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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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deinem Heim und belästige damit keine anderen Bürger. Leben und leben lassen. Aber nicht das ist es, was für Probleme sorgt.« Er tippte bei jedem Wort, das folgte, auf den Tisch. »All diese Gruppen beziehen sich auf die Offenbarung, auf apokryphe Schriften ...«
    »Am Ende läuft es immer auf das Gleiche hinaus«, sagte Collingswood.
    »Ein bisschen stimmt das«, sagte Baron. »Bei jedem heiligen Buch interessieren wir uns für das letzte Kapitel.«
    »Der verdammte Apostel Johannes«, sagte Collingswood. »Das geht zackzack.«
    »Worauf meine Kollegin hinauswill, ist, dass eine ganze Johannes-Welle auf uns zurollt. Eine Art Epidemie der Eschatologien. Wir leben«, sagte er, zu knapp, um auch nur eine Spur von Humor in seiner Stimme wahrzunehmen, »in einer Zeit der rivalisierenden Endzeitkonzepte.«
    Collingswood nickte. »Ragnarök gegen Geistertanz gegen Kali-Yuga gegen Qiyamah yadda yadda.«
    »Damit bekehrt man heutzutage neue Anhänger«, sagte Baron. »Es ist der reinste Käufermarkt in Sachen Apokalypse. Es geht immer darum, was gerade angesagt ist im Armageddon der Häretiker.«
    »Für eine Ewigkeit war das alles nur Gerede«, erklärte Collingswood. »Aber plötzlich ist wirklich etwas im Gang.«
    »Und sie alle bestehen darauf, dass es jeweils allein ihre Apokalypse ist, die stattfinden wird«, sagte Baron. »Und das bedeutet Verdruss. Denn sie bekämpfen sich deswegen.«
    »Was meinen Sie damit, dass etwas im Gang ist?«, fragte Billy, aber weil er selbst so verwirrt war und angesichts der so offenkundig realen Unmöglichkeiten, kam der Hohn, den er in seine Worte legte, nicht richtig zur Entfaltung. Collingswood stocherte in der Luft herum und rieb die Finger gegeneinander, um anzudeuten, dass sie etwas spürte, so als hätte die Welt etwas auf ihr abgelagert.
    »Man muss immer aufpassen, wenn sie sich auf irgendetwas einigen«, sagte sie. »Ich meine die Propheten. Denn das ist wirklich das Letzte, was man sich von Propheten wünscht. Selbst, nein, vor allem wenn sie sich hinsichtlich der Details nicht einig werden. Haben Sie von dem Zusammenstoß der Kapuzen-Punks und der Asbos in East London gehört?« Sie schüttelte den Kopf. »Die Brüder des Vulpus haben sich mit einer Gruppe Druiden angelegt. Sehr hässlich. Deren Sicheln sind messerscharf. Und dabei ging es nur darum, wie die Welt einmal enden wird.«
    »Wir sind überfordert, Harrow«, sagte Baron. »Denn wir beschäftigen uns eigentlich mit anderen Dingen: Kinderopfer, Tierquälerei und was es sonst noch gibt. Aber es ist das Weltenende, wo die Musik spielt. Es wird immer schwieriger, die Streitigkeiten der Apokalyptiker unter Kontrolle zu halten. Wir schaffen es nicht. Das gebe ich offen zu. Vor allem jetzt, wo etwas Bedeutsames geschehen ist.
    Verstehen Sie mich nicht falsch - ich habe für Glückskekse genauso wenig übrig wie Sie. Trotzdem. Vor kurzem glaubte die Hälfte aller Propheten in London zu wissen, ja, zu wissen, dass das Ende der Welt unmittelbar bevorsteht.« Er klang nicht so, als spottete er darüber. »Und ich will verdammt sein, wenn ich wüsste, was das alles zu bedeuten hat, aber plötzlich wurde es um einiges klarer, endgültiger. Etwa zu dem Zeitpunkt, als Sie wissen schon was geschah.«
    »Ihr Kalmar löste sich in Luft auf«, sagte Collingswood.
    »Es ist nicht mein Kalmar.«
    »Oh doch, das ist er«, widersprach sie. »Kommen Sie schon, das ist er ganz eindeutig.« Als sie es aussprach, fühlte es sich so an, als sei es tatsächlich seiner. »Es ist schon wieder passiert«, sagte sie zu Baron. »Es kam wieder mal näher.«
    »Die haben die Öffentlichkeit mit hineingezogen«, sagte Baron. »Und das geht nicht. Wir geben uns alle Mühe, um die Bürger außen vor zu halten. Aber wenn jemand wie Sie, jemand, der Bescheid weiß, meine ich, mit der Nase darauf gestoßen wird, nun, dann machen wir uns das zunutze.«
    »Einige Leute sind eben bessere Kandidaten als andere«, meinte Collingswood. Sie beobachtete Billy aufmerksam. Dann beugte sie sich vor. »Machen Sie mal 'ne Minute den Mund auf«, verlangte sie. Er dachte nicht daran, nein zu sagen. Sie blickte an seinen Zähnen vorbei. »Sie hätten Ihren Freunden nicht von dem Kalmar erzählen sollen«, sagte sie. »Sie hätten es nicht können sollen.«
    »Vardy braucht mich nicht«, sagte Billy. »Er kann das alles selbst recherchieren. Und ich brauche Sie nicht.«
    »Ich weiß, der Professor kann manchmal ein wenig abweisend und verwirrend sein.« Baron nahm eine

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