Der kranke Gesunde
geht hier als Einstieg erst einmal darum herauszufinden, wie man auf sein Symptom reagiert. Die Übung besteht aus drei Fragen.
Lesen Sie jede Frage (am besten Sie lesen sie sich selbst laut vor) und lassen sie auf sich wirken. Versuchen Sie nicht, eine zu rasche oder bestimmte Antwort zu erzwingen. (Die möglichen Aussagen sind nur Beispiele.) Hören oder sehen Sie bei sich selbst eher zu, welche Antworten da von selbst entstehen. Denken Sie zuerst an Ihr typisches körperliches Symptom – wie es sich »meldet« und in welcher Situation das geschieht. Vielleicht setzen Sie sich dazu in der Vorstellung Ihrem Symptom oder Ihrem Organ gegenüber wie in einem Paargespräch.
Was ist meine erste Reaktion auf deine Anwesenheit?
Was denke ich dann was fühle ich dann? Denke ich z. B.:
»Schon wieder du!« und werde ärgerlich?
»Ich bin so ohnmächtig dir gegenüber?« und fühle mich unterlegen?
»Warum hilft mir keiner gegen dich?« und ich fühle mich allein gelassen?
»Wie wird das mit uns weitergehen?« und bekomme Angst?
»Ich kann dich nicht mehr aushalten!« und bin verzweifelt?
Oder: »…«?
Wie erkläre ich mir, dass du immer wiederkommst?
Gebe ich mir selber die Schuld? Wenn ja, welche?
Sehe ich in dir eine Strafe dafür, dass ich etwas falsch gemacht habe?
Suche ich Schuld bei anderen und fühle mich selbst als Opfer?
Hadere ich mit meinem Schicksal, das mir dich beschert hat?
Denke ich an eine unentdeckte Krankheit?
Wer oder was hat Einfluss auf dich?
Glaube ich, dass ich es in meiner Hand habe, dich zu verändern? Dass ich mich deshalb entsprechend anstrengen muss?
Denke ich bei deinem Erscheinen an Medikamente? An einen Arztbesuch?
Hoffe ich auf Trost, Zuwendung oder sonst eine Hilfe von jemand anderem? Von wem?
Warte ich auf Erlösung? Von wo oder von wem sollte sie kommen?
Habe ich dich schon einmal gefragt, was du von mir willst oder mir empfiehlst etwas, das ich dann tun oder lassen könnte?
Zwiegespräch mit dem Symptom
In der Übung eben beschäftigt sich die Psyche mit ihren eigenen Reaktionen auf die Anwesenheit des Symptoms. In der nächsten steigt sie in ein direktes Gespräch mit ihm ein. Das klingt seltsam, ist aber etwas Alltägliches. Kinder sprechen laut mit sich selbst, Erwachsene setzen das still fort. Es ist nicht ungewöhnlich, im Auto mit einer abwesenden Person, zu Hause mit einer kränkelnden Pflanze (»Was fehlt dir denn?«) oder mit einem Aquariumfischzu sprechen (»Du bist ja ein Prachtkerl!«). Warum also nicht mit seinem Symptom? Wir kennen keinen Patienten, dem das nicht – manchmal mit etwas Hilfe – gelungen wäre.
ÜBUNG
Sprechen Sie mit Ihrem Symptom – das kann sehr erhellend sein
Auch wenn es Ihnen zunächst ungewöhnlich erscheint oder Sie sich dabei »komisch« vorkommen, lassen Sie sich einmal auf ein Gespräch mit Ihrem Symptom ein. Entweder Sie spielen selbst beide Rollen – Sie können dabei laut sprechen oder den Dialog nur innerlich führen – oder Sie lassen das Symptom von einer anderen Person spielen. Als Therapeuten spielen gelegentlich wir das Symptom. Oder wir lassen den Patienten »hin und her« gehen und ihn einmal für sich und einmal für das Symptom sprechen. Das ergibt immer ein recht lebendiges Gespräch, das den Beteiligten und den Zuhörern ein Bild von der Beziehung zwischen leidender Psyche und Symptom vor Augen führt. Das folgende Protokoll aus einem solchen Zwiegespräch ist nur ein Beispiel.
Beispielgespräche zwischen Patient und Symptom
Macht und Ohnmacht:
Patient: »Da bist du ja schon wieder!«
Symptom: »Ja, ich bin wieder da!«
Patient: »Du störst!«
Symptom: »Mich stört nicht, dass ich dich störe. Im Gegenteil! Ob du mich willst oder nicht: Ich bin da.«
Patient: »Ich will dich loshaben!«
Symptom: »Das hast du mir schon tausendmal gesagt. Und ich bin tausendmal wiedergekommen.«
Patient: »Ich finde schon etwas, wie ich dich loswerde.«
Symptom: »Genau das macht mich hier stärker. Man kann mich nicht ignorieren. Und du willst mich loshaben und schaffst es nicht!«
Patient: »Ich weiß! Ich stecke fest mit dir und mir!«
Symptom: »Also gib endlich zu, dass du den Machtkampf nicht gewinnen kannst!«
Schuld und Unschuld – Wer ist wofür verantwortlich?
Patient: »Womit habe ich dich nur verdient? Was mache ich falsch?«
Symptom: »Mich verdient man nicht. Ich bin ein Teil deines Körpers!«
Patient: »Wenn ich lernen würde, mich richtig zu entspannen, bräuchteich dich nicht mehr aushalten. Ich bin
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