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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Bibelforscher. Dafür ließ die Joleite sich einen gewaltigen Baum in die Wohnung schaffen. Die Tanne war so monströs, dass sie im Stiegenhaus mit einem langen Tau vom Erdgeschoss bis in den dritten Stock hochgezogen werden musste. Anscheinend wollte die Joleite mit dem kolossalen Christbaum den Mangel an Festschmuck in den tieferen Etagen wettmachen, was ihr aber nur unvollkommen gelang. Offenbar hatte sie nicht begriffen, dass man Liebe weder verordnen noch durch eine große Anzahl von Kerzen entfachen kann.
    Weil die »Tage zwischen den Jahren« gleichwohl Anlass zum Innehalten, vielleicht auch zum Fassen guter Vorsätze boten und die Menschen so manchem Wandel gegenüber aufgeschlossener machten, stellten sich Neuerungen nicht selten gerade in dieser Zeit ein. Bei den Blumenthals trat eine solche in Gestalt einiger Dutzend Flecken in Erscheinung. Diese befanden sich auf einem Fell, genauer gesagt auf dem eines Hundes.
    Am vorletzten Tag des Jahres trat Pünktchen in das Leben der Hausbewohner am Richardplatz 4. Pünktchen war ein Dalmatiner. »Ein Mädchen!«, wie Benni betonte, dem zusammen mit seinen Schwestern die Aufsicht über die drei Monate alte Hündin übertragen wurde.
    Das »Tupfenbiest«, wie die Joleite den Vierbeiner nannte, war ein Geschenk Chaims. Er hatte es aus einem Tierheim befreit, damit seine Kinder lernten Verantwortung für ein anderes Wesen zu tragen. Das war die offizielle Begründung, die aber wohl nur einen Teil der Wahrheit beschrieb.
    Keinen prächtigeren Spielkameraden hätte Chaim seinem Nachwuchs mitbringen können, keinen niedlicheren und keinen tollpatschigeren. Pünktchen war einfach zum Verlieben.
    Von nun an lief also nicht nur ein Griesbrei futternder Dreikäsehoch durch die Pratt-Wohnung, sondern obendrein noch ein linkisches Hundekind, das übrigens Bennis Geschmack teilte.
    Am Tag der Heiligen Drei Könige erfuhr David vom reichlich unheiligen Treiben seines Gegners Papen. Die in der Mehrheit protestantischen Berliner gingen schon wieder ihrer gewohnten Arbeit nach, so sie welche hatten. Für David bedeutete dieses Wort in erster Linie, seiner Bestimmung zu folgen, dem Kreis der Dämmerung nachzuspüren. Daher traf er sich mit Edgar Jung.
    Die Unterredung fand im Café Kranzler statt. Rebekka vertrieb sich die Zwischenzeit im Kaufhaus des Westens, dessen ausgezeichnet sortierter Lebensmittelabteilung sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit einen Besuch abstattete.
    Obwohl Papen im Augenblick keine Verwendung für einen Redenschreiber hatte, pflegte Edgar Jung auf Davids Bitte hin weiterhin den Kontakt. An diesem Freitag überraschte er seinen Freund mit einer erschreckenden Nachricht.
    »Franz von Papen hat seine Sympathie für die NSDAP entdeckt.«
    David schwante nichts Gutes. »Mir ist er noch nie wie ein entschiedener Gegner Hitlers vorgekommen. Wie kam es denn dazu?«
    »Am 4. Januar, also vorgestern, gab es eine hübsche kleine Konferenz im Kölner Haus des Bankiers Kurt Freiherr von Schröder. Und rate mal, wer daran teilgenommen hat.«
    »Ich ahne es.«
    Edgar nickte bedeutungsvoll. »Neben unserem Freund Papen auch ein gewisser Adolf Hitler.«
    »Ich habe gestern mit dem Reichskanzler telefoniert. Wir sprachen über seine mangelnden innenpolitischen Erfolge, nachdem er doch in Genf so geglänzt hatte. Von der Kölner Konferenz hat Schleicher allerdings kein Wort erwähnt.«
    »Ich wette, der Reichskanzler weiß gar nicht, was sein einstiger Protege da hinter seinem Rücken treibt. Und Hindenburg vermutlich auch nicht.«
    David nippte an seinem Kaffee und verbrannte sich die Zunge. »Nach allem, was ich von Schleicher weiß, schmeichelt sich Papen beim Generalfeldmarschall ein, wo und wie er nur kann. Vermutlich will er zunächst zu handfesten Ergebnissen kommen, bevor er sich vom Reichspräsidenten grünes Licht für offizielle Verhandlungen geben lässt.«
    »Ein Pakt mit Hitler? Dieser Größenwahnsinnige hat schon im November den Kanzlersessel gefordert und wird sich jetzt nicht mit weniger zufrieden geben. Ich möchte nur wissen, was Papen sich als Belohnung für diese kleine ›Gefälligkeit‹ erhofft.«
    Vielleicht eine Welt in Flammen. David beugte sich weit über den Tisch zu Edgar hinüber und raunte: »Was immer es ist, ich glaube, du wirst als Berater Papens bald wieder Arbeit bekommen und diesmal, mein Freund, geht es ums Ganze.«
     
     
    Der 28. Januar 1933 war ein Samstag, der ideale Wochentag, um »det Tanzbein zu schwingen, mal so richtich

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