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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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lernte man Zöpfeflechten, außerdem wie man eine gute Kartoffelsuppe kochte und alles andere, was ein Mädchen für seine zukünftige Aufgabe als »deutsche Mutter« offenbar brauchte.
    Sara und Tabita Blumenthal hatten allerdings nicht die geringste Chance, deutsche Mädel zu werden. Sie waren ja Juden. Lieschen hätte in drei Jahren zwar dem BDM beitreten können, weigerte sich aber aus Glaubensgründen, diesen Schritt zu tun. Damit waren die Aussichten der drei, jemals eine Lehrstelle zu bekommen, beinahe gleich null.
    David schrieb einen Time-Artikel über das Phänomen der Massenhypnose. Unter diesem Begriff fasste er Hitlers manipulative Fähigkeiten spitzzüngig zusammen. Dabei zitierte er den französischen Botschafter in Berlin, Andre Francois-Poncet, der seine Eindrücke sehr plastisch geschildert hatte:
     
    Aber erstaunlich und nicht zu beschreiben ist die Atmosphäre der allgemeinen Begeisterung, in die die alte Stadt eingetaucht ist, dieser eigenartige Rausch, von dem hunderttausende von Männern und Frauen ergriffen sind, die romantische Erregung, mystische Ekstase, eine Art heiligen Wahns, dem sie verfallen.
     
    Weil die Hermanns sich dem »heiligen Wahn« nicht anheim geben wollten, fielen sie dem Blockwart Gottfried Herz unangenehm auf.
    Am Samstag, drei Tage nach einer »staatsfeindlichen« Brief- und Telegrammaktion der Bibelforscher, die Hitler einiges an Nerven gekostet hatte, hörte David das Quietschen von Reifen auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Haus, gefolgt von Stiefelgetrampel. Er sprang auf, schob die Gardine zur Seite und riss das Fenster auf Als er den Schwarzmantel und die SS-Männer sah, ahnte er bereits, was das zu bedeuten hatte.
    Einige schwarz Uniformierte waren bereits ins Haus gestürmt. Andere sicherten den Eingang, als gelte es eine Horde wild um sich schießender Anarchisten auszuschalten.
    »Was tun Sie hier?«, rief David hinunter. Rebekka trat von hinten an ihn heran und schlang ängstlich einen Arm um ihn.
    »Bleiben Sie in Ihrer Wohnung, bis wir hier fertig sind«, blaffte der Schwarzmantel zurück und verschwand ebenfalls im Haus.
    David dachte gar nicht daran. Er stürmte durch das Zimmer, den Flur und riss die Wohnungstür auf. Gegenüber tat Chaim Blumenthal gerade das Gleiche. Hinter ihm versuchte Ester den aufgeregt bellenden Dalmatiner zu bändigen. Von oben waren aufgeregte Stimmen zu vernehmen. Die Hermanns!
    »Lassen Sie diese Leute doch in Frieden!«, verlangte David, jetzt eher flehentlich als fordernd.
    Der Schwarzmantel blieb stehen und schloss kurz die Augen, als müsse er vor einer Antwort erst einmal ruhig werden. Dank Pünktchens bedrohlichem Knurren ein erfolgloser Versuch. Also funkelte der Gestapo-Offizier David wütend an und erwiderte drohend: »Diese Leute sind es, die hier den Frieden stören, Herr Pratt, also lassen Sie mich endlich meine Arbeit tun.«
    Welchen »Frieden« denn? Und was heißt hier »Arbeit«? Außerdem: Woher kennt er meinen Namen? Er hat nicht mal auf das Schild über der Klingel gesehen! »Ist es die Grabes stille, nach der Ihnen der Sinn steht?«, fragte David frostig.
    Das hätte er lieber nicht sagen sollen. Der Schwarzmantel gab einem der SS-Schergen einen Wink, worauf dieser seine Pistole zückte und vor der Pratt-Wohnung Posten bezog. Ein Doppelgänger des Mannes tat auf der anderen Seite bei den Blumenthals dasselbe.
    David überlegte einen Augenblick, ob er in die Wohnung laufen und mit dem Langschwert zurückkehren sollte. Vor den Pistolen fürchtete er sich nicht. Eine Ladehemmung zu verursachen war für den Verzögerer keine große Sache. Aber was würde das ändern? Von dem Gemetzel einmal abgesehen, eine spektakuläre Befreiungsaktion gefährdete Rebekka. Und seine Aufgabe.
    Voll ohnmächtiger Wut verfolgte David, wie Wolfgang und Anneliese die Treppe heruntergebracht wurden. Zuletzt schleiften die SS-Schergen Opa Heinrich heran. Die drei Verhafteten wirkten sehr gefasst. Natürlich sahen sie nicht wie Märtyrer aus, doch immerhin schien ihnen ihr Glaube eine erstaunliche Kraft zu verleihen.
    Als Wolfgang zwischen den Blumenthals und den Pratts hindurchgeführt wurde, blickte er kurz nach links und rechts. »Macht euch keine Sorgen um uns«, sagte er. »Aber gebt bitte auf euch selbst Acht.«
    Ein Mann von der »Schutzstaffel« stieß ihn grob weiter. Oben zeterte Onkel Carl, als sich Gottfried Herz an ihm vorbeistahl. Der wollte sich wohl an den Früchten seines Verrats weiden. Mit eingezogenem Kopf schlich er

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