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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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von Collingswoods Zigaretten.
    »Es war die Art, wie er redete«, sagte Billy. »Über die Kalmar-Verehrer. Es klang, als gehörte er dazu.«
    »Sie haben es genau getroffen«, erwiderte Baron. »Es ist wirklich so, als sei er einer von ihnen. Er hat ein wenig Durchblick.«
    »Man muss einer von ihnen sein, um sie zu erkennen«, sagte Collingswood. »Oh ja.«
    »Was?«, fragte Billy. »Er war einer von diesen ...?«
    »Er war ein Gläubiger«, sagte Baron. »Wuchs als eingefleischter Wiedergeborener auf. Als Kreationist, als Literalist. Sein Vater war ein Presbyter. Jahrelang gehörte er dazu. Verlor dann seinen Glauben, aber nicht sein Interesse, zu unserem Glück, und seinen Verstand auch nicht. Bei jeder Gruppierung, die wir uns ansehen, verhält er sich wie ein Konvertit« - Baron klopfte sich auf die Brust - »weil er es für einen kurzen Moment tatsächlich ist.«
    »Es ist mehr als das«, bemerkte Collingswood. »Er wird damit einfach nicht fertig.« Sie schenkte Billy ein rauchiges Lächeln und hielt sich eine Hand vor den Mund, als wollte sie ihm etwas zuflüstern, was sie jedoch nicht tat. »Er vermisst es. Er ist unglücklich. Er war nicht daran gewöhnt, sich mit dieser vom Zufall bestimmten Realität auseinanderzusetzen. Er ist sauer, weil die Welt so gottlos und sinnentleert ist, verstehen Sie? Er würde gleich morgen zu seinem alten Glauben zurückkehren. Wenn er könnte. Aber jetzt ist er dafür zu klug.«
    »Das ist sein Kreuz«, sagte Baron. »Tra-ra! Schönen Dank auch.«
    »Er weiß, dass Religion Blödsinn ist«, erklärte Collingswood. »Er wünscht sich nur, er wüsste es nicht. Deshalb versteht er die Spinner. Deswegen jagt er sie. Er vermisst den reinen Glauben. Er ist eifersüchtig.«

8
    Spät, in tristem Regenwetter, fuhr Baron Billy zurück zu seiner Wohnung. »Kath wird sich Ihre Sicherheitsmaßnahmen ansehen«, sagte er.
    »Ich habe keine.«
    »Eben.«
    »Ich will ja nicht, dass Ihnen jetzt noch was passiert«, sagte sie. »Nicht mehr jetzt, wo Sie wertvoll sind.« Er musterte sie von der Seite. »Und lassen Sie in den nächsten Tagen niemanden rein, den Sie nicht kennen.«
    »Machen Sie Witze?«
    »Passen Sie auf, die sind nicht dumm«, sagte Baron. »Die wissen auch, dass wir da sind. Aber es gibt bestimmt eine Menge Fragen zu Ihrer Person, die diese Leute zu gerne beantwortet hätten, und Neugier kann ein echter Klotz am Bein sein. Also, die Sicherheit hat Vorrang, ja?« Er drehte sich um und sah Billy auf der Rückbank an. »Mir gefällt das genauso wenig wie Ihnen. Also schön, vielleicht gefällt es Ihnen doch noch weniger als mir.« Er lachte.
    »Sollten Sie mich nicht beschützen?«, fragte Billy.
    »›Wanna be in my gang, my gang, my gang‹«, sang Collingswood.
    »Gary Glitter?«, sagte Billy. »Ernsthaft?«
    »Na ja, ich würde nicht von Gefahr sprechen«, sagte Baron. »Ich schätze, schlimmstenfalls ist das einfach lästig. Wir verlangen auch nicht, dass Sie niemanden hereinlassen ...«
    »Ich verdammt schon«, fiel ihm Collingswood ins Wort, aber Baron sprach einfach weiter. »... sofern Sie nur Leute reinlassen, denen sie vertrauen, ist alles bestens. Seien Sie einfach vorsichtig. Sie sind nur ein kleiner Fisch. Die haben, was sie wollen.«
    »Den Kalmar«, sagte Billy.
    »Collingswood wird ein ordentliches Sicherheitssystem installieren. Sie können ganz beruhigt sein. Und wissen Sie, wenn Sie auf unser Angebot eingehen, dann könnten wir es sogar noch aufrüsten.«
    Billy starrte die beiden an. »Das ist kein Jobangebot. Das ist so etwas wie eine Schutzgelderpressung. Fast buchstäblich, nur dass Sie nicht mein Geld wollen als Gegenleistung für den Schutz.«
    »Aber, aber ...« Collingswood tätschelte seine Wange. »Da haben wir wohl einen Hang zum Drama, was? Hier geht's nur um ein paar Zusatzleistungen. Die gibt's in jedem Job.«
    Baron dirigierte Billy Richtung Küche, während sich Collingswood an der Eingangstür zu schaffen machte. Sie sah sich nachdenklich im Korridor um und musterte das Schränkchen, auf dem Billy seine Schlüssel und seine Post abzulegen pflegte. Sie war schon ein Anblick. Völlig zerzaust, auf den Zehenspitzen, die Zigarette lässig zwischen den Lippen wie in einem französischen Film, stocherte sie an der oberen Ecke seiner Tür herum, mit einem Selbstvertrauen und einer Präzision, die Billy bei so einem jungen Menschen nicht vermutet hätte.
    »Sie müssen begreifen, wovon wir sprechen.« Baron stöberte, ohne zu fragen, auf der Suche

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