Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Krater

Titel: Der Krater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
Vom Netzwerk:
beinahe darüber. Jackie gab vollen Rückwärtsschub, das Wasser um das Heck der
Marea II
brodelte wild, und Abbey klammerte sich mit aller Kraft fest, während die
Marea II
anhielt, zur Seite kippte und beinahe kenterte. Nach einem grauenhaften Augenblick glitt das Boot rückwärts und richtete sich auf. Abbey hatte keine Chance gehabt, an Bord zu gehen. Der Schwung ihres Bootes stieß das andere in die krachende Brandung, wo es von einem riesigen Brecher erfasst und bebend gegen die Felsen geschmettert wurde. Zu Abbeys Entsetzen entdeckte sie ihren Vater in der Steuerkabine, wo er versuchte, sich von Handschellen zu befreien, die ihn ans Steuer ketteten.
    Ohne erst ihren Befehl abzuwarten, gab Jackie der
Marea II
wieder Schub nach vorn und brachte sie ans halb zertrümmerte Heck des anderen Bootes.
    »Dad!« Den Bolzenschneider schon in der Hand, machte Abbey einen riesigen Satz vom Bug und landete auf dem sinkenden Heck. Die nächste Welle warf das Boot mit fürchterlichem Krachen ein zweites Mal gegen die Felsen, und Abbey fiel. Sie hielt den Bolzenschneider fest, packte ein Stück der geborstenen Reling und kämpfte sich auf die Füße. Sie versuchte, auf dem splitternden Deck Halt zu finden. Ein Blitz tauchte die Szene in unirdisches Licht, gefolgt von einem scharfen Donnerknall. Sie taumelte auf die Steuerkabine zu. Ihr Vater war da drin, immer noch ans Steuerrad gefesselt.
    »Dad!«
    »Abbey!«
    Ein schwindelerregend hoher Brecher rollte aus der Dunkelheit heran und türmte sich über dem Boot auf. Abbey wappnete sich, schlang beide Arme um die Reling, und die Welle krachte herab, schleuderte das Boot mit voller Wucht gegen die Wand aus Felsen und zerdrückte die Steuerkabine wie einen Pappbecher. In aufgewühltes Wasser getaucht, klammerte Abbey sich aus Leibeskräften fest, um nicht vom Sog des nächsten Wellentals vom Boot gerissen zu werden. Nach einer scheinbaren Ewigkeit, als ihre Lunge schon zu platzen drohte, zog sich das wirbelnde Wasser zurück, und sie kam japsend an die Oberfläche. Das Boot war plötzlich nur noch ein Wrack. Es lag auf der Seite, mit geborstenem Rumpf und gesplitterten Spanten, das Cockpit in Stücke gehauen – und das Steuer war jetzt unter Wasser. Ihr Vater war weg.
    Mit übermenschlicher Kraft packte sie die Reling und hangelte sich zu der zerschmetterten Steuerkabine. Das Boot sank schnell, alles war schon unter Wasser.
    »Dad!«, kreischte sie. »Dad!«
    Eine weitere Welle traf das Boot und schleuderte sie so heftig gegen die gebrochene Wand des Cockpits, dass ihr der Bolzenschneider aus den Händen flog und im schwarzen Wasser verschwand.
    Sie hielt den Atem an und tauchte hinab, die Augen im trüben, wirbelnden Wasser weit aufgerissen. Sie sah ein zuckendes Bein, einen Arm – ihr Vater. Ans Steuer gefesselt. Unter Wasser.
    Der Bolzenschneider.
    Mit einem Scherenschlag tauchte sie hinab in das umgekippte Cockpit und tastete verzweifelt nach dem Bolzenschneider. Das trübe Licht des Suchscheinwerfers von der
Marea
II
drang zu ihr herab, und sie konnte wieder etwas sehen. Schroffe Felsen unter der Wasseroberfläche brachen und sägten sich durch den tiefer gelegenen Teil des Cockpits, der am Riff hängengeblieben war, doch darunter gähnte schwarze Leere – der Bolzenschneider war im Abgrund davor verschwunden. Die Strömung wirbelte um sie herum, das Wasser war voller Trümmerteile und Öl, das aus dem geborstenen Motor leckte, so dass sie kaum mehr etwas sehen konnte. Das war’s – ohne den Bolzenschneider hatte ihr Vater keine Chance. Sie konnte den Atem nicht mehr anhalten, schwamm an die Oberfläche, rang nach Luft und tauchte wieder ab in der verrückten Hoffnung, sie könnte bis zum Grund tauchen und das Ding finden.
    Und da war es plötzlich: Der Bolzenschneider war an einem zerbrochenen Fensterrahmen hängengeblieben und baumelte über der schwarzen Tiefe. Sie riss ihn an sich und schwamm zum Steuerrad. Ihr Vater schlug nicht mehr um sich, sondern trieb reglos im Wasser. Sie packte das Rad, hielt sich daran fest, legte den Bolzenschneider an die Kette der Handschellen und drückte die Griffe zusammen. Die Kette fiel auseinander, sie ließ den Bolzenschneider los, krallte eine Hand ins Haar ihres Vaters und zog ihn hoch. Sie brachen im Inneren des Cockpits durch die Oberfläche, als eine weitere Welle in das Boot krachte und es auf den Kopf stellte. Plötzlich waren sie unter Wasser. Abbey hielt immer noch den Schopf ihres Vaters gepackt und hievte ihn gleich

Weitere Kostenlose Bücher