Der Krankentröster (German Edition)
Streitigkeiten. Sie ist Ansprechpartnerin für Kritik, Wünsche und Fragen. Dabei ist sie zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet. Auftretende Probleme versucht sie in Zusammenarbeit mit der Verwaltung, den zuständigen Ärzten oder dem Pflegepersonal zu lösen.
Susanne Hillmann ist Patientenfürsprecherin des Klinikums rechts der Isar. Vorher war sie dort 25 Jahre lang evangelische Krankenhausseelsorgerin. Im Buchhandel erschien ihr Buch »Diagnose: Unheilbar: Mit der Wahrheit leben« von Schweda/Hillmann.
Wie kann man jemanden aufbauen oder trösten, der gerade die Nachricht erhalten hat, dass er schwer erkrankt ist?
Ich glaube, da durchlebt der Patient verschiedene Stadien. So eine Diagnose ist ein traumatisches Erlebnis, und das schränkt die Wahrnehmung des Patienten sehr ein. Er kann nicht alles auf einmal verstehen, sondern nur stufenweise. Am Anfang ist es wichtig, dass man da ist und zuhört und den Schmerz anerkennt. Und später, wenn die Behandlung schon angelaufen ist, kann man versuchen, mit demjenigen schon wieder Pläne zu machen. Was geht trotz allem? Das Leben ist ja nicht vorbei! Ja, zusammen mit demjenigen zu überlegen, was geht im Leben trotzdem noch. Das ist eine Form von Trost.
Wie kann man einem ganz Mutlosen Kraft geben?
Indem man die Situation beschreibt und die Situation ernst nimmt. Wenn ich zum Beispiel einen ganz Mutlosen vor mir habe, sage ich dem Gegenüber erst einmal, dass es eine ganz schwere Zeit ist. Und dass man manchmal im Leben in einen Zustand kommt, wo es einfach schwer ist, wieder Mut zu fassen. Dann beschreibe ich den Zustand der Schwermut, der noch keine Depression ist, und betone dabei, dass dieser Zustand völlig normal ist. Ja, es ist normal! Sie haben es doch auch erlebt, oder?
Ja, die ersten zwei Wochen vor allem.
Ja, das zerrt! Was soll man denn da sagen? Das wird schon wieder! Glauben Sie an was? Es ist nicht so schlimm. Nein.
Erinnerung
Dabei erinnerte ich mich an folgende Situation im Krankenhaus, als die Krankenschwester zum ersten Mal meinen Halskatheter säuberte und einen neuen Verband anlegte und ich plötzlich wieder weinen musste. Nicht, weil es so wehtat, sondern weil mir die Situation so fremd war. Und die Schwester ruhig mir über die Wange streichelnd sagte: »O ja. Ist schon gut. Weinen Sie ruhig. Es ist einfach furchtbar! Es ist eine ganz schwere Krankheit, die Sie da haben, und dann noch Ihre drei Kinder und Ihren Mann, bei denen Sie nicht sein können. Ja, es ist alles ganz schlimm!« Und das beruhigte mich. Es war in der Tat der erste Schritt gefolgt. Die Anerkennung meiner fatalen Situation, in der ich mich befand. Jedes Schönreden oder vielleicht sogar eine Bemerkung, dass ich mich nicht so anstellen sollte, wäre jetzt falsch gewesen. Und ich spürte die Professionalität der Schwester und die psychologische Schulung, die dahintersteckte. Dies gab mir ein Gefühl von Sicherheit.
Wie kann man jemanden die Angst vor dem Sterben nehmen?
Es ist meistens so, dass man sehr viel Angst hat. Ich denke aber, wovor der Mensch sich am meisten fürchtet, ist nicht der Tod, den er nicht begreift, sondern der ganze Sterbeprozess und seine Abhängigkeit, die dazugehört. Aber je schwächer die Kräfte werden, desto mehr willigt der Mensch ein. Die Angehörigen nicht. Für sie ist es oft ein großes Problem, loszulassen. Ich habe auch während meiner Arbeit als Krankenhausseelsorgerin nie von Sterbebegleitung geredet, sondern von Lebensbegleitung, da der Mensch bis zum letzten Augenblick lebt und unsere Kreativität und Phantasie bis dahin gefordert sind.
Wie können Sie da die Angehörigen unterstützen?
Indem man ihnen zum Beispiel vorschlägt, dass sie etwas von zu Hause mitbringen sollen, wie die Lieblingsmusik des Betroffenen oder so was. Man kann ihnen auch zeigen, wie man die Hand des Betroffenen hält. Man sollte sie auflegen, nicht festhalten, damit er sie bei Bedarf wegziehen kann. Und den Angehörigen genauso ernst nehmen wie den Patienten, das ist ganz wichtig.
Was könnte man den Angehörigen mit auf dem Weg geben, dass ihnen das Loslassen leichter fällt?
Da kann man nichts mit auf den Weg geben. Das ist von der Situation abhängig, wie sie auch sonst miteinander gelebt haben. Je mehr Schuldgefühle da sind, desto schwerer ist es für den Angehörigen.
Vermitteln Sie auch an andere Institutionen?
Ich vermittle an den Sozialdienst, Selbsthilfegruppen wie die bayerische Krebsgesellschaft und den
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