Der kranke Gesunde
als dem Symptom vorausgehende Faktoren einordnen können.
Oliver belastet seine Wirbelsäule rücksichtslos, einseitig und übermäßig häufig.
Er kann sich nicht abgrenzen und um Unterstützung bitten und überlastet sich regelmäßig.
Wenn er Ärger verspürt, schluckt er ihn runter.
Den Kreuzschmerz, der ihn auf diese Probleme hinweist, ignoriert er über lange Zeit.
Seine Anspannung und Unruhe verstärken den Schmerz.
Psychosomatische Patienten bemerken im Alltag ihres Leidens zwar, dass ihr Körper Beschwerden zeigt, aber nur selten worauf er damit reagiert. Das ist normal und liegt daran, dass wir die Aufmerksamkeit bei Belastungen immer auf das Belastende selbst und nicht auf dessen »Umwelten« richten. Außenstehende können das meistens viel leichter erkennen. Deshalb werden Patienten in der Therapie oft zu einer genaueren Selbstbeobachtung solcher Zusammenhänge angeregt.
Soziale Belastungen als Auslöser von Symptomen
Vom Körpersymptom aus gesehen gibt es zwei »Umwelten«, auf die der Körper damit reagieren kann. Die eine ist seine Psyche: ein starkes Gefühl (z. B. Angst, Zorn, Ekel, psychischer Schmerz) oder ein »schwerer« Gedanke an etwas Schlimmes oder Schmerzliches. Die andere ist die soziale Umwelt: Lärm und Luftverschmutzung zum einen und soziale Belastungen zum anderen, wenn man z. B. in einer Gruppe »geschnitten« oder zu Unrecht an den Pranger gestellt, heruntergemacht oder übergangen wird. Die Liste von möglichen belastenden Situationen aus der sozialen Welt ist so lang wie das Leben selbst. Das Besondere hier ist, dass der Körper darauf manchmal deutlich reagiert, während die Psyche von diesen sozialen Belastungen scheinbar gar nichts mitbekommt (oder zumindest so tun muss).
In manchen Fällen sind die sich aus einer solchen Analyse von Auslösern ergebenden heilsamen Schritte schwerer umzusetzen. Von anhaltenden Überforderungen am Arbeitsplatz z. B. kann man sich nicht einfach »entkoppeln«.
Info
Ängste und Traumatisierung: Körpersymptome als Erinnerung
Gelegentlich ist der ihren Körper beobachtenden Psyche zwar bekannt, worauf ihr Körper reagiert, versteht aber nicht, warum er das in dieser Weise tut.
Ängste. Das ist vor allem der Fall, wenn jemand gleichzeitig mit den körperlichen Beschwerden auch starke Angstzustände hat. Oft »weiß« die Psyche dann, dass ihr Körper im Kaufhaus, auf hohen Türmen, auf Brücken oder im Kino Herzrasen und Schwindel produziert, kann dies aber mit ihrer »Vernunft« nicht verstehen. Das liegt dann daran, dass der Körper sich an etwas »erinnert«, was die Psyche vergessen hat.
Traumatisierung. Psychologen sprechen in solchen Fällen von unbewussten »gelernten Koppelungen«. Nach einem erlebten Autounfall steigt man eine Zeit lang mit Herzklopfen und körperlicher Verspannung in jedes Auto. Wer als Kind fast ertrunken wäre, reagiert körperlich mit Verspannung und psychisch mit Angst beim Anblick tiefen Wassers. So sinnvoll die einzelnen Symptome des Körpers im Rahmen dieser früheren Situationen waren und sind – so störend und krank sind sie aus Sicht der Psyche, die diese Zusammenhänge nicht versteht oder vergessen hat. Der Körper sorgt dann mit seinen Symptomen dafür, dass der Patient Situationen, die die Auslöser sein könnten, vermeidet.
Vermeiden. Was die »Heilung« im Sinne des Verschwindens dieser Symptome betrifft, ist dieses Vermeiden aber verhängnisvoll. Es verhindert nämlich, dass Körper und Psyche gemeinsam eine eigentlich notwendige und heilsame korrigierende Erfahrung machen: Dass nämlich heute real keine Gefahr mehr vorliegt, dass man die alte Situation überstanden hat und ähnliche Situationen heute meistern und überleben kann.
Heilsame Erfahrungen. Deshalb müssen Patienten, deren körperliche Beschwerden mit solchen situationsbezogenen Ängsten einhergehen, die Situationen, vor denen sie sich so fürchten, in einer Behandlung wieder und wieder aufsuchen, statt sie zu vermeiden. Dann führt eine solche Sicht auf die Auslöser zu neuem Handeln und so zu korrigierenden heilsamen Erfahrungen.
Sie müssen gesellschaftlich oder politisch verändert werden oder man muss kündigen. Liegt der Auslöser in einer Umgebung (privat, beruflich), die wir nicht ändern können, sind wir manchmal gezwungen, diese zu verlassen und Abschied zu nehmen.
Was geschieht danach?
Was einem Symptom vorausgeht, ist das eine. Was ihm nachfolgt, das andere. Ein Verhalten wird von seinen Konsequenzen ebenso gesteuert
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