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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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kamen immer näher.
    David sah unter sich einen Schatten. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass der Eindringling kein Licht angemacht hatte, das sprach gegen einen »behördlichen« Besuch. Langsam wich David von der Treppe zurück. Es war fast unmöglich, sich lautlos über die Dielen zu bewegen, doch er benutzte gezielt die Gabe der Verzögerung und dämpfte damit die Schwingungen des Holzes unter seinen Füßen. Als der Kopf des nächtlichen Besuchers über dem Treppengeländer erschien, war der Flur leer.
    Durch die offen stehende Tür eines – so nahm David an – Dienstbotenzimmers hatte er freien Blick auf den Gang, von dem hier oben alle Zimmer abgingen. Im Türrahmen sah er ein Stück des Sekretärs, die Schreibplatte war noch heruntergeklappt. Plötzlich erschien eine dunkle Gestalt unter dem Sturz. Der Mönch!
    Nein, beruhigte sich David, dem dieses Trugbild einen Herzschlag lang den Atem geraubt hatte. Der massige Körper des Mannes im Türrahmen gehörte nicht seinem Verfolger aus Mailand und Rom. Auch nicht Papen. Aber wer sonst konnte das sein?
    Der Fremde stand jetzt vor dem Schreibschrank. David hätte mit dem Fuß aufstampfen können, weil er die Schubladen nicht wieder geschlossen und die Schreibplatte hochgeklappt hatte.
    Plötzlich drang leises Fluchen aus dem Flur. Der Unbekannte musste wohl seine Schlüsse aus dem offen stehenden Geheimfach gezogen haben. Es rumpelte und kratzte. Die Schubfächer wurden in dieser Nacht ein zweites Mal durchsucht. Dann folgten ein paar weitere Flüche. Unvermittelt stand der Fremde wieder unter dem Türsturz. Doch diesmal blickte er direkt in das Dienstbotenzimmer.
    David verharrte reglos vor einer hohen Standuhr. Nach Schleichers Tod hatte sie niemand mehr aufgezogen und ihr Pendel hing stumm herab. Er wusste, dass der Mann dort, höchstens vier Meter entfernt, in seine Richtung blickte, aber wenn er weiter konzentriert blieb, dann würde der andere nur eine Standuhr sehen.
    In der Eile war David keine bessere Tarnung eingefallen. Er hatte einfach das Bild des Uhrenschranks seinem Gedächtnis eingeprägt und es anschließend auf seinen Körper übertragen. Mit einem ähnlichen Trick hatte er früher schon die Seiten aus Walter Andraes Notizbüchlein kopiert. David wagte nicht zu atmen. Warum starrte ihn dieser Schemen nur so lange an? Die Uhr stand in einer vom Mondlicht unberührten Ecke. Der Mann konnte ihn bei der Dunkelheit gar nicht sehen… Oder nahm er vielleicht doch so etwas wie einen transparenten menschlichen Umriss wahr?
    Schweißtropfen rannen über Davids Stirn. Der Fremde schien ihm direkt in die Augen zu sehen. Allmählich stieg Panik in David auf. Er wusste noch genau, wie eine seiner rot gefärbten Haarsträhnen vor den Augen von Gyula Horthy wieder weiß geworden war… Plötzlich schrie der Mann in der Tür auf David zuckte zusammen. Jetzt heißt es kämpfen, dachte er. Vielleicht sogar noch gegen die beiden Geheimpolizisten unten, und wenn es ganz schlecht kam, würde seine Berliner Tarnung auffliegen und er musste mit Rebekka fliehen…
    Er sprang vorwärts, um sich in eine bessere Verteidigungsposition zu bringen, aber anstatt von dem Unbekannten angegriffen zu werden, wirbelte dieser herum und raste wie ein Wahnsinniger die Treppe hinab. »Ein Geist!«, hörte ihn David immer wieder rufen. »Ich habe ein Gespenst gesehen!«
    Als unten die Haustür krachend ins Schloss fiel, erwachte David zu hektischer Betriebsamkeit. Jeden Moment konnten die Geheimpolizisten ins Haus gestürmt kommen, und ob die sich mit seinem Farbentrick täuschen ließen, wollte er lieber nicht ausprobieren. Rasch lief er auf den Flur hinaus, versetzte den Ahornschrank hastig in seinen alten Zustand zurück und folgte dem Unbekannten nach unten. Gerade als er die Tür des Weinkellers hinter sich schloss, wurden die Portalflügel im Erdgeschoss aufgestoßen. Während die Geheimpolizisten damit begannen, das Haus zu durchkämmen, gelangte er unbemerkt auf die Straße zurück.
     
     
    Rebekka fiel mehr als nur ein Stein vom Herzen, als sie David unbeschadet wieder in die Arme schließen konnte. Jasons Träne beachtete sie kaum.
    »Ich hoffe, solche Unternehmen werden bei dir jetzt nicht zur Gewohnheit, Liebster.« Sie strich immer wieder über Davids Haare, als wollte sie sich der Unversehrtheit jedes einzelnen vergewissern.
    »Das hoffe ich auch«, antwortete David und küsste ihre Stirn. »Jetzt lass uns die Beute mal genauer in Augenschein nehmen.«
    Weil die Umarmung

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