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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Kabinett seien vor wenigen Stunden zurückgetreten, berichtete Schildmann. Er war sichtlich aufgewühlt. Offenbar habe Schleicher weder ein noch aus gewusst.
    Auf David machte der Sekretär kaum einen besseren Eindruck. Deshalb fragte er: »Ich weiß, es ist schon sehr spät, aber könnte ich den Reichskanzler noch heute Abend sprechen?«
    »Er ist jetzt in seinem Haus in Potsdam und würde Sie gerne empfangen.«
    »Warum haben Sie das nicht gleich…? Schon gut. Lassen Sie uns in Ihren Wagen steigen und sofort hinfahren.«
    Kurz nach Mitternacht trafen sie in Neubabelsberg ein. Schildmann parkte seinen Opel direkt in der Ausfahrt und ein Hausangestellter öffnete ihnen die Tür zur Schleicher-Villa. Er führte die späten Gäste sofort in das Arbeitszimmer des Reichskanzlers, der sie bereits erwartete.
    »Was ist geschehen?«, fragte David, nachdem er Rebekka vorgestellt hatte, die sich aus gutem Grunde sehr wortkarg gab.
    Doch Schleicher war viel zu aufgeregt, um die Stimme der vermeintlichen Sekretärin einer zwielichtigen Behörde wieder erkennen zu können. »Franz von Papen hat mit mir sein Spiel gespielt, und wie es aussieht, hat er gewonnen.«
    David sah den fast kahlköpfigen Politiker entsetzt an.
    Schleicher machte eine beschwichtigende Geste. »Ja, ja, ich weiß. Sie haben mir das schon immer prophezeit, Mr Pratt. Ich hätte mich von dieser Viper nicht einwickeln lassen sollen. Erst habe ich ihn bei Hindenburg eingeführt und nun verhält sich der alte Mann, als hätte ihn Papen hypnotisiert.«
    »Und was bedeutet das nun alles?«, fragte David, obwohl er die Antwort eigentlich schon kannte.
    Kurt von Schleicher zögerte. Seine Augen schienen durch David hindurchzustarren, aber dann sagte er: »Übermorgen wird das Deutsche Reich erfahren, dass es einen neuen Reichskanzler hat: Adolf Hitler.«

 
    Gleichschaltung
     
     
     
    Hitlers Weg zur Macht war ein Parademarsch des politischen Intrigenspiels, meisterhaft inszeniert von keinem Geringeren als Franz von Papen. Als am 30. Januar 1933 der Berliner Rundfunk den Wechsel an der Regierungsspitze bekannt gab, war davon allerdings nicht die Rede. David hatte seit dem nächtlichen Treffen in Schleichers Villa noch einige andere Informanten gesprochen und sich so eingehend über die Hintergründe informieren können.
    Papen, Papen, immer wieder war dieser Name gefallen. Nach der Kölner »Konferenz« hatte es im Januar noch mehrere Geheimsitzungen mit Industriellen, Militärs und Politikern gegeben. Hitler war den führenden Kreisen der Nation schmackhaft gemacht worden. David fragte sich, ob er nicht doch sein Schwert nehmen sollte, um dem Gehirn, das solche Pläne schmiedete, die Blutzufuhr abzuschneiden. Doch er war kein Mörder wie Belial oder einer von dessen Schergen, und nur wenn er sich ihnen nicht gleichmachte, würde er sie besiegen können.
    Die NSDAP hatte versprochen den Reichspräsidenten zu respektieren, ebenso die demokratischen Organe Reichstag und Reichsrat. Die konservativen Adligen übten sich in Selbstüberschätzung und versprachen Hitlers Partei in Schach zu halten. Hindenburg musste so viel verwirrenden Wortweihrauch eingeatmet haben, dass er darüber seine Abneigung gegen Hitler ganz vergaß und dem Kabinett des »Nationalen Zusammenschlusses« seinen großväterlichen Segen gab.
    Der Steigbügelhalter Hitlers wurde besonders belohnt: Franz von Papen durfte als stellvertretender Reichskanzler an die Seite des neuen Regierungschefs treten. Und um das Maß der dreißig Silberlinge voll zu machen, gab Hitler ihm auch noch den Posten des Reichskommissars für Preußen-Zwei Tage lang war David wie betäubt. Die Arbeit von Monaten schien dahin, zerplatzt wie eine Seifenblase. Jetzt konnte er nachempfinden, wie sich sein Vater bei jeder neuen Attentatsnachricht gefühlt haben musste: Der Kreis der Dämmerung schien übermächtig zu sein, gegen ihn anzugehen ein sinnloses Unterfangen-Dank Rebekkas Hilfe kam er allerdings schnell wieder auf die Beine. Dass er resigniere, sei ja nur in Belials Interesse, erklärte sie ihm. Der Schattenlord habe ihn, das Jahrhundertkind, in Berlin bisher nicht aufspüren können. David solle seine Stärke, die Unsichtbarkeit, nutzen. Papen sei mächtiger denn je, vielleicht nicht im politischen Sinne, da habe zunächst einmal Hitler das Ruder übernommen.
    »Aber was seinen Einfluss betrifft«, gab David seiner Frau Recht.
    Rebekka nickte. »In den letzten Monaten hat es so viele Reichstagswahlen und

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