelt.«
»Zacharas?«
Gismara nickte und erzählte ihm ihre und Silas’ Geschichte. »Auberlin muss Zacharas aus irgendeinem Grund in den Schattenverschlinger verwandelt haben und kontrolliert ihn seitdem.«
Den jungen Gelehrten verwirrten all die neuen Erkenntnisse. Er nahm einen Stift und begann, sich alles in zeitlicher Reihenfolge zu notieren.
»Vor vielen Jahrhunderten wurde der Schleier in Heidelberg erschaffen, und die Fragmente, die ihn stabilisieren, in anderen Städten verborgen. Irgendwann wurde der Bund gegründet, mit der Absicht, die Magie in die Welt zurückzuholen, woraufhin sie in einem langwierigen Unternehmen ein Fragment nach dem anderen in ihren Besitz brachten. Vallentin kam ihnen auf die Schliche, doch bevor er die Zusammenhänge erkannte, tötete der Puppenmacher ihn im Auftrag des Bundes. Als nur noch das letzte, in Heidelberg verborgene Fragment zu finden war, erschuf Auberlin aus Zacharas den Schattenverschlinger, um mit seiner Hilfe den Aufenthaltsort des Fragments aus den verdächtigen Männern herauszupressen. Nur hat er nicht damit gerechnet, dass noch genug von Silas’ Bruder in der Bestie steckte, um uns Hinweise zu geben.«
Gismara nickte. »Das ergibt Sinn. Aber warum wurde die Nixe getötet?«
Icherios schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Wir müssen es den anderen erklären und dann Auberlin unschädlich machen. Wenn dieser Mistkerl Zacharas nicht mehr zwingen kann, diese Verbrechen zu begehen, wird er auch endlich Ruhe finden können.«
»Oder der Wahnsinn ergreift vollständig Besitz von ihm.«
»Ich kenne Zacharas, er ist stark.« Die Hexe wandte sich zum Gehen, doch Icherios hielt sie auf.
»Wir können Franz nicht trauen.«
»Ungeachtet Eurer Zweifel könnt Ihr das«, erklang eine Stimme hinter ihrem Rücken.
Icherios stieß vor Schreck ein Fläschchen mit gemahlenen Krötensteinen um, als er herumfuhr. Vor ihm stand der schwarzhaarige Mann, mit dem er Carissima und den Doctore gesehen hatte.
»Der Glasfürst«, hauchte Gismara.
»Ihr kennt ihn?«, fragte der junge Gelehrte.
»Auch Tinuvet Avrax genannt.« Er verbeugte sich mit einem schelmischen Grinsen.
»Jeder, der sich mit Magie und übernatürlichen Kreaturen in Heidelberg beschäftigt, stößt früher oder später auf den Glasfürsten«, erklärte die Hexe.
»Obwohl mich Eure Schönheit bezaubert, bringe ich doch schlechte Kunde.« Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. »Carissima ist tot.«
»Nein, das kann nicht wahr sein. Das … das ist doch nicht möglich.« Icherios wurde kreidebleich vor Schreck. »Was habt Ihr getan?« Er stürzte auf den Glasfürsten zu und wollte ihn packen, doch dieser zerfiel unter seinen Fingern zu feinem Staub.
»Ein Verräter hat sie getötet, als sie Euch vor ihm warnen wollte«, erklang Avrax’ Stimme hinter ihm.
Mit einer Mischung aus Misstrauen, Zorn und Faszination drehte sich der junge Gelehrte um. »Wieso sollte ich Euch glauben?«
»Er könnte uns töten, ohne auch nur einen Kratzer davonzutragen«, erklärte Gismara. »Wenn ihn nicht gerade die Langeweile quält, gäbe es keinen Grund für ihn, solche Spielchen zu treiben.«
»So ist es, Gesegnete.«
Icherios war noch nicht ganz überzeugt, dennoch beschloss er, vorerst mitzuspielen. »Wer ist der Verräter? Franz?«
»Nein, Euer kleiner Studentenfreund Marthes. Auberlin setzte ihn auf Euch an, sobald ihm Euer Kommen angekündigt worden war.«
In dem jungen Gelehrten zerbrach etwas. Die Gewissheit, verraten worden zu sein, zwang ihn in die Knie. Er wollte nicht glauben, dass der lustige, leichtfertige junge Mann ein Mörder war. Doch alles schien zusammenzupassen. Er hatte von seinem Plan, beim Puppenmacher einzudringen, gewusst und ausreichend Zeit gehabt, Nispeth zu töten, und alles nach dem Werk einer Werratte aussehen zu lassen. Jetzt verstand er auch, weshalb Marthes gegrinst hatte, als man ihn in den Karzer steckte.
»Aber warum Carissima?«
Eine Träne rollte über die Wange des Glasfürsten, verwandelte sich im Fallen zu Glas und zersprang auf dem Boden.
»Es war meine Schuld. Man erpresste mich, doch ich wollte mich nicht länger beugen und erzählte Carissima die Wahrheit. Plötzlich wurden wir angegriffen, und sie floh, um Euch zu warnen. Dabei geriet sie in einen Hinterhalt – die Ränke des Bundes sind überaus raffiniert.«
»Wie ist sie gestorben?« Icherios war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit ertragen würde. Wie sollte er
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